Mesut Özil steht vor seiner vierten Premier-League-Saison (So., 17 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER) mit dem FC Arsenal und hat den Titel weiter fest im Blick. Im Interview spricht der 27 Jahre alte Nationalspieler über den Transfer-Wahnsinn in England, Parallelen mit Manchester Citys Leroy Sane, die hochkarätige Konkurrenz aus Manchester und die Nachfolge von DFB-Kapitän Bastian Schweinsteiger.
SPOX: Herr Özil, Ende März erklärten Sie im SPOX-Interview, viel an sich gearbeitet und einiges umgestellt zu haben. Sind Sie zufrieden mit Ihrer Entwicklung und den Leistungen der vergangenen Saison?
Mesut Özil: Definitiv, ja. Letztlich arbeite ich jeden Tag hart dafür, auf dem Platz Gas geben und mein Potenzial abrufen zu können. Dass das in der letzten Saison so gut geklappt hat, freut mich umso mehr und ist der beste Lohn für den Einsatz und die Disziplin.
SPOX: Auch Ihre Wahrnehmung und die Berichterstattung über Sie haben sich verändert, das einstige Image des "Untertauchenden" ist kein Thema mehr.
Özil: Was die Medien schreiben oder andere Menschen über mich denken, ist mir ehrlich gesagt egal - ob positiv oder negativ. Der Trainer hat sein Bild und seine Meinung, nur das zählt. Außerdem hat man auch ein eigenes Gefühl und weiß seine Leistung selbst einzuschätzen.
SPOX: Auch bei der EM überzeugten Sie mit der Nationalmannschaft, die künftig allerdings ohne ihren Kapitän Bastian Schweinsteiger spielen wird. Sie bedankten sich mit einem sehr emotionalen Facebook-Post bei ihm. Was verbindet Sie beide?
Özil: Bastian und ich haben viele Jahre gemeinsam in der Nationalmannschaft gespielt und tolle Momente wie das Finale in Brasilien erlebt, wo er Großartiges geleistet hat. Er hat viel für den deutschen Fußball getan und über Jahre konstant gut gespielt. Sowas vergisst man nicht. Ich wünsche ihm alles Gute und vor allem Gesundheit für die Zukunft.
SPOX: Die Kapitänsbinde wird nun neu vergeben, auch Sie gehören zu den potentiellen Nachfolgern. Eine große Ehre für Sie?
Özil: Natürlich ist es eine riesengroße Ehre, die Nationalmannschaft mit der Binde am Arm auf das Feld zu führen. Aber ich strebe gar nicht danach, der neue Kapitän zu werden. Wir haben viele erfahrene Spieler im Team, die auf dem Platz etwas zu sagen haben und den jungen Spielern helfen. Dazu zähle ich auch mich - aber dafür brauche ich keine Binde.
SPOX: Cristiano Ronaldo ist ein ähnlich feingeistiger und kreativer Spieler wie Sie, der in Portugal Kapitän und absolute Führungsfigur ist. Können Sie sich etwas von ihm abschauen?
Özil: Ich kenne Cristiano aus unserer gemeinsamen Zeit bei Real Madrid und weiß, wie er tickt. Er ist wahnsinnig ehrgeizig und will um jeden Preis gewinnen. Das hat man auch im EM-Finale gesehen, als er sich von der Verletzung nicht aus der Bahn werfen ließ, sondern an der Seitenlinie genau so viel Gas gegeben hat, wie er es auf dem Platz getan hätte. In diesem Bereich ist Cristiano ein Vorbild für jeden.
SPOX: Durch den TV-Vertrag sind eine Menge großartiger Spieler im Sommer in die Premier League gewechselt. Erwarten Sie ein deutlich höheres Niveau als in den Vorjahren?
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Özil: Auf jeden Fall! Die Vereine haben sehr viel investiert und dabei nicht nur Weltklasse-Spieler, sondern auch Weltklasse-Trainer in die Liga geholt. Alle Mannschaften haben sich verbessert und ich freue mich darauf, mich Woche für Woche mit den besten Spielern der Welt messen und gegen sie beweisen zu können.
SPOX: Dabei sind vor allem die beiden Klubs aus Manchester zu nennen, die enorm aufgerüstet haben...
Özil: Manchester United und Manchester City gehören zu den größten Vereinen in England und werden in der kommenden Saison sehr stark sein. Ich freue mich besonders auf City, wo mit Leroy Sane und Ilkay Gündogan künftig zwei meiner Mannschaftskollegen aus dem DFB-Team spielen. Sie bringen beide eine große Qualität mit und werden die Premier League noch besser machen.
SPOX: Sane lernte wie Sie auf Schalke unter Norbert Elgert das Kicken und entschied sich ebenfalls schon in jungen Jahren für einen Wechsel ins Ausland. Wie bei Ihnen gibt es auch jetzt Kritiker, die den Wechsel für zu früh erachten. Was denken Sie darüber?
