Ein Zweitligist im Oberhaus

Daniel BörleinStefan Rommel
27. November 200711:51
SPOXGetty
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München - Manchmal zieht man sich ja an unwichtigen Kleinigkeiten hoch, wenn es nicht läuft. An Dingen, die letztlich nicht von Belang sind, die eigentlich niemanden interessieren, wenn es denn läuft.

Beim VfB lief in der Champions League bislang noch gar nichts. Mit null Punkten aus drei Spielen waren die Schwaben nach Lyon gereist.

Doch da war eben so eine Kleinigkeit, die zumindest noch ein Fünkchen Hoffnung verbreitete: Über eine Halbzeit lang hatten die Stuttgarter bislang mit jedem Gegner gut mithalten können, vor der 53. Minute noch keinen Gegentreffer kassiert.

Warum also nicht mal länger durchhalten und vielleicht selbst den ersten Treffer erzielen, dachte man. Schließlich war der deutsche Meister zuletzt in der Bundesliga wieder in Tritt gekommen.

Fehlende Qualität und Naivität

Die Bundesliga ist allerdings nicht die Champions League und auf einen Stuttgarter Erfolg beim französischen Abonnement-Meister zu hoffen, war dann wohl doch etwas blauäugig.

Ehe man sich versah, lagen die Schwaben mit 0:2 zurück. Nach einer Viertelstunde. Dahin also diese unwichtige, belanglose Kleinigkeit, die doch noch Mut gemacht hatte.

Die Stuttgarter fighteten sich zwar zurück in die Begegnung und standen zwischenzeitlich gar vor dem Ausgleich. Dass es am Ende allerdings noch nicht mal für den ersten Punkt in der Champions League reichte, ist auf fehlende Qualität und auf Naivität zurückzuführen.

"Es fehlt uns schon ein bisschen die Klasse", gab Doppeltorschütze Mario Gomez zu, um sein Urteil dann allerdings etwas abzuschwächen: "Oder besser gesagt: die Erfahrung."

Desaströses Zweikampfverhalten

Der VfB ist zwar kein Dauergast im internationalen Wettbewerb. Doch dass sich beispielsweise ein Ludovic Magnin, mehrfacher Schweizer Nationalspieler und WM-Teilnehmer, vom 20-jährigen Hatem Ben Arfa schwindelig spielen lässt, ist wohl kaum mit fehlender Erfahrung zu erklären.

Das Schlimmste aus Stuttgarter Sicht: Manchmal mutete das Spiel im Stade Gerland wie ein besseres Freundschaftsspiel an. Bloß keinem weh tun, nicht  aggressiv sein im Zweikampf, den zweiten Ball auch ruhig mal dem Gegner überlassen. Es fehlte an der elementarsten aller Fußballtugenden: dem Kampf.

Zweitligist in der Ersten Liga

Sicher waren die Schwaben stets bemüht, die Bundesliga in Europa würdig zu vertreten, wirkten dabei allerdings so wie ein Zweitligist, der eigentlich aufsteigen will, sich aber durch einen komischen Zufall schon frühzeitig in die Erste Liga verirrt hat. Offenbar zu früh. Der VfB scheiterte kläglich, die Champions League war schlicht eine Klasse zu hoch.

In den UEFA-Cup hätte der deutsche Überraschungsmeister besser gepasst, doch selbst dieser Wettbewerb ist nach der 2:4-Niederlage in Lyon passe.

"Meine jungen Spieler müssen noch viel lernen. Sami Khedira hat vor einem Jahr noch Regionalliga gespielt. Man muss das Gesamtpaket analysieren. Wir haben sehr gute Spieler, aber bei allen fehlt noch ein Stück", fand Trainer Armin Veh genau die richtigen Worte und legte nach: "Es kann auch eine Frage der Qualität sein, wenn wir wie in Glasgow die entscheidenden Zweikämpfe verlieren."

Einige Lichtblicke

Zu viele vermeidbare Fehler leistete sich Vehs Mannschaft, zu viele verletzungsbedingte Ausfälle hatte der Meister zu beklagen, zu viele Chancen ließen die Stuttgarter ungenutzt - die Führung in Glasgow, der verschossene Elfmeter von Thomas Hitzlsperger in Lyon. Und so ist in der Champions League schlicht und ergreifend nichts zu holen. Nicht mal ein mickriger Punkt.

"Es ist sehr deprimierend. Wir haben uns das alles ganz anders vorgestellt. Jeder in Deutschland ist enttäuscht vom VfB. Wir haben die Erwartungen nicht erfüllt und müssen daraus lernen", sagte Keeper Raphael Schäfer.

Für die Stuttgarter bleibt nun nur noch, sich anständig von der europäischen Bühne zu verabschieden. Hoffnung macht, dass mit Gomez der Torjäger wieder heiß zu laufen scheint, dass Abwehrchef Matthieu Delpierre wieder an Bord ist und einer wackeligen Hintermannschaft wieder Sicherheit verleihen wird und, dass sich so langsam auch Spieler aus der zweiten Reihe aufdrängen.

Alles keine Kleinigkeiten, unwichtig und belanglos schon gar nicht. Wäre der VfB nur nicht schon sang- und klanglos ausgeschieden.