Mario Götze hat Borussia Dortmund verlassen, um den nächsten Schritt in seiner Karriere auf dem Weg zum Weltstar zu machen. Im Sommer hat er Deutschland zum WM-Triumph geschossen und wird auch beim FC Bayern immer wichtiger. Aber ist Götze auch schon ein Weltstar? Internationale Journalisten diskutieren über den Bayern-Star.
Michael Yokhin
Michael Yokhin schreibt u.a. für ESPN, den Guardian, Champions und FourFourTwo.
Mario Götze mag aufgrund seines Tores gegen Argentinien Deutschlands WM-Held sein, aber er hat das Turnier auch weit unter seinen Möglichkeiten gespielt. Er ist ohne Frage ein sehr talentierter Spieler, er hat das Potenzial, irgendwann ein bedeutender Superstar zu werden. Aber: Noch ist er nicht soweit!
Götze ist noch kein Schlüsselspieler für die deutsche Nationalmannschaft und auch noch keiner für den FC Bayern. In beiden Mannschaften gibt es viele Spieler, die derzeit noch wichtiger sind als er.
Ich schätze beispielsweise das Talent und die Möglichkeiten von Thomas Müller höher ein und würde ohne Zögern ihn bevorzugen, wenn ich die Wahl zwischen Müller und Götze hätte. Müller, Philipp Lahm, Sami Khedira, Mats Hummels, Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos und Marco Reus sind allesamt bessere Spieler.
Mir ist klar, dass alle aufgezählten Spieler älter und erfahrener sind als Mario - und der eine oder andere ist auch talentierter. Mario hat noch viel Zeit vor sich und wahrscheinlich wird er die nächste Stufe seiner Karriere auch bald erreichen.
Erinnert euch doch mal an den 22-jährigen Andrea Pirlo oder an den 22-jährigen Andres Iniesta. Sie waren Lichtjahre hinter dem 22-jährigen Mario Götze. Für sein Alter hat der Junge ganz schön viel erreicht.
Man sollte nicht zu viel Druck auf den Jungen ausüben und vielleicht auch die Erwartungshaltung nicht zu weit nach oben schrauben. Wenn er freier agiert, wird seine Entwicklung schneller vorangehen. Da bin ich mir sicher.
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Seite 2: Emek Ege: Götze ein Opfer der Bundesliga
Seite 3: Peter Altmann: "Götze ist schon jetzt eine Legende"
Seite 4: Federico Lo Guidice: "Ein Symbol für Deutschlands Aufschwung"
Seite 5: Jorge Moreno: "Bei Bayern einer unter vielen"
Emek Ege
Emek Ege ist einer der bekanntesten Sportjournalisten der Türkei und Moderator beim größten Sportsender "NTV Spor".
Trotz des zugegeben tollen Tores im WM-Finale gegen Argentinien ist Mario Götze immer noch eine regionale Sache. Ich denke, dass das in erster Linie an seiner Entscheidung liegt, zum FC Bayern zu wechseln. Der FC Bayern ist in Deutschland eine eigene Hausnummer: Wenn sie Meister werden, sucht keiner nach den Gründen. Man sagt eher: "Wer denn sonst?" In so einer Mannschaft kann selbst der größte Spieler einer von vielen werden und dies widerfährt auch Götze - und es wird auch Marco Reus widerfahren, wenn er zum FC Bayern wechselt. Zu einer Mannschaft, in der man nicht herausstechen kann, wenn man keine außergewöhnlichen Leistungen vollbringt.
Womöglich liegt das auch an der Bundesliga: Gewinnt Bayern 5:0 gegen Hannover, wird dem kaum Beachtung geschenkt. Egal, wer die Tore schießt. Gewinnt der FC Barcelona oder Real Madrid 5:0, hat das international eine deutlich andere Tragweite. Die Bundesliga ist eine sensationelle Organisation, aber es fehlt ihr immer noch der große Glanz.
Ein Beispiel: Toni Kroos hat mit seiner Entscheidung, den FC Bayern zu verlassen, eine höhere Karriere-Stufe für sich selbst erreicht. Er hat sich bei Real Madrid selbst neu erschaffen, er wird jetzt deutlich klarer wahrgenommen. Und das in kurzer Zeit. Beim FC Bayern hat er toll gespielt, sein eigenes Profil aber jahrelang nicht nachhaltig schärfen können.
Götze ist auch ein toller Spieler, aber er hat noch hat er keinen Weltstar-Status, daran hat auch sein Final-Tor nichts verändert. Fragen Sie mal die Menschen im Ausland, wer Deutschland zum Weltmeister gemacht hat? Da sagt jeder erst einmal Manuel Neuer. Oder Bastian Schweinsteiger. Oder Toni Kroos. Irgendwann kommt Götze.