Özil: Das kann man überhaupt nicht pauschalisieren, das ist bei jedem Spieler anders. Wenn du reif genug bist und das Gefühl hast, dass dies der richtige Schritt zur richtigen Zeit ist, machst du nichts verkehrt. Ich wusste damals, dass ich es schaffen werde und habe an diesem Glauben immer festgehalten. Leroy kennt seine Qualitäten, ist sehr selbstbewusst und trotz seines jungen Alters bereit für die Premier League. Ich bin mir sicher, dass er sich hier durchsetzen wird.
SPOX: Sie sind privat mit ihm befreundet, waren im Sommer sogar zusammen im Urlaub in Los Angelos. Haben Sie viel über England gesprochen?
Özil: Natürlich war auch die Premier League immer wieder ein Thema. Ich habe Leroy gesagt, dass sie für mich die beste Liga der Welt ist und man sich dort auch als junger Spieler gut weiterentwickeln kann. Deshalb habe ich mich auch sehr für ihn gefreut, als der Wechsel zustande gekommen ist. Er wird unter Pep Guardiola sicher noch um einiges besser werden.
SPOX: Auch Arsenal hat einen Spieler aus der Bundesliga verpflichtet, Granit Xhaka. Wir hat er sich eingelebt und wie ist Ihr erster Eindruck von ihm?
Özil: Ich kenne Granit schon aus der Bundesliga, die ich regelmäßig verfolge. Er bringt eine enorme Qualität und noch mehr Potenzial mit, ist zweikampstark und hat eine super Ballbehandlung. Als ich nach meinem Urlaub zur Mannschaft gestoßen bin, habe ich mich danach erkundigt, wie sich die Neuzugänge bisher machen. Von Granit waren alle überrascht und begeistert. Wir können uns glücklich schätzen, dass er sich für Arsenal entschieden hat.
SPOX: Bisher ist Xhaka allerdings der einzige namhafte Neuzugang Ihrer Mannschaft. Muss Arsenal inmitten des Wettrüstens an der EPL-Spitze noch weiter aktiv werden?
Özil: Diese Entscheidung liegt nicht bei mir, sondern beim Trainer und dem Management. Natürlich beobachten wir alle, wie sich die anderen Mannschaften verstärken und welche Großkaliber in die Liga kommen. Aber es ist nicht meine Aufgabe, mich damit zu beschäftigen. Ich möchte meinen Fußball spielen und der Mannschaft so gut ich kann helfen.
SPOX: Mit welche Erwartungen und Zielen gehen Sie in die kommende Saison?
Özil: Ich möchte vor allem gesund bleiben, das ist das Allerwichtigste. spox
SPOX: Das kann aber nicht alles sein ...
Özil: Ich habe schon immer gesagt, dass ich erfolgreich Fußball spielen und Titel gewinnen möchte. Die englische Meisterschaft fehlt mir noch, genau wie die Champions League.
SPOX: Sie sind vor einigen Tagen ins Training eingestiegen, im letzten Testspiel gegen Manchester City (3:2) standen Sie noch nicht im Kader. Wie ist Ihr Fitnessstand?
Özil: Wir haben in den letzten Tagen hart trainiert, ich bin absolut fit und bereit für die kommenden Aufgaben. Die letzte Saison war sehr lang, in den dreieinhalb Wochen Pause baut man nicht so viel Kondition und Fitness ab. Meist genügen ein paar Tage, um wieder voll da zu sein.
SPOX: Im ersten Spiel wartet mit dem FC Liverpool und Jürgen Klopp (So., 17 Uhr LIVE auf DAZN) sofort ein richtiger Kracher auf Sie. Werden wir Sie dort schon wieder auf dem Platz sehen?
Özil: Für eine Antwort auf diese Frage müssten Sie besser den Trainer anrufen. (lacht) Ich bin heiß und stehe bereit.
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SPOX: Am zweiten Spieltag treffen Sie dann direkt auf den amtierenden Meister Leicester. Wie wichtig ist ein guter Start im Hinblick auf die gesamte Saison?
Özil: Es ist definitiv wichtig, gut in die Saison zu kommen. Vor allem im ersten Spiel wollen wir unbedingt die drei Punkte holen - für uns und unsere Fans. Gleichzeitig ist die Saison aber sehr, sehr lang und wer am Ende wirklich oben mitspielen will, muss konstant seine Leistungen abrufen. Nur so kann man erfolgreich sein.
SPOX: Am Assist-Rekord von Thierry Henry schrammten Sie in der letzten Saison nur haarscharf vorbei. Haben Sie sich geärgert?
Özil: Ich ärgere mich generell nie. Klar war es schade, diese Marke so knapp zu verpassen. Aber Rekorde sind mir nicht wichtig, ich definiere mich viel eher aus dem Erfolg der Mannschaft.
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