Nathan Ake ist gleichzeitig der nächste Ruud Gullit und der nächste Kevin De Bruyne: Nach einem gescheiterten Versuch beim FC Chelsea und drei Leihgeschäften etablierte sich der 25-jährige Innenverteidiger beim AFC Bournemouth und wechselte nun zu Manchester City. Sinnvoll ist das gleich aus zwei Gründen.
Teil des großen Fußballs ist Nathan Ake nicht erst seit seinem Wechsel für rund 44 Millionen Euro vom AFC Bournemouth zu Manchester City, sondern bereits seit dem Alter von zwölf Jahren - und das liegt an seiner Frisur. "Bis dahin hat mir mein Vater meine Haare jeden Morgen gerichtet", erzählte Ake mal in einem Interview mit der Daily Mail. "Dann bin ich zum ersten Mal zu einem Turnier ins Ausland gereist, wo er nicht dabei sein konnte. Damit ich mich nicht selbst darum kümmern muss, hat er mir davor Dreadlocks gemacht."
Seitdem trägt Ake eben Dreadlocks und deshalb wird er seitdem nicht mehr für den Sohn seines Vaters gehalten. "Überall sagen die Leute: 'Schaut, das ist Gullits Sohn'", erzählte Ake. Die Ähnlichkeit zwischen ihm und der niederländischen Fußballlegende Ruud Gullit ist tatsächlich frappierend. Gullit jedenfalls beherrschte um 1990 mit dem AC Milan den europäischen Fußball und fungierte später als Spieler-Trainer beim FC Chelsea.
Nathan Ake wechselte mit 16 Jahren zum FC Chelsea
Bei dem Klub also, bei dem Ake Jahre später seine ersten Schritte als Fußballprofi machen sollte. Geboren in Den Haag spielte Ake zunächst in der Jugendabteilung von ADO, ehe er zu Feyenoord Rotterdam wechselte. Trotz Chelseas Interesse wollte er dort zunächst auch bleiben, aber nachdem ihm das Trainingsgelände und mit Didier Drogba eine Klub-Legende noch dazu in Dreadlocks in echt gezeigt wurden, konnte er nicht widerstehen und wechselte mit 16 Jahren doch.
Ake galt schon damals als großes Talent: Gerade eben hatte er mit der niederländischen U17-Nationalmannschaft im Finale gegen Deutschland die EM gewonnen. Ein Jahr später sollte die Titelverteidigung gelingen, wieder im Finale gegen Deutschland und diesmal gegen den berühmten 1995er-Jahrgang von Nationaltrainer Stefan Böger, der heute die A-Nationalmannschaft dominiert. Unter anderem standen Niklas Süle, Leon Goretzka und Timo Werner in der deutschen Startelf, Joshua Kimmich arbeitete unterdessen noch an seinen körperlichen Defiziten.
Bald darauf debütierte Ake mit 17 Jahren unter Trainer Rafael Benitez bei einem Spiel gegen Norwich City in der Premier League, im Dezember 2012 war das. Es folgten einige weitere Kurzeinsätze, ein Kaderplatz beim gewonnenen Europa-League-Finale gegen Benfica Lissabon und ein Trainerwechsel. Einer, der Ake nicht gelegen kam. Benitez' Nachfolger Jose Mourinho schickte ihn nämlich zunächst zurück zur Reservemannschaft und ließ ihn dann zum Zweitligisten FC Reading verleihen.
Wie Nathan Ake der nächste Kevin De Bruyne wurde
Sommer 2015, Ake war jetzt 20 und stand am Scheideweg. Was nun? Chelsea ist bekannt für sein fragwürdiges Vorgehen auf dem Jugendspieler-Transfermarkt. Das Motto: Europaweit viele junge Talente anlocken, den wenigsten eine ernsthafte Chance bei der Profimannschaft geben, die meisten wieder und wieder verleihen und dann mal schauen. Ake jedenfalls wechselte per Leihe zum Premier-League-Klub FC Watford, zu diesem Zeitpunkt war er einer von 34 verliehenen Chelsea-Spielern.
