Der FC Chelsea erlebt derzeit einen großen Umbruch. Erst wurde der Klub an Todd Boehly verkauft, dann Trainer Thomas Tuchel durch Graham Potter ersetzt und zudem droht der ablösefreie Abgang von N'Golo Kanté. SPOX und GOAL beantworten die wichtigsten Fragen zum möglichen Wechsel des Mittelfeldspielers.
Im Mai 2022 übernahm das amerikanische Konsortium von Todd Boehly den FC Chelsea vom russischen Oligarchen Roman Abramowitsch. Nach nur sieben Spielen und einem durchwachsenen Saisonstart traf Boehly seine erste weitreichende Entscheidung: Er setzte Trainer Thomas Tuchel vor die Tür. Graham Potter übernahm den Posten.
Doch mit dieser Personalie ist der Umbruch nicht abgeschlossen, denn Mittelfeldstar N'Golo Kanté hat wohl das neueste Vertragsangebot von den Blues abgelehnt und droht im Sommer 2023 ablösefrei abzuwandern. Was sind die Beweggründe von Kanté? Wie wahrscheinlich ist ein Abschied? Wohin könnte er wechseln?
N'Golo Kanté und der FC Chelsea: Wie ist die Situation?
Die Verhandlungen um Kantés Vertrag begannen bereits im Jahr 2021, damals noch unter der Führung von Abramowitsch. Chelsea offerierte Kanté eine Vertragsverlängerung über drei Jahre mit Option auf eine vierte Saison. Doch die Sanktionen gegen Abramowitsch und die Übernahme von Boehly ließen den FC Chelsea wirtschaftlich nicht unberührt zurück und so vertagte man die Verhandlungen.
Lange interne Gesprächen ergaben dem Vernehmen nach, dass der Klub nun nicht mehr bereit sei, ein so langes Arbeitspapier auszustellen. Dabei spiele auch die Verletzungsanfälligkeit Kantés eine wesentliche Rolle.
In London wissen sie natürlich: Wenn Kanté fit ist, gehört er zu den besten seines Fachs. Das ist aktuell aber immer seltener der Fall. Der Weltmeister von 2018 laboriert seit dem 2. Spieltag abermals an einer Muskelverletzung. Seit 2021 fehlte er den Blues bereits ganze 18 Wochen.
Bis zum Sommer 2023 läuft der Vertrag des Mittelfeldmotors noch. Die Zeit wird also knapp - und beim neu unterbreiteten Angebot gibt es einen entscheidenden Knackpunkt.
N'Golo Kanté: Warum verlängert er womöglich nicht?
Das neue Vertragsangebot umfasst angeblich eine Laufzeit von zwei Jahren mit der Option auf ein weiteres, also ein Jahr weniger als noch 2021. Zu kurz für Kanté, der sich gerne langfristig binden will und sogar mit einem Karriereende bei den Blues liebäugeln soll.
Zumal Kanté bei seinem neuen Teamkollegen Kalidou Koulibaly sah, dass der Verein durchaus gewillt ist, Ü30-Spieler mit einem "Rentenvertrag" auszustatten. Der 31-jährige Innenverteidiger kam im Sommer aus Neapel in die englische Metropole und durfte sich über einen Vertrag bis 2026 mit Option auf ein weiteres Jahr freuen.
Bei voller Ausschöpfung des Kontrakts wäre Koulibaly stolze 36 Jahre alt. Es ist also nicht verwunderlich, dass Kanté zögert. Zumal er schon einiges - zum Beispiel beim Champions-League-Triumph 2021 - für den Verein geleistet hat. Zudem genießt er ein hohes Ansehen bei den Chelsea-Anhängern.
N'Golo Kanté: Wie wahrscheinlich ist sein Abgang?
Noch lässt sich keine fundierte Prognose abgeben, wie wahrscheinlich ein Abgang von Kanté ist. Die Möglichkeit, dass sich die Vertragsparteien am Ende nicht auf eine Lösung verständigen, besteht jedoch nicht nur wegen Kantés Krankenakte.
Sollte sich das neue Potter-System auch ohne Kanté bewähren, hätte Chelsea sportlich gesehen erst einmal keinen Grund, das derzeitige Angebot zu verbessern. Dem Nachfolger von Tuchel stehen zahlreiche Optionen für die Zentrale zur Verfügung.
An erster Stelle wären da Mateo Kovacic, Jorginho und Mason Mount zu nennen. In Conor Gallagher und Carney Chukwuemeka gibt es zwei weitere vielversprechende Spieler im Kader. Dazu kommt der von Juventus Turin ausgeliehene Denis Zakaria, für den man sich eine Kaufoption gesichert hat.
Nach einem Spiel unter Potter (1:1 gegen RB Salzburg) ist es noch zu früh, um Schlüsse zu ziehen. Falls die sportliche Talfahrt aber weitergeht und sich erst mit einer Rückkehr Kantés ändern sollte, käme Chelsea wohl nicht drumherum, auf dessen Forderungen einzugehen.
