Real Madrid scheidet gegen Underdog CD Leganes aus der Copa del Rey aus. Trainer Zinedine Zidane weiß, dass sein Stuhl wackelt. Ist schon vor dem Kracher gegen Paris Saint-Germain Schluss?
Zinedine Zidane ist ein Realist. Als der Franzose kürzlich nach seinem verlängerten Vertrag gefragt wurde, entgegnete er trocken, dass es letztlich auch nur ein kündbarer Vertrag sei. Diese Erkenntnis könnte ihn schon bald einholen, erfolgte doch am Mittwochabend in der Copa del Rey der neue Höhepunkt der königlichen Krise.
Mit einem 1:0-Auswärtssieg ging Real in das Heimspiel gegen CD Leganes. Eine einfache Aufgabe, geradezu ein Kinderspiel. Das deutete Zidanes Aufstellung. Der Franzose nominierte einen Kader ohne Toni Kroos, Cristiano Ronaldo, Marcelo und Gareth Bale. Doch Theorie ist keine Praxis.
Leganes erzielte nach einem Ballverlust Reals in der Defensive die Führung. In der zweiten Halbzeit gelang das Kunststück erneut nach einer Ecke. 1:2 hieß es nach 90 Minuten, daran änderten auch die Einwechslungen von Luka Modric und Dani Carvajal nichts mehr. Real ist raus - nun auch noch im Pokal.
"Bleibt nur noch die Champions League"
Der eingewechselte Carvajal fasste im Anschluss zusammen: "Uns bleibt nur noch die Champions League." Die Meisterschaft ist im Rennen mit dem FC Barcelona schon lange gelaufen, das weiß auch ein Realist wie Zidane. Umso merkwürdiger, dass er den Pokalwettbewerb derart auf die leichte Schulter nahm.
Nun wird Real ohne nationalen Titel aus der Saison gehen müssen. In besagter Champions League derweil wartet mit Paris Saint-Germain ein starker Gegner und Zidane als Realist ... gut, das sollte klar sein.
Es wird ein enges Rennen werden um die Qualifikation für das Viertelfinale und die Tendenz geht derzeit mit Sicherheit nicht in Richtung Madrid.
"Ganz klar", antwortete Zidane auf die Frage, ob er gegen PSG um seinen Job spielen würde. Was für den Franzosen sicher ist, darf aber doch in Frage gestellt werden. Die beiden Spiele gegen Paris sind die letzten Chance auf einen Titel - die letzte Chance auf die erneute Titelverteidigung in der Champions League.
Zidane oft überfragt
Die Frage, ob Präsident Florentino Perez in diese Endspiele mit einem derart angeschlagenen Trainer gehen will, ist durchaus berechtigt. Zidane ist derzeit in Erklärungsnot, doch seine Antworten fallen zusehends unbefriedigend aus.
"Ich weiß es nicht", ist ein Satz, der zuletzt immer häufiger auf Pressekonferenzen des 45-Jährigen fällt. Ich weiß nicht, warum wir wieder zwei Gegentore bekommen haben. Ich weiß nicht, warum offensiv trotz großer Namen so wenig zustande kommt. Ich weiß nicht, woher diese Krise kommt.
Seine Lösungsansätze sind wenig überzeugend. "Wir müssen weiter arbeiten", sagte Zidane nach der bitteren Pokal-Nacht, die er als die schlimmste seiner Zeit als Trainer bei Real Madrid beschrieb. "Weiter arbeiten" wollen die Königlichen immerhin schon seit Wochen, angesichts der Leistungen fragt sich mancher Fan, in welche Richtung eigentlich gearbeitet wird.
Zu viele individuelle Fehler
"Wir suchen eine Lösung, damit das Team wieder effizienter wird", führte der Coach an. 69 Prozent Ballbesitz, 16 Schüsse in Richtung Tor, drei Schüsse auf das Tor. Effizienz ist so eine Sache, schließlich wirken sich viele Faktoren auf die Umsetzung von Chancen aus.
Nicht zuletzt Ronaldo ist in der laufenden Saison ein gutes Beispiel dafür. Beim Portugiesen ist der Wurm drin - das zählt aber auch für manch anderen Spieler des Kaders. Und dennoch trifft Real in nahezu jedem Spiel - nur reichen die Tore nicht immer aus, um alle individuellen Fehler auszugleichen.
Die Mannschaft hat derzeit zu viele Baustellen, oftmals wirkt sie verunsichert oder lustlos. "Wir haben in der ersten Halbzeit nicht gekämpft", meinte Zidane. Er ärgerte sich: "Ich will immer eine wettbewerbsfähige Mannschaft aufstellen. Das kann man über das Team von heute nicht sagen."
PSG kommt immer näher
Wenig Kampf, zu wenig Tore und zu viele Gegentore: Das Real dieser Tage und Wochen gibt Rätsel auf. Aus der eigentlich so perfekt zusammengestellten Mannschaft ist sehr schnell eine ungeordnete Truppe geworden - und das, obwohl Real einen vermeintlich guten Transfer-Sommer hingelegt hatte.
Junge Spieler für die zweite Reihe wurden eingekauft, mehrfach schnappte Real der Konkurrenz den Wunschspieler vor der Nase weg. Einzig zwei Planstellen blieben offen: Torhüter Keylor Navas wurde auf Wunsch von Zidane nicht ersetzt, und im Werben um Kylian Mbappe behielt PSG die Oberhand.
Das Szenario, nämlich gegen die Franzosen den Kürzeren zu ziehen, ist am 14. Februar, wenn das Hinspiel im Champions-League-Hinspiel steigt, um jeden Preis zu vermeiden. Real muss bis dahin allerlei Defizite abstellen oder zumindest in den Griff bekommen. Ob Zidane weiß, welche Knöpfe zu drücken sind, darf zumindest bezweifelt werden; ob Reals Probleme dann überhaupt noch seine sind ist, auch.