Der 18-jährige Japaner Takashi Usami bringt Louis van Gaal zum Schwärmen. Der Bayern-Coach bestätigte das Interesse an dem Offensivspieler von Gamba Osaka und sagte: "Er ist ein großes Talent. Er wäre eine Option als Nummer zehn gewesen", bevor Usami den Münchnern eine Absage erteilte.
Doch was kann der Teenager, den die halbe Bundesliga beobachtet und 2010 zum besten Talent der J-League gewählt wurde? Die beiden Japan-Experten Gert Engels und Karsten Neitzel stellen Usami vor.
Engels (53) arbeitet seit über 20 Jahren als Trainer in Japan und war zuletzt Chefcoach von Urawa Red Diamonds. Neitzel (43) wiederum assistierte bis Ende 2010 Volker Finke, Engels Nachfolger bei Urawa.
Takashi Usami: Sein Parallelen zu Shinji Kagawa
GettyGert Engels: Usami wird offiziell als offensiver Mittelfeldspieler geführt und kann auf den Flügeln und als Zehner auflaufen, ähnlich wie Kagawa zu seiner Zeit bei Cerezo Osaka wurde er von Gamba auch im Sturm eingesetzt. Kagawa hat sich im Gegensatz zu Usami aber ein ganz anderes Standing erarbeitet. Bei Cerezo lief alles über Kagawa, er war der Leader, er trug die größte Verantwortung, er wurde Torschützenkönig der 2. Liga, er ist Nationalspieler. Soweit ist Usami noch nicht.ImagoKarsten Neitzel: Gewisse Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen, aber Usami muss erst einmal beweisen, das er tatsächlich so ein Ausnahmespieler ist. Bei Cerezo lief alles über Kagawa, bei Gamba jedoch ist die Konkurrenzsituation im Sturm und Mittelfeld ungleich größer, weswegen Usami auch immer wieder auf der Bank saß oder früh ausgewechselt wurde. Den Druck, den Kagawa schon in Japan Woche für Woche gespürt hat, kennt er noch nicht.Takashi Usami: Seine Stärken
GettyGert Engels: Das Gefühl im Fuß, die vorbildliche Ballannahme in Spielrichtung - schon an den Kleinigkeiten erkennt man sofort, über welch großes Potenzial Usami verfügt. Seine herausragende Stärke ist aber sein Abschluss, vor allem in dem Alter. Er braucht sehr wenige Chancen und ist vor dem Tor extrem cool.ImagoKarsten Neitzel: Was mir besonders aufgefallen ist: sein Fußball-Instinkt. Er verfügt über eine Gabe, die man nur sehr schwer oder gar nicht trainieren kann: Usami weiß immer genau, wie er sich zu bewegen hat oder wann er im richtigen Moment in den Straftraum dringen und sich am kurzen Pfosten absetzen muss. Sein Timing ist wahnsinnig gut. Beim letzten Spiel von Volker Finke und mir für Urawa gegen Gamba, das Halbfinale des japanischen Pokals, wurde er eingewechselt und schoss das 2:1 in der Verlängerung. In dieser Aktion wurden all seine Qualitäten deutlich.Scouting-Teil II: Takashi Usamis Schwächen und seine Perspektive
Takashi Usami: Seine Schwächen
GettyGert Engels: Mein Rat an ihn: Er muss sein Phlegma ablegen. Für jemanden, der ihn seit über einem Jahr beobachtet und sich nicht auf Highlight-DVDs verlässt, wirkt er auf dem Platz etwas gleichgültig. So ein Eindruck darf eigentlich nicht entstehen, in Deutschland kann er sich so etwas nicht leisten. Vom Talent und vom Körper bringt er alles mit, aber zu einer großen Karriere gehören auch der Kopf und das Herz.ImagoKarsten Neitzel: Wie bei fast jedem japanischen Offensivspieler könnte man meinen, dass er zu schmächtig ist. Andererseits hat sich auch Kagawa durchgesetzt. Usami ist ein solch überragender Fußballer, dass er die physischen Defizite kompensieren kann, davon bin ich überzeugt.Takashi Usami: Seine Perspektive
GettyGert Engels: Schade, dass er den Bayern abgesagt hat. Mit 18 Jahren ist er zwar sehr jung für einen Wechsel, dennoch hätte er sich in München weiterentwickelt. In München wäre er zunächst jemand für die zweite Mannschaft gewesen, aber alleine schon Kurzeinsätze in der Bundesliga und das Training mit den Profis würden ihn weiterbringen. Vermutlich hat ihn die Aussicht, für die zweite Mannschaft zu spielen, aber dann doch nicht behagt. Er hat seinen Anspruch, spielte mit Gamba in der asiatischen Champions League und in Japan um den Titel. Ich bin sicher: Wenn er sein Phlegma ablegt, wird er ein Großer. Es gibt genug Interessenten, auch aus der Bundesliga.ImagoKarsten Neitzel: Usami ist ein sehr spannendes Projekt. Auf der einen Seite steht sein großes Potenzial, auf der anderen Seite sehe ich das Risiko, sollte er nach Europa sofort zu einem Topklub wechseln und sich womöglich nicht durchsetzen. Der weitere Karriereverlauf eines Spielers wird maßgeblich zwischen seinem 18. und 22. Lebensjahr entschieden. Eine Saison auf der Bank kann ein Talent wegstecken, doch nach zwei Saisons ohne Wettkampfpraxis verliert man enorm am Leistungsvermögen. Ein Bundesliga-Klub, der nicht ganz so hohe Ambitionen wie die Bayern verfolgt, geht mit Usami jedoch keinerlei Risiko ein. Er gehört zum Kreis von fünf, sechs Nachwuchsspielern aus Japan, denen ich sehr viel zutraue.Ein Juwel aus Japan: Takashi Usami im Steckbrief