Sie alle teilten nicht nur ihr Schicksal, sondern auch ihre Erfahrungen und dafür gab es sogar eine eigene Leihspieler-WhatsApp-Gruppe. "Da chatten wir und tauschen uns aus", berichtete Ake damals. Sicherlich auch über Kevin De Bruyne: ein Ex-Mitglied der Gruppe, das zum Vorbild der Verbliebenen wurde. Er war gerade für 76 Millionen Euro vom VfL Wolfsburg zu Manchester City gewechselt und somit der lebende Beweis dafür, dass man es aus Chelseas Leihspieler-WhatsApp-Gruppe ganz nach oben schaffen kann.
Ake machte sich auf, der nächste De Bruyne zu werden. Was für den Belgier Wolfsburg war, wurde für Ake der AFC Bournemouth: Das Sprungbrett in den großen Fußball. Ake überzeugte bei Watford, wo er hauptsächlich als Linksverteidiger zum Einsatz kam, ehe er an Bournemouth weiterverliehen wurde, das ihn im Sommer 2017 schließlich für rund 23 Millionen Euro fest verpflichtete. Die Flucht aus der WhatsApp-Gruppe war gelungen.
Innerhalb kürzester Zeit avancierte er in Bournemouth als Innenverteidiger zum Abwehrchef und hatte großen Anteil daran, dass sich der kleine Klub lange in der großen Premier League hielt. Nach dem Abstieg am Ende der abgelaufenen Saison wagte Ake, längst niederländischer A-Nationalspieler, den Schritt zu Manchester City. Er ist sinnvoll und zwar aus zwei Gründen.
imago images / Camera 4/PhotoSINathan Ake bei Manchester City: Sinnvoll aus zwei Gründen
Da wäre zunächst die Spielweise. Ake passt mit seinem Stärkenprofil perfekt ins System von Trainer Pep Guardiola bei Manchester City. Er ist kein tretender, sondern ein spielender Innenverteidiger. Seit seinem Wechsel zu Bournemouth schoss Ake mehr Tore (elf), als er Gelbe Karten sammelte (zehn). Er ist einer, der mit seinen technischen Fähigkeiten und seiner Ballsicherheit das Spiel gerne aus der Tiefe heraus dirigiert.
"Wir denken, dass er die technischen und intellektuellen Fähigkeiten mitbringt, um sich in Peps System zurechtzufinden", sagte Citys sportlicher Leiter Txiki Begiristain nach Bekanntgabe des Transfers. "Seine Spielweise sagt mir sehr zu", verkündete Ake.
Und da wäre außerdem Citys personelle Lage. Linksfuß Ake ist als Innen- und Linksverteidiger, sowie im defensiven Mittelfeld einsetzbar. Drei Positionen, auf denen City zuletzt gehörig Bedarf hatte. Weil der nominelle linke Innenverteidiger Aymeric Laporte lange verletzt fehlte und Guardiola John Stones sowie Nicolas Otamendi nicht restlos vertraut, rückte Fernandinho über weite Strecken der vergangenen Saison nach hinten - und fehlte dadurch im defensiven Mittelfeld, wo Guardiola somit nur mehr Rodri zur Verfügung hatte.
Äußerst verletzungsanfällig ist unterdessen der einzige nominelle Linksverteidiger im City-Kader Benjamin Mendy, weshalb oftmals der gelernte Mittelfeldspieler Oleksandr Zinchenko oder der aktuell an RB Leipzig verliehene Angelino aushelfen mussten. Künftig stünde für all diese Positionen Ake bereit.
Nathan Akes Leistungsdaten pro Klub
Klub | Zeitraum | Pflichtspiele | Tore | Assists |
FC Chelsea | 2012 bis 2017 (mit Unterbrechungen) | 17 | - | 2 |
FC Reading | 2015 | 5 | - | - |
FC Watford | 2015 bis 2016 | 28 | 1 | - |
AFC Bournemouth | 2016 bis 2020 | 121 | 11 | 6 |