Stefan Kuntz, früherer deutscher U21- und türkischer A-Nationaltrainer, hat über die Probleme deutsch-türkischer Talente bei der Entscheidung für eine Nationalmannschaft gesprochen.
"Manche, die möglicherweise gerne für Deutschland spielen würden, haben nicht wirklich eine Wahl, weil von ihnen einfach auch ein Stück weit erwartet wird, für das Land ihrer Eltern zu spielen", betonte Kuntz im Interview mit t-online.de.
Ein Vorteil für die Türkei sei dabei auch, dass dort der schnellere Sprung in die A-Nationalelf winkt. "Wenn Toni di Salvo einen Spieler anruft und zur U21 einlädt, der aber gleichzeitig höflich ablehnt, weil er ein Angebot der türkischen A-Mannschaft hat - da sind einem die Hände gebunden", erklärte Kuntz, der im September 2023 nach fast exakt zwei Jahren als Türkei-Coach entlassen wurde.
Zudem sei die Nachwuchsausbildung "in der Türkei nicht so gut wie in Deutschland, insbesondere wenn man auf Fußballakademien oder Nachwuchsleistungszentren schaut. Talente in Deutschland, wie Kenan (Yildiz, der zuletzt für die A-Elf der Türkei debütierte, d. Red.) oder auch Can Uzun vom 1. FC Nürnberg, sind besser ausgebildet als gleichaltrige türkische Spieler. Entsprechend schnell werden diese Jungs für die A-Nationalmannschaft der Türkei berufen, während sie in Deutschland erst noch die Jugendmannschaften durchlaufen müssten."
Kuntz, von 2016 bis 2021 deutscher U21-Nationalcoach, hatte bei 20 Länderspielen für die Türkei an der Seitenlinie gestanden. Dabei standen zwölf Siegen fünf Niederlagen gegenüber, drei Partien endeten unentschieden.
Unter Kuntz-Nachfolger Vincenzo Montella hatten die Türken im Oktober dann bereits das Ticket zur EM 2024 in Deutschland gelöst.