Vor der Saison haben wir Euch ausführlich über den Ausbau unserer Kooperation mit LigaInsider in der Bundesliga-Berichterstattung informiert. Wir erklärten gemeinsam mit unseren Kollegen, inwiefern wir davon überzeugt sind, die objektivsten und damit fairsten Spielernoten Deutschlands anzubieten, und wie diese zustande kommen. Die Länderspielpause wollen wir dazu nutzen, Euch anhand von vier sehr interessanten und rege diskutierten Fallbeispielen aufzuzeigen, wie sich eine bestimmte Note erklären lässt - und welche Anstrengungen wir unternehmen, um unsere "Werkzeuge" noch besser an die reale Fußballwelt anzupassen.
1. Fallbeispiel: Rene Adlers 1,5 gegen Bayern
4. Spieltag: FC Bayern München - FSV Mainz 05 4:0
Rene Adlers Note beim 0:4 seines neuen Klubs am ersten Wiesn-Wochenende wurde erregt und kontrovers diskutiert. "Wie in aller Welt kann ein Keeper, der vier Stück kassiert, eine 1,5 kriegen?", wunderten sich nicht wenige User.
Ja, wie kann das sein? Nun, dazu muss man wissen, dass LigaInsider die Qualität der Gegentore in die Bewertung mit einbezieht. Im konkreten Fall kassierte Adler zwei Treffer aus Großchancen und einen durch einen abgefälschten Schuss. Einem Keeper Tore negativ anzulasten, bei denen er nur eine minimale oder überhaupt keine Abwehrchance besaß, ist unfair. Diese Abwertung findet also bei der Ermittlung der Note nicht statt.
Dazu kommen zahlreiche Pluspunkte, die Adler sammelte: Er wehrte allein sieben Schüsse aus "gefährlicher Zone" ab, d.h. aus kurzer Distanz zum Tor. Zwei davon waren Großchancen, was wiederum bedeutet, der Schütze war nicht nur nicht weit weg vom Kasten der Mainzer, er hatte dazu auch freie Bahn. Und schließlich leistete sich Adler keinen einzigen Fehler. Er unterlief nicht etwa eine einzige Flanke oder fiel anderweitig negativ auf.
Für den Hinterkopf: LigaInsider misst die Torwartleistung an über 40 positionsspezifischen Werten.
Man könnte die Frage vom Anfang ins Gegenteil umkehren: "Wenn ein Torwart eine herausragende Leistung zeigt, warum sollte er nicht auch eine gute oder sogar sehr gute Note erhalten, auch wenn sein Team 0:4 baden geht?"
2. Fallbespiel: Marcel Hellers 4,5 gegen Köln
3. Spieltag: FC Augsburg - 1. FC Köln 3:0
Hellers Note kommt ein wenig wie der Gegenentwurf zum Adler-Thema daher. Da gewinnt Augsburg deutlich und einer der Besten aus der Offensive des Siegers schneidet richtig schwach ab. Schwacher Trost: Heller hat die 4,0 nur um einen Hauch verpasst, aber knapp vorbei ist ...
Hellers schlechte Note kommt durch eine Vielzahl von schwächeren bis schwachen Aktionen zustande. Eine Auswahl:
- Ballverluste durch schlampige Annahmen oder fehlgeschlagene Dribblings
- 13 Ballverluste im letzten Drittel, alleine vier davon bei einfachen Pässen
- nur zwei Aktionen, in denen er sich außerhalb des letzten Drittels einem Mitspieler anbot
- fünf Mal wurde er im "Kopfball gesucht" (bei LigaInsider eine eigene Kategorie), fünf Mal ging das Duell verloren
Zwischenfazit: Ungeheuer viele Ballverluste bzw. unergiebige Aktionen.
Jetzt wird der eine oder andere anführen, dass Heller sogar einen Scorerpunkt sammelte, schließlich holte er ja den Foulelfmeter heraus, den Alfred Finnbogason zum 2:0 verwandelte. Dieser Assist ist uns bei der Bewertung natürlich nicht entgangen, nur wird unterschieden: Heller wurde von Jonas Hector umgeschubst. Diese Vorarbeit schlägt weniger positiv zu Buche als ein "richtiger" Assist. LigaInsider wertet eine schwache Aktion von Hector, nicht so sehr eine starke von Heller.