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spoxPeter Altmann
Peter Altmann ist stellvertretender Chefredakteur bei laola1.at.
Eine Legende ist Mario Götze bereits. Seinen Namen wird in Zusammenhang mit dem Geniestreich von Maracana noch in 50 Jahren jedes deutsche Kind kennen, man denke an seine "Vorgänger" Helmut Rahn, Gerd Müller und Andreas Brehme. Dabei hat er mit seinen 22 Jahren noch genügend Zeit, an der eigenen Legende zu basteln.
Gegenwärtig fällt der Abgleich zwischen Anspruch und Wirklichkeit zwiespältig aus. Trotz des Goldtors zum WM-Triumph, für den in der öffentlichen Wahrnehmung hierzulande jedoch eher die wahren Aushängeschilder des deutschen Fußballs wie Thomas Müller, Manuel Neuer, Philipp Lahm oder Bastian Schweinsteiger stehen. Eine Frage der Erwartungshaltung. Wer als Wunderknabe tituliert wird, von dem will man mehr als ein "One-Hit-Wonder" sehen.
Wer als eines der weltweit größten Talente gehypt wird, von dem erwartet man öfter die besonderen Momente. Wer 37 Millionen kostet, von dem verlangt man, dass er im "Haifischbecken" FC Bayern schwimmt und sich keine längeren Abtauchphasen leistet. Das Schlüsselwort lautet Konstanz. Diesem Druck regelmäßig standzuhalten, zeichnet die Größten der Großen aus. Ein Weltklasse-Spieler geht voran, anstatt sich zu verstecken, strahlt Dominanz aus. Diesen - durchaus großen - Entwicklungs-Schritt zum Weltstar hat der sensible Götze noch vor sich.
Der bisherige Saisonverlauf lässt die Vermutung zu, dass der WM-Held auch bei den Bayern seine Rolle findet. Aber bei einem derart Hochbegabten geht noch mehr. Viel mehr. Von Götze wird nicht weniger gefordert, als dass er seine Extraklasse Jahr für Jahr zeigt und in Zukunft auch dem DFB-Team deutlicher seine Handschrift verleiht. Eine Frage der Erwartungshaltung eben. Die Antwort darauf wird letztlich den wahren Legenden-Status entscheiden.
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spoxFederico Lo Guidice
Federico Lo Guidice arbeitet für Sky Italia, Tuttosport und berichtet über den deutschen Fußball.
Mario Götze gilt in Italien als großes Talent und als Beispiel für die Veränderung sowie den Aufschwung des deutschen Fußballs. Das gilt auch für Spieler wie Reus, Müller, Özil und Kroos.
Die Weltmeisterschaft und sein Tor im Finale haben ihn in der Wahrnehmung nochmal eine Stufe nach oben geschossen, er gehört zu den großen Stars der Fußballwelt. Auch wenn er sich die Bewunderung in Italien noch mit Schweinsteiger, Müller, Neuer und Reus teilen muss.
Auf seiner Position gehört er aber zu den besten im Weltfußball und er wird unter Guardiola noch weiter Fortschritte machen und in seiner Rolle wachsen. In den kommenden Jahren wird er zu einem Schlüssel- und Führungsspieler der deutschen Nationalmannschaft werden. Deshalb kann man in Italien nicht immer nachvollziehen, dass Götze so kritisch gesehen wird.
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spoxJorge Moreno
Jorge Moreno arbeitet für die spanische Edition von GOAL und bei Opta in Madrid.
Mario Götze war bereits Ende 2011 ein großes Thema in Spanien. Er wurde er von den Sporttageszeitungen als mögliches Transferziel von Madrid und Barcelona gehandelt und wurde als "feiner Dribbler von deutscher Eleganz" angepriesen.
Götze war einer der Favoriten der Madrider Anhängerschaft und sie sahen ihn schon im weißen Trikot spielen. Seine Vertragsverlängerung in Dortmund beruhigte die Gerüchte. Dass er trotzdem später zum FC Bayern ging, kam zwar überraschend, folgte in einem Land, in dem sich die beiden Topklubs bei den anderen Teams der Liga regelmäßig ohne größere Probleme bedienen, den üblichen Mechanismen.
Durch sein Fehlen im Champions-Leaugue-Finale 2013 und - auch wenn es überraschend klingen mag - seinen Wechsel zu Bayern ist er von den Titelseiten verschwunden. Beim BVB hat sein Stern hell geleuchtet, bei den Bayern ist er einer unter vielen und wahrscheinlich nicht mal der hellste Stern.
Zwar wird den Bayern seit der Verpflichtung von Pep Guardiola als Trainer mehr Aufmerksamkeit denn je gewidmet, aber für den spanischen Durchschnittsfan ist Götze aktuell kein großes Thema.
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