Aktuell toben beim FC Bayern München drei harte Konkurrenzkämpfe. Nach dem 2:0-Sieg zum Champions-League-Auftakt bei Inter Mailand ist es Zeit für eine Bestandsaufnahme mit drei Thesen.
Kapitän Manuel Neuer ist im Tor selbstverständlich gesetzt, genau wie Schatten-Kapitän Joshua Kimmich im zentralen Mittelfeld. Auf den beiden Außenverteidigerpositionen gibt es für Alphonso Davies und Benjamin Pavard aktuell keine ernsthaften Herausforderer. Spannend ist der Konkurrenzkampf dagegen in der Innenverteidigung, auf der Sechs neben Kimmich sowie in der vierköpfigen Offensive.
FC Bayern: Matthijs de Ligt muss fortan gesetzt sein
Rein rational gesehen hatte der FC Bayern München im Sommer eigentlich keinen Bedarf an einem neuen Innenverteidiger. Mit Lucas Hernandez und Dayot Upamecano standen bereits zwei international erprobte Kandidaten zur Verfügung, der vorwiegend rechts eingesetzte Benjamin Pavard äußerte wiederholt seinen Wunsch nach einem Zentrums-Wechsel und außerdem gab es noch den (mittlerweile abgewanderten) hochtalentierten Tanguy Nianzou.
Trainer Julian Nagelsmann war mit der Zusammenstellung der Innenverteidigung aber trotzdem unzufrieden, ihn störte vor allem das Fehlen eines kommunikationsstarken Abwehrchefs. Die Entwicklung in diese Rolle traute er keinem seiner bisherigen Spieler zu. Nach Informationen von SPOX und GOAL war die Verpflichtung eines Abwehrchefs deshalb schon früh absolute Transfermarkt-Priorität.
Und Nagelsmanns Wunsch wurde erfüllt: Mit Matthijs de Ligt bekam er für 67 Millionen Euro den womöglich zukunftsträchtigsten Abwehrchef der Welt. Einst schon im Alter von 19 Jahren Kapitän von Ajax Amsterdam, bei Juventus Turin unter Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci weiterentwickelt, trotzdem erst 23.
Bisher setzte Nagelsmann de Ligt aber eher sporadisch ein: Bei den ersten sieben Saisonspielen stand er lediglich dreimal in der Startelf. Der Niederländer sollte verständlicherweise behutsam an das neue Umfeld herangeführt werden. Gleichzeitig machten es seine Rivalen Upamecano und Hernandez gut, wenngleich sie sich auch vereinzelte Aussetzer leisteten.
Spätestens nach dem 2:0-Sieg gegen Inter muss de Ligt in der Innenverteidigung aber gesetzt sein. Schon bei seinen ersten drei Startelf-Einsätzen hatte er überzeugt und keine Anpassungsschwierigkeiten offenbart, beim Champions-League-Topspiel in Mailand gab er erneut einen tadellosen Abwehrchef. "Da gibt es nur Positives zu berichten", lobte Kapitän Neuer. "Nicht nur verbal, sondern auch von der Körpersprache her ist er aktiv und kommuniziert immer."
De Ligt tut bereits das, was Nagelsmann in seiner Innenverteidigung bisher gefehlt hat. Er tut das, was ein Abwehrchef tun sollte. Und ein Abwehrchef muss - auch in Hinblick auf seine Autoritätsstellung in der Mannschaft - gesetzt sein.
FC Bayern: Leon Goretzka wird es schwer haben
Eigentlich sollte er nach seiner verkorksten Premierensaison verkauft werden, jetzt könnte er einem Stammplatz-Kandidaten der deutschen Nationalmannschaft langfristig den Weg in die Startelf verbauen: Marcel Sabitzer hat beim FC Bayern in den vergangenen Wochen eine beachtliche Entwicklung hingelegt.
Weil sich Leon Goretzka während der Vorbereitung einer Knie-Operation unterziehen musste, duellierten sich zunächst Sabitzer und Neuzugang Ryan Gravenberch um den Platz neben Kimmich.
