4,5 Millionen Euro legte Borussia Dortmund für seinen Wunschspieler Robert Lewandowski hin. Doch was kann der Shootingstar der polnischen Liga überhaupt? Auf welch einen Typen muss sich die Bundesliga einstellen? SPOX stellt den 21-Jährigen vor.
Gut zwei Jahre ist es nun her, als man sich rund um Dortmund verwundert die Augen rieb. Kurz vor Saisonbeginn 2008/2009 tauschte die Borussia den beliebten Torjäger Mladen Petric gegen den formschwachen HSV-Reservisten Mohamed Zidan.
Auch wenn es Petric' Wunsch war, den Verein zu verlassen und der BVB bis heute jeden Euro gut gebrauchen kann, mutete dieser Transfer - trotz der besonderen Beziehung zwischen Trainer Jürgen Klopp und Zidan - doch eher seltsam an. Die Fans begleiteten dieses Geschäft mit reichlich Wut (Petric) und Skepsis (Zidan).
Große Erwartungen
Ein knappes Jahr später, im Juli 2009, wiederholte sich die Geschichte: mit Alexander Frei gab Dortmund erneut einen wechselwilligen Torjäger und Liebling der Fans ab, dessen Transfererlös direkt in den komplett unbekannten Lucas Barrios reinvestiert wurde. Auch damals war nicht klar, ob Barrios die große Lücke so schnell schließen kann. Wie der Neu-Paraguayer letztlich einschlug, ist mittlerweile bekannt. An Frei denkt in Dortmund niemand mehr.
Nach zwei exzellenten Spielzeiten unter Klopp und der Qualifikation für die Europa League, weht der Wind in Dortmund nicht grundlegend, aber immerhin ein wenig anders.
Mit dem Transfer von Robert Lewandowski, der für 4,5 Millionen Euro von Lech Posen an den Rheinlanddamm wechselte, fügt der BVB seinem Kader Qualität zu, ohne einen anderen Leistungsträger abzugeben. Dieser kleine (Transfer-)Schritt nach vorne wird von Seiten der Anhänger mit Vorfreude auf das, was da kommen mag, quittiert.
Im letzten Jahr noch "zu leicht"
Doch wer ist dieser Lewandowski überhaupt und welche Rolle soll er in Klopps Mannschaft spielen?
Wenig ist bisher bekannt über den 21-Jährigen. Das liegt vornehmlich daran, dass der polnische Fußball weiterhin ein stiefmütterliches Dasein abseits der Öffentlichkeit fristet.
Dennoch oder gerade deswegen war es für die Dortmunder Verantwortlichen keine leichte Aufgabe, den Nationalspieler zu sich zu lotsen. Bereits vor einem Jahr wurde Lewandowski zum Frei-Nachfolger auserkoren, dann allerdings für "zu leicht" befunden, wie es Klopp nun ausdrückt. Also blieb man in Kontakt und verständigte sich darauf, dass der Pole ein weiteres Jahr in der Ekstraklasa reifen soll.
68 Tore in 117 Partien
Dieser Plan ging vollkommen auf: im vergangenen Jahr wurde Lewandowski polnischer Meister, Torschützenkönig (18 Treffer) und Spieler des Jahres - mehr ist kaum möglich.
"Es gab seit 15, 20 Jahren kein solches Talent im polnischen Fußball. In der kurzen Zeit, in der er nun Profifußballer ist, hat er in Polen alles erreicht. Mehr ging für ihn nicht. Es gab für ihn keine Herausforderung mehr", sagt Ex-Profi Thomas Sobotzik, ein Kenner des polnischen Fußballs, gegenüber SPOX.
Lewandowski ist in den letzten Jahren jeweils Torschützenkönig der 3., 2. und 1. polnischen Liga geworden. In 117 Spielen gelangen ihm dabei 68 Treffer.
Dortmunds schwierigster Transfer
"Legia Warschau hat ihn vor vier Jahren noch weggeschickt und gesagt, er wäre nicht gut genug für sie", lacht sich Lewandowski-Berater Cezary Kucharski im Gespräch mit SPOX ins Fäustchen.
