Nach sechs Siegen und einem Remis unter Schubert in der Bundesliga gelingt Gladbach auch in der Champions League der erste Dreier. Die Handschrift des neuen Chef-Trainers ist deutlich erkennbar, vor allem seine personellen Entscheidungen tragen Früchte.
Mit einer imposanten Choreographie erinnerten die Anhänger Borussia Mönchengladbachs an denkwürdige Europapokal-Abende in der Geschichte der Fohlen. Darunter das 5:1 gegen Real Madrid aus dem Jahre 1985, das 3:2 gegen den FC Arsenal 1996 und 2:0 gegen Juventus Turin 1975. Die Message, schlicht wie einfach: Gladbach würde einen dieser Abende brauchen, um den amtieren Europa-League-Champion FC Sevilla zu schlagen und somit weiter Hoffnung auf das Überwintern in Europa haben zu dürfen.
Es sollte ein solcher Abend werden. Mit 4:2 schlug eine aufopferungsvoll kämpfende Mannschaft die Gäste aus Spanien und kann die Europa League nun in jedem Fall aus eigener Kraft erreichen, zusätzlich auf eine Punkteteilung oder Niederlage Sevillas gegen Turin hoffen. Dass in der laufenden CL-Saison kein Team häufiger auf das Tor schoss als Gladbach am Mittwochabend (28), beschreibt den Wandel dieser Mannschaft in den vergangenen Wochen ebenso gut wie der Blick auf das Hinspiel, in dem die Borussia hoffnungslos unterlegen war und von Sevilla auseinander genommen wurde.
Die neue oder besser wiedergewonnene Stärke der Mannschaft hat viele Faktoren wie etwa Andre Schuberts im Vergleich zu Lucien Favre offensive Spielweise, seinen Mut, Korrekturen vorzunehmen, und seine Motivationsfähigkeit. Gleichzeitig zeigt sich, dass sein Credo "die Spieler sollen Fehler machen" alles andere ist als eine lehre Phrase. Statt die Defensiv-Fehler seiner Mannschaft anzusprechen, wie man es bei seinem Vorgänger gewohnt war, lobte er sein Team in höchsten Tönen und sprach von einem "Genuss, ihnen zuzugucken".
Vor allem aber seine personellen Entscheidungen und der Umgang mit seinen Profis stechen heraus und tragen Früchte. Der 44-Jährige, der seit Mitte November einen Profivertrag besitzt, schenkte Spielern das Vertrauen, die unter Favre eine untergeordnete Rolle spielten, und nahm Positionsänderungen vor, die sich längst erfolgreich auszahlen.
Andreas Christensen
Mit riesigen Vorschusslorbeeren kam der Däne als Leihgabe vom FC Chelsea, wo er intern als Nachfolger John Terrys eingeplant ist, zur Borussia. Der 19-Jährige nutze die Vorbereitung, um sich zu empfehlen und stand am ersten Spieltag gegen den BVB auch in der Startelf, wobei man nicht vergessen darf, dass die Verletzen-Situation auch wenig anderes zuließ. Nach dem 0:4 gegen den BVB verlor Christensen seinen Startelf-Platz und kam unter Favre erst am 5. Spieltag gegen Köln wieder zum Einsatz. Seit Schubert an der Seitenlinie steht, ist der Däne aus Gladbachs Innenverteidigung nicht mehr wegzudenken, machte jedes Spiel von Beginn an und überzeugte durch herausragendes Stellungsspiel, intelligenten Spielaufbau und sogar offensive Akzente. In der Form führt an Christensen in Gladbachs Innenverteidigung kein Weg vorbei.
Mahmoud Dahoud
Wie oft wurde Dahoud vor der Saison nicht schon in die erste Elf Gladbachs geredet und verbrachte die Spielzeit dann doch zumeist bei den Amateuren. Unter der Regie des Schweizers Favre war der 19-Jährige zu Saisonbeginn nur 12. Mann und durfte nur einmal von Beginn an ran. Nach dem Trainerwechsel verpasste Dahoud kein Spiel mehr und glänzte im Mittelfeld als Ballverteiler mit einer Passqoute von fast 90 Prozent, Zweikämpfer, Torschütze und Vorlagengeber. "Ich fühle mich großartig, es macht großen Spaß, Teil dieser Mannschaft sein zu dürfen", beschreibt er seine Situation. Dass nun angeblich schon europäische Top-Klubs ein Auge auf Dahoud geworfen haben sollen, wird man in Gladbach mit einem Schmunzeln aufnehmen.
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Julian Korb
Zu Beginn der Saison noch Zeitarbeiter, hat sich Korb inzwischen auf der Rechtsverteidigerposition festgespielt. Schubert hält große Stücke auf den 23-Jährigen und zieht ihn Tony Jantschke vor, mit dem Korb in den vergangenen Jahren immer um seine Einsätze ringen und aufgrund der schwächeren Defensiv-Qualitäten oft zurückstecken musste. Schubert, in dessen Spielidee zwei hochstehende, offensiv agierende Außenverteidiger elementar sind, schätzt Korbs Stärken, der über einen ausgeprägten Vorwärtsdrang, eine gute Technik und ein hohes Tempo verfügt. Korb freut sich über die neuen Freiheiten und zahlte dem Trainer das Vertrauen bisher mit ausgezeichneten Leistungen zurück.
Lars Stindl
In Hannover hinter den Spitzen am erfolgreichsten, stellte Favre Stindl dennoch zunächst auf der Doppelsechs auf und versuchte, die Lücke, die durch den Abgang Christoph Kramers entstanden war, mit ihm zu füllen. Als auch Favre diesen Versuch nach Stindls schwachen Leistungen in der Liga und in der Champions League als gescheitert ansah, probierte er ihn auf der Zehn und auf dem rechten Flügel aus - mit ebenfalls mäßigem Erfolg.
Schubert beorderte den Neuzugang in die Sturmspitze, wo dieser seitdem aufblüht. Stindl ist wettbewerbsübergreifend Gladbachs bester Torschütze, erzielte zudem bereits zum fünften Mal das wichtige 1:0. Von Stindls neuer Position profitiert ein anderer Spieler aber fast genauso.
Raffael
Vergleicht man Raffaels Bilanz der laufenden Saison unter Favre und Schubert, ergibt sich ein eklatanter Unterschied. Während der Brasilianer in den ersten fünf Saisonspielen an keinem einzigen Tor beteiligt war, trug er sich seit dem sechsten Spieltag gleich zwölf Mal in die Scorerliste ein. Dazu kommen ein weiterer Treffer und eine Vorlage in der Champions League. Mitverantwortlich dafür ist auch Stindl, mit dem Raffael in der Spitze außergewöhnlich gut harmoniert. Gleichzeitig zieht der agile Stindl oftmals mehrere Gegenspieler auf sich und verschafft Raffael damit Räume, die er zu Saisonbeginn nicht hatte, als er als alleinige Spitze oder mit Josip Drmic auflief.
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Gladbach - Sevilla: Die Statistik zum Spiel