Schließlich gibt es eine weitere Kategorie, in der Heller auch nicht eben ein Feuerwerk abbrannte: das Spiel gegen Ball. Ein gewonnener Defensivzweikampf und fünf geblockte bzw. aufgehaltene Bälle, die aber allesamt nicht zu einem Ballgewinn für den FCA führten, stehen hier zu Buche.
Macht unter dem Strich eine schlechte Note, wenngleich es fast für ein "ausreichend" gelangt hätte.
3. Fallbeispiel: Hoffenheims Teambewertung gegen Bayern
3. Spieltag: TSG 1899 Hoffenheim - FC Bayern München 2:0
Der Klassiker: Hoffenheim gewinnt das Spiel, die Bayern werden aber besser bewertet. Da regt sich - nicht ganz zu Unrecht und durchaus erwartet - Widerstand und Unverständnis. Allerdings beruht das Unverständnis auf Annahmen, die nichts mit der Ermittlung der Noten nach dem LigaInsider-Prinzip, das eine auf Statistiken beruhende faire Bewertung zum Ziel hat, gemein haben.
Etwas anschaulicher: Es ist für die individuelle Note eines Hoffenheimer Spielers völlig egal, dass der Gegner FC Bayern hieß.
Und sehr anschaulich: Bayern war trotz des Resultats ungeheuer dominant, wie die Passstatistiken zeigen. Bayern 617/734 - Hoffenheim 189/299.
Diese Feldüberlegenheit der Bayern ist Ausdruck der hohen Qualität ihres Spiels und damit Teil der Leistung und kein Bayern-typisches Phänomen. Es wird gerne als gegeben genommen, dass die Bayern ein Spiel diktieren und gestalten - diese Annahme ist aber falsch.
Schauen wir uns ein Fallbeispiel an: Hoffenheims Shooting-Star Dennis Geiger erhielt eine 5,0. Er hatte als zentraler Mittelfeldspieler ganze 27 Ballaktionen, leistete sich einige Ballverlust und kam lediglich in sechs Zweikämpfe, von denen er vier verlor. Offensiv fand er nicht statt. Das sind die Kriterien für seine Note - und die fällt entsprechend schlecht aus.
Dennoch sind wir uns bewusst, dass bei der Bewertung solcher Spiele noch Luft nach oben ist....
4. Fallbeispiel: Sokratis' Notenänderung gegen Freiburg
3. Spieltag: SC Freiburg - Borussia Dortmund 0:0
Wie eingangs angerissen, wird das System zur Notenvergabe ständig hinterfragt. Das Feedback der User ist uns dabei sehr wichtig - und es gab bereits Anpassungen und wird sie auch in Zukunft geben.
Ein solches Update bzw. Upgrade ist beispielsweise dafür verantwortlich, dass die Bewertung von Dortmunds Abwehrboss Sokratis am 3. Spieltag nachträglich geändert wurde. Aus einer glatten 1 für den Griechen wurde nach weiteren Berechnungen eine 2,0.
Der Hintergrund ist eine Anpassung des Algorithmus, sodass die spezifischen Bedingungen eines Spiels in Unterzahl oder Überzahl in die Bewertung der Leistung der Spieler einfließen können.
Bei besagtem Spiel war Freiburgs Yoric Ravet nach nicht einmal 30 Minuten vom Platz geflogen. Anschließend erwehrten sich seine Kollegen in Unterzahl eine gute Stunde des Dortmunder Pass- und Kombinationsspiels, in dem Sokratis eine gewichtige Rolle einnahm und auf überragende Werte kam: knapp 150 Pässe mit einer Erfolgsquote von knapp über 96 Prozent.
Der neue bzw. modifizierte Algorithmus sorgt jetzt dafür, dass die Bewertung dafür durch den Umstand der BVB-Überzahl modifiziert wurde.
Kleine Anmerkung noch: 60 Prozent von Sokratis' Beurteilung in dieser Partie machte sein Passspiel aus, 30 Prozent seine Defensivaktionen. Mit Letzteren war er allerdings eher weniger ausgelastet.