Kucharski, früher selbst Stürmer, war einer der Gründe, warum es so lange dauerte, bis sein Klient beim BVB unterschrieb. Dortmund hatte mit dem Spieler längst Einigung erzielt, musste sich jedoch auf ein wochenlanges und zähes Ringen mit Lech Posen und Kucharski einlassen.
"Im polnischen Fußball ist es leider immer noch nicht ganz einfach, einen Transfer zu bewerkstelligen. Alles was man aus Deutschland kennt, kann man getrost vergessen. Ich weiß nicht, wie es bei diesem Wechsel ablief, aber es mischen mitunter Leute mit, die sich mit einem Transfer lebenslang sanieren wollen", erklärt Sobotzik.
"Keine Wunderdinge erwarten"
Als es dann endlich klappte, schnaufte auch BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke laut durch: "Es war der schwierigste Transfer, den wir je auf die Beine gestellt haben, weil die Parteien miteinander verkeilt waren. Aber wir haben den Knoten lösen können."
Seit fast zwei Wochen trainiert Lewandowski nun mit seinem neuen Team. Beim Trainingsauftakt ließ er direkt mit drei Treffern gegen einen Bezirksligisten aufhorchen - in 20 Minuten Spielzeit. Am Dienstag traf er drei Minuten nach seiner Einwechslung per Fallrückzieher zum Ausgleich im Testspiel gegen die Sportfreunde Lotte (4:1).
Doch ob sein Weg beim BVB trotz dieser vielversprechenden Ansätze weiterhin so steil nach oben verlaufen wird wie bisher, bleibt abzuwarten. Neues Land, neues Umfeld, neue Mannschaft - Sportdirektor Michael Zorc diktierte bereits bei Lewandowskis Vorstellung den Journalisten in die Notizblöcke, dass man "keine Wunderdinge erwarten sollte. Er wird sicher etwas Zeit benötigen."
"Ein ähnlicher Typ wie Torres"
Sobotzik ist da beim "Familienmenschen Lewandowski" (Kucharski) anderer Meinung: "Er steht mit beiden Beinen auf dem Boden und ist charakterlich einwandfrei. Er ist nie negativ aufgefallen und wird keine großen Schwierigkeiten haben, sich an das neue Umfeld zu gewöhnen."
Mit ein Grund für diese Annahme könnte neben der Tatsache, dass ihm mit Kuba Blaszczykowski und nun auch Lukasz Piszczek zwei Kollegen aus dem Nationalteam zur Seite stehen, auch Lewandowskis Flexibilität sein: "Er ist ein kompletter Stürmer. Er schießt Tore mit links, mit rechts, mit dem Kopf und ist spielerisch stark. Er ist flexibel einsetzbar und hat eigentlich keine feste Position. Ich weiß, dass ich damit auf die Kacke haue, aber er ist von der Spielweise her ein ähnlicher Typ wie Fernando Torres. In Polen hat er am besten funktioniert, wenn er eine echte zentrale Spitze vor sich hat, die die Mitte hält und er um diesen Spieler herum spielt", so Sobotzik weiter.
Es bleibt jedoch bisher Klopps Geheimnis, auf welcher Position er Lewandowski einsetzen wird. Der Coach wird in der Vorbereitung vornehmlich zwei Fälle testen: im bewährten 4-2-3-1 könnte Lewandowski die zentrale Position des verletzten Zidan einnehmen und somit um Stürmer Barrios herum spielen. Möglich ist laut Klopp allerdings auch eine Systemumstellung auf zwei Spitzen mit dem bald 22-Jährigen neben Barrios.
Wo und ob Lewandowski beim Saisonstart im DFB-Pokal gegen Wacker Burghausen spielt, wird die weitere Vorbereitung entscheiden. Sobotzik wäre "überrascht, wenn er nicht gleich in der Startformation stehen würde", und fügt an: "Wenn er es nicht schafft, dann weiß ich auch nicht..."