Sabitzer setzte sich durch und begann in sieben der bisher acht Pflichtspielen. Immer stabil, teilweise richtig stark. Beim 1:1 bei Union Berlin war er laut Nagelsmann der "beste Spieler" seiner Mannschaft. In Mailand verzeichnete er die meisten Ballgewinne und eine Zweikampfquote von 70 Prozent.
Goretzka ist mittlerweile aber wieder fit - und wirkt durchaus ungeduldig. Schon nach seinem Comeback beim 5:0-Sieg im DFB-Pokal bei Viktoria Köln vor einer Woche sah er sich selbst bei "100 Prozent". "Natürlich" wolle er sofort in die Startelf. Doch sowohl am Samstag in Berlin als auch in Mailand wechselte ihn Nagelsmann nur ein.
Der Trainer habe ihm seine Entscheidung "nachvollziehbar erklärt", betonte Goretzka in Mailand. "Der Sprung von acht, neun Minuten gegen Union in die Startelf wäre vielleicht ein bisschen groß gewesen", gab er zu, ehe er unmissverständlich betonte: "Nachdem ich jetzt noch mal gut 30 Minuten in den Beinen habe und noch mal ein paar Trainingseinheiten mehr, bin ich bereit für die Startelf." Bei dessen aktueller Form wird sich Nagelsmann aber schwer tun, Sabitzer aus dieser rauszunehmen.
FC Bayern: Sadio Mané darf nicht unangefochten sein
Acht Spieler, vier Positionen: So lautet die Formel in der Offensive des FC Bayern. Stets in der Startelf stand davon bisher nur einer: Star-Neuzugang Sadio Mané. Nach seinem vielversprechenden Saisonstart ließ der 30-jährige Senegalese zuletzt aber nach. Bei den beiden Remis in der Bundesliga blieb er genau wie in Mailand torlos und weitestgehend blass. "Sadio hat es als Zielspieler körperlich nicht leicht gegen so große, starke Spieler", erklärte Nagelsmann, verwies aber auch auf seine guten Laufwege vor den beiden Treffern.
Mit Blick auf die generelle Qualität in der Münchner Offensive und seine aktuelle Form sollte Mané nicht unumstritten gesetzt sein, sondern ebenfalls in die Rotations-Maschine geworfen werden. Manés Vorteil im Konkurrenzkampf: Obwohl er ein gelernter Flügelspieler ist, erscheint er für die Position an vorderster Front in der Post-Robert-Lewandowski-Ära als der geeignetste der renommierten Spieler.
Rein positionstechnisch in Frage kommen als Ersatz vor allem die beiden Außenseiter der acht Offensivspieler: Der erst 17-jährige Mathys Tel deutete sein Potenzial in Köln schon an, Eric Maxim Choupo-Moting stellte seine Torgefährlichkeit wiederholt unter Beweis. Aber auch Serge Gnabry kann die Position des Mittelstürmers ausfüllen. Er wurde im Wasserstands-Ranking des Offensive-Konkurrenzkampfs zuletzt jedoch durchgereicht.
Nach seiner vorzeitigen Vertragsverlängerung bis 2026 startete Gnabry zum Saisonstart dreimal in Folge. Bei den vergangenen beiden Bundesligaspielen sowie überraschenderweise auch in Mailand saß er zunächst aber nur auf der Bank. Eigenwerbung betrieb er nach seinen Einwechslungen nicht.
Kingsley Coman begann seit dem Ablauf seiner Bundesliga-Rotsperre in vier von fünf Spielen. Für die meiste Begeisterung sorgte in der Offensive bisher wohl Fanliebling Jamal Musiala. Aktuell am formstärksten wirkt Leroy Sané, der zu Saisonbeginn noch hintendran war. Gegen Inter war er mit eineinhalb Toren Mann des Spiels und wurde anschließend von allen Seiten mit Lob überschüttet. "Das ist das, was wir von ihm brauchen", sagte Thomas Müller.
Müller ist in der Offensive bisher genau wie Mané gesetzt, was nicht nur mit seine Angriffsleistungen zu tun hat. Müller ist extrem wichtig im Gegenpressing und in der Kommunikation, somit gewissermaßen der de Ligt der Offensive.