Und dann spräche wohl auch für Kanté nichts dagegen, zuzustimmen. Dafür fühlt er sich zu wohl bei den Blues - auch sein Charakter lässt nicht gerade vermuten, dass er nachtragend ist.
imago imagesFC Chelsea: Die nächsten fünf Spiele
Datum | Wettbewerb | Gegener | Spielort |
Samstag, 01. Oktober 2022 | Premier League, 9. Spieltag | Crystal Palace | Selhurst Park Stadium, London |
Mittwoch, 05. Oktober 2022 | Champions League, 3. Spieltag | AC Mailand | Stamford Bridge, London |
Samstag, 08. Oktober 2022 | Premier League, 10. Spieltag | Wolverhampton Wanderers | Stamford Bridge, London |
Dienstag, 11. Oktober 2022 | Champions League, 4. Spieltag | AC Mailand | San Siro, Mailand |
Sonntag, 16. Oktober 2022 | Premier League, 11. Spieltag | Aston Villa | Villa Park, Birmingham |
N'Golo Kanté: Wohin könnte er wechseln?
Sollte Kanté den FC Chelsea aber verlassen, gäbe es freilich zahlreiche Interessenten. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt sollen schon einige Top-Klubs ihr Interesse bekundet haben. Laut The Athletic sind es zwei englische Teams und jeweils ein Verein aus Spanien, Frankreich und sogar Deutschland. Konkrete Namen gingen aus dem Bericht nicht hervor.
Bei den englischen Klubs, die für einen potenziellen Transfer in Frage kommen könnten, handelt es sich wohl um die üblichen Verdächtigen: Manchester United, FC Liverpool, FC Arsenal, Manchester City und Tottenham Hotspur. Finanzielle Sorgen hat bekanntlich ohnehin kein Verein der Premier League.
Beim spanischen Interessenten sieht das wiederum anders aus. Hier deutet nach dem Abgang von Casemiro vieles auf Real Madrid hin. Doch auch der FC Barcelona oder Atletico Madrid kämen in Frage. Insbesondere die Katalanen stellten im Sommer unter Beweis, dass ihr Schuldenberg sie nicht davon abhält, hochkarätige Transfers zu tätigen. Zumal die Akte Frenkie de Jong noch nicht geschlossen scheint.
Aus Frankreich dürfte wohl nur Paris Saint-Germain eine ernsthafte Option darstellen. PSG verfolgt weiterhin das große Ziel, die Champions League zu gewinnen - und dafür werden seit Jahren die besten Spieler der Welt geholt. Das Mittelfeld ist schon herausragend besetzt und wurde im vergangenen Sommer weiter prominent verstärkt. Vitinha, Fabian Ruiz, Renato Sanches und Carlos Soler haben sich dem Starensemble angeschlossen - obwohl mit Marco Verratti und Danilo Pereira bereits zwei hochklassige Spieler im Verein waren.
In der Bundesliga gilt der FC Bayern als attraktivste Lösung. Mit seinem derzeitigen Jahresgehalt von geschätzten rund zehn Millionen Euro wäre Kanté aber wohl auch für RB Leipzig und Borussia Dortmund zu stemmen.
N'Golo Kanté: Zu welchem deutschen Team passt er?
Finanziell darstellbar ist Kanté nur für die drei genannten Top-Klubs. Beim FC Bayern wäre die Konkurrenz im Mittelfeld jedoch immens. Mit Leon Goretzka und Marcel Sabitzer stehen Trainer Julian Nagelsmann gleich zwei renommierte Spieler neben dem gesetzten Joshua Kimmich zur Verfügung. Außerdem soll Talent Ryan Gravenberch aufgebaut werden.
Trotzdem wollte man mit Konrad Laimer in diesem Sommer einen weiteren Akteur, der in der Zentrale eingesetzt werden kann, verpflichten. Doch RB Leipzig blieb standhaft. Nun könnte der Österreicher - wie auch möglicherweise Kanté - zur neuen Saison ablösefrei wechseln.
Für den Fall, dass Laimer nicht doch noch bei den Sachsen verlängert, würde in Leipzig Handlungsbedarf herrschen. Ein Mittelfeld mit Xaver Schlager, Kevin Kampl und Amadou Haidara wäre schließlich wohl etwas zu dünn für die Ambitionen des Vereins besetzt.
Auch Borussia Dortmund würde Kanté gut zu Gesicht stehen. Neben dem gesetzten Jude Bellingham laufen derzeit der defensiv orientierte Salih Özcan und wahlweise Emre Can oder auch Julian Brandt auf. Der aktuell verletzte Mahmoud Dahoud gehört ebenfalls zum erweiterten Stammspielerkreis.
Ein klassischer Box-to-box Spieler könnte sowohl die BVB-Offensive als auch die Defensive stabilisieren und deutlich aufwerten. Zudem halten sich hartnäckige Gerüchte um einen Abgang Bellingham.