Max Meyer steht in seiner Karriere abermals am Scheideweg. Eine Leihe beim FC Midtjylland wurde nicht zum Desaster, reichte aber nicht für eine Weiterbeschäftigung. Zurückgekehrt bei Fenerbahce, wurde der Ex-Nationalspieler sofort wieder aussortiert. Dort mag man ihn, aber auch das reicht nicht, um eine Zukunft zu haben.
Im Sport und gerade im Fußball spielt man ja gerne mit Superlativen und Übertreibungen. Da ist schnell irgendetwas das Beste, das Schlechteste, man spricht von aller Zeiten, in der Erwartungen, dass etwas auch in Zukunft nicht mehr übertroffen werden kann. Bis es dann doch überboten wird.
Die Bemühungen der Zeitungen Dänemarks im Fall von Max Meyer nicht in den Extremen zu leben, waren gut gemeint. Sie waren versucht, nicht in Ekstase zu verfallen, als Meyer, den sie mit all den schönen Dingen beschrieben hatten, auf Leihbasis von Fenerbahce zum FC Midtjylland wechselte.
Sein Debüt mit 18 beim Bundesligisten Schalke 04, sein großes Talent, sein Dasein als Nationalspieler Deutschlands. Dann kommt so einer mit 26 in dänische Liga. Da kann man sich schon mal kurz euphorisieren und so klang man auch bei der Aufzählung der Etappen der Karriere Meyers.
Als Meyer den Klub nach sechs Monaten nun wieder verlassen hat, wollte man den Deutschen auch nicht zu sehr zerlegen, aber "die Bezeichnung 'Flop' drängt sich auf" schrieb die Zeitung Tipsbladet beim eindeutigen Versuch, Milde walten zu lassen.
Max Meyer hat eine eigene Messlatte
Die konkrete Beurteilung liest sich dann schon deutlicher: "Er hat nie den großen Unterschied gemacht, was natürlich von einem Spieler erwartet wurde, der 192 Spiele für Schalke, 46 Premier-League-Spiele und vier Länderspiele für Deutschland vorweisen kann."
Das, was die Zeitung schreibt, fasst das Leid des Max Meyer gut zusammen. Der 26 Jahre alte Mittelfeldspieler muss Zeit seiner Karriere immer mit Etiketten leben. Er war nie der gewöhnliche Fußballer, dessen Leistungsvermögen im Rahmen seiner Möglichkeiten gemessen wurde. Er wird daran gemessen, was er als großes Talent damals beim FC Schalke 04 versprach. Er war der "Weltklassespieler, der in jeder europäischen Spitzenmannschaft Stammspieler sein würde", wie sein Berater Roger Wittmann einst tönte.
Er wollte als Youngster so schnell so viel, dass man davon ausging, dass er so schnell auch so viel liefern kann und man damit auch viel von ihm erwarten konnte. So ist die Messlatte für Meyer seit jeher sehr groß. Fast unmöglich, dass er dem gerecht wird.
Da reichen eben dann auch nicht 13 Pflichtspiele, die Meyer für den FC Midtjylland absolvierte und mit großen Auftritten kaum auffiel. Eine Torvorlage im Pokal, eine noch in der Conference League gegen PAOK Saloniki. Weil er aber im gleichen Spiel im Elfmeterschießen als einziger Spieler verschoss, schied Midtjylland aus. Ausgerechnet, muss man fast schon sagen.
Max Meyer: Erst mittrainiert, dann ausgebootet
"Es mag ein bisschen hart sein, aber für mich war es egal, ob er da war oder nicht - zumindest in den Spielen", sagt der dänische TV2-Experte Poul Hansen. Daher wurde auch die vereinbarte Kaufoption nicht gezogen. Die Attraktion, deutscher Nationalspieler in Dänemark, erwies sich nicht als Quotenbringer.
Nun kehrt er dorthin zurück, wo man auch viele Erwartungen hatte und sein außergewöhnliches Talent immer noch ein guter Grund war, ihn zu verpflichten. Doch auch bei Fenerbahce hat man für Meyer, der im Sommer letzten Jahres etwas überraschend aus seiner Vertragslosigkeit verpflichtet wurde, keine Verwendung mehr.
Fenerbahces neuer Trainer Jorge Jesus ließ Meyer zum Trainingsauftakt in Istanbul noch Ende Juni mittrainieren. Als es dann am 1. Juli zum Trainingslager nach Österreich ging, bekam Meyer kein Flugticket, sondern die Ausbootung aus dem Profikader mitgeteilt.
Gemeinsam mit Ex-Wolfsburger Marcel Tisserand, Steven Caulker, Mauricio Lemos und Mbwana Samatta ist er in einer Art Trainingsgruppe 2. Sie trainieren allein in Istanbul. Wie bei den anderen ist die Absicht klar: Meyer wurde nahegelegt, den Verein zu verlassen.
Hört man bei Fenerbahce rein, hat man mit der Arbeitsmoral des Deutschen kein Problem. Er gilt als akzeptiert und geschätzt, dass er sich trotz schwieriger Ausgangslage nun ins Zeug gelegt hat, um ein Teil der Mannschaft zu werden. Aber es reicht nicht, um daraus eine zweite Chance zu machen, nachdem er in der Hinrunde der vergangenen Saison auch wenig Glanzpunkte setzen konnte.
Was mit seinem bevorstehenden Abschied nichts zutun hat, ist die Verpflichtung von Emre Mor. Zwar wurden auch von deutschen Medien Gerüchte transportiert, dass Meyer gehen muss, weil man Platz für Mor schaffen will, doch da ist nichts dran.
Zum einen sind sie in der Position völlig unterschiedlich, zum anderen hat Mor kaum mehr Kredit und muss sich bei Fenerbahce erst mal selbst beweisen.
Max Meyer: Fenerbahce wohl bereit, Vertrag aufzulösen
Die Gründe sind neben des sportlichen Wertes auch im Regelwerk der Süper Lig begründet. Denn Meyer ist einer von 18 ausländischen Spielern, die bei Fenerbahce unter Vertrag stehen. Erlaubt sind 14 - schon jetzt müssen vier weg und Fenerbahce will mindestens noch zwei, drei Spieler aus dem Ausland holen, sodass bei Fener größer aufgeräumt werden muss.
Einer von ihnen wird Meyer sein, der bei Fenerbahce nur noch eine Zahl in der Ausländer-Rechnung darstellt. Das hat Folgen. Nach Informationen von SPOX und GOAL ist man bei Fenerbahce notfalls bereit, gegen Zahlung einer Abfindung den Vertrag Meyers, der noch bis Juni 2023 läuft, aufzulösen. Fenerbahce ist dazu fast verpflichtet.
Max Meyer muss darauf hoffen, dass sich ein Verein findet, der die Messlatte auf ein annehmbares Niveau senkt und realistische Erwartungen an Meyer hat, der das Fußballspielen sicher nicht verlernt hat, aber ein Umfeld findet, wo er mehr oder weniger bei Null anfangen darf.