DFB-Team - Manuel Neuer im Interview zum WM-Aus: "Wir konnten keinem Gegner wehtun"

Dennis MelzerStefan Petri
27. Juni 201821:04
Manuel Neuer konnte die Niederlage der DFB-Elf gegen Südkorea nicht verhindern.getty
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Weltmeister Deutschland ist bei der WM 2018 sang- und klanglos in der Vorrunde ausgeschieden. Nach dem 0:2 gegen Südkorea kritisierte Kapitän Manuel Neuer das Team scharf: Eine so schwache Vorstellung habe er von einer deutschen Auswahl noch nicht gesehen. Der 32-Jährige gab aber auch eigene Fehler zu - und sprach über ein mögliches Karriereende bei der DFB-Elf.

Frage: Herr Neuer, wie war die Stimmung in der Kabine?

Manuel Neuer: Wie soll die schon sein? Wir sind sehr traurig, enttäuscht und sauer auf uns.

Frage: Wie konnte es dazu kommen?

Neuer: Das haben wir Spieler zu verantworten, das ist ganz klar. Wir müssen das in Ruhe analysieren. Man muss ganz klar sagen, dass wir es einfach nicht verdient haben. Man hat in keinem der drei Spiele gesehen, dass da eine deutsche Mannschaft auf dem Platz war, vor der man Angst oder Respekt hat. Wenn man gegen Schweden das 2:1 in der 95. Minute macht, die anderen beiden Spiele verliert und auch keine klaren Torchancen kreiert, hat man es einfach nicht verdient. Selbst wenn wir doch weitergekommen wären, hätte jeder gerne gegen uns gespielt. Wie sollen wir einem Gegner gefährlich werden, wenn wir so eine Leistung abliefern? Die Bereitschaft, die wir hier an den Tag gelegt haben, die habe ich auch so von uns noch nicht gesehen.

Frage: Warum stand keine Mannschaft auf dem Platz?

Neuer: Wir standen schon auf dem Platz, aber man hat nicht gemerkt, dass wir hier eine Weltmeisterschaft spielen. Jeder Gegner, egal, ob Mexiko, Schweden oder Südkorea, hat auf unsere Fehler gewartet und sie wussten, dass sie ihre Chancen bekommen. Das hatten wir in den vergangenen Turnieren nie. Diese Kontersituationen, die wir jetzt in der Gruppenphase gegen uns hatten, konnte man damals an einer Hand abzählen. Dass das in diesem Turnier gegen diese drei Gegner passiert, rückt uns in ein ganz schlechtes Licht. Wir haben es schlicht gemeinsam verbockt.

Manuel Neuer: "Bin auch für das deutsche WM-Aus verantwortlich"

Frage: Der Bundestrainer sprach von Selbstherrlichkeit vor dem Mexiko-Spiel. Haben Sie die auch verspürt?

Neuer: Ich denke, dass man vor einem Turnier nicht weiß, wo man steht. Eigentlich waren wir bis in die Haarspitzen motiviert. Eine WM findet nur alle vier Jahre statt, darauf wartet man und arbeitet man hin, um diese Spiele spielen zu dürfen. Dass wir dann so eine Leistung zeigen und in der Vorrunde ausscheiden, das habe ich von einer deutschen Mannschaft noch nicht gesehen.

Frage: Gibt es einen Punkt, den Sie sich als Kapitän ankreiden?

Neuer: Ich habe immer versucht, Verantwortung zu übernehmen, die Mannschaft mitzunehmen. In der Kabine, beim Training und auf dem Platz. Natürlich bin ich aber auch ein Gesicht und damit einer derjenigen, die hierfür verantwortlich sind.

Frage:Joachim Löw hat noch nicht gesagt, ob er weitermacht. Machen Sie denn weiter?

Neuer: Ich habe nicht vor, aufzuhören.

Manuel Neuer über WM-Aus: "Das war heute zu lethargisch und langsam"

Frage: Würden Sie es unterstützen, dass der Bundestrainer weitermacht?

Neuer: Ich denke, wir werden miteinander reden. Dann muss man auch schauen, was der Trainer möchte.

Frage: Der Bundestrainer hat von fehlender Leichtigkeit gesprochen.

Neuer: Ich denke, er meint das Tempo und das Selbstverständnis. Das Tempo und die Geschwindigkeit, die uns bisher bei eigenen Kontern ausgezeichnet haben. Das war heute zu lethargisch und langsam. Wir konnten keinem Gegner damit wehtun. Die Pässe in die Räume, in die Schnittstellen, das haben wir hier nicht erlebt. Gerade bei tiefstehenden Mannschaften wie heute zum Beispiel Südkorea: In der Qualifikation haben wir auch gegen solche Teams gespielt und trotzdem unsere Tore gemacht.

Frage: Warum wurde beim Einwurf in der Nachspielzeit der Torhüter angespielt und nicht ein Aufbauspieler?

Neuer: Es waren alle vorne, es war die 96. Spielminute, wir lagen 0:1 zurück und haben noch ein Tor gebraucht. Ich habe es als sinnlos empfunden, hinten stehen zu bleiben, sondern wollte eine Flanke reinbringen. Da kam direkt der Druck, den Fehler muss ich mir ankreiden.