Bei den Grasshoppers Zürich in der Schweiz wurde er zum Star, im Trikot des FC Bayern München gewann er praktisch alles und schoss viele Tore. Nur wenige wissen jedoch, dass der brasilianische Stürmer Giovane Elber seine ersten Schritte in Europa im Trikot der AC Mailand machte.
Es war im Sommer 1991, als sich die beiden Manager des Mailänder Vereins, Ariedo Braida und Adriano Galliani, nach talentierten Spielern für die Zukunft umsahen. Die Augen der beiden Milan-Verantwortlichen fielen auf einen jungen brasilianischen Stürmer, der seine ersten Schritte in der Welt des Fußballs bei Londrina und sich bei der U20-Weltmeisterschaft in jenem Jahr einen Namen gemacht hatte, bei der er mit drei Toren auffiel.
Die Brasilianer verloren zwar das Finale im Elfmeterschießen gegen ein Portugal mit Luis Figo und Rui Costa, aber Elber spielte im gesamten Turnierverlauf eine herausragende Rolle und wurde am Ende sogar mit dem Silbernen Ball als zweitbester Spieler des Turniers ausgezeichnet.
Die Verantwortlichen der Rossoneri erwarben daraufhin die Rechte an dem am 23. Juli 1972 in Londrina geborenen Stürmer und holten das junge brasilianische Talent nach Italien. Elber nahm mit der Mannschaft an einigen Freundschaftsspielen im Sommer teil, konnte aber nicht offiziell registriert werden.
Trotz des Drucks von Staatspräsident Silvio Berlusconi, der immer wieder forderte, dass italienische Vereine ausländische Spieler frei oder zumindest in größerer Zahl verpflichten dürfen, sahen strenge Vorschriften vor, dass jede Mannschaft nur drei ausländische Spieler auflaufen lassen durfte.
Elber: Zwei Jahre an Grasshoppers ausgeliehen
Da Milan mit Frank Rijkaard, Ruud Gullit und Marco van Basten zum Zeitpunkt der Elber-Verpflichtung drei absolute Stars im Kader hatte, war es für Elber damals unmöglich, auch nur daran zu denken, eine führende Rolle bei den Rossoneri zu spielen. So wurde der junge Stürmer auf Leihbasis zu den Grasshoppers in die Schweiz geschickt, wo er reifen sollte - und auf die Änderung der Ausländerregelung in Italien wartete.
In Zürich zeigte Elber, der bei seiner Ankunft dort erst 19 Jahre alt war, was in ihm steckt. Er fand sofort zu seinem Spiel und erzielte neun Treffer in der Liga. Im Sommer 1992 kehrte er zur Saisonvorbereitung zur AC Mailand zurück und nahm auf Anweisung von Trainer Fabio Capello im Juni am Columbus Cup teil, einem Wettbewerb, den die Rossoneri nach Siegen gegen Vancouver, Hong Kong und den FC Porto gewannen. Danach folgte ein Freundschaftsspiel gegen eine kanadische Auswahl.
In diesen Spielen zeigte Elber seine Qualitäten: wendig, gute Bewegungen im Strafraum und ein starker Torriecher. Die Milan-Fans fingen an, ihn lieb zu gewinnen. Sie begannen, von einem Sturmduo van Basten und Elber zu träumen. 1992 trat dann endlich die von Berlusconi lang ersehnte Regeländerung in Kraft: Italienische Vereine durften ab sofort eine unbegrenzte Anzahl an ausländischen Spieler verpflichten und spielen lassen.
gettyElber: 28 Tore in 36 Spielen
Jetzt dachten viele, dass sich die Tür in der Serie A für Elber weit öffnen könnte. Doch Milan hatte andere Pläne und verpflichtete andere Ausländer: Zvonimir Boban wurde aus Bari zurückgeholt, Dejan Savicevic von Roter Stern Belgrad und Jean-Pierre Papin von Olympique Marseille gekauft. Insgesamt standen damit sieben Ausländer im Rossoneri-Kader.
Das war dem Verein dann plötzlich ein wenig zu viel. Er entschloss sich, den jüngsten Spieler abzugeben - Elber. Der Geopferte musste auf Leihbasis zu den Grasshoppers zurückkehren. Nicht, dass die Schweizer etwas dagegen hatten: In seiner zweiten Saison erzielte er 28 Tore in 36 Spielen.
Im Sommer 1993 war Elber mit seinen 21 Jahren bereit für den großen europäischen Fußball. Er war zuversichtlich, dass er eine Chance bei Milan bekommen würde. In einem Interview mit der Gazzetta dello Sport erklärte er, dass er bleiben wolle und von Braida die Zusicherung erhalten habe, dass er bleiben werde. Der Manager der Rossoneri teilte ihm mit, dass er nicht an Borussia Dortmund verkauft wird, das an ihm interessiert war, und dass er wahrscheinlich seine Chance in Mailand oder auf Leihbasis bei Aufsteiger Reggiana bekommen werde.
Nach den Freundschaftsspielen im Sommer behielt Milan Elber aber erneut nicht im Kader. Der Grund: Berlusconi kaufte weiter ein. Rijkaard und Gullit verabschiedeten sich zwar, dafür wurden Brian Laudrup und Florin Raducioiu geholt, bevor im November auch noch der Franzose Marcel Desailly kam. Wieder einmal war kein Platz für Elber. Der Stürmer verabschiedete sich daraufhin für immer von der AC Mailand, dem Verein, der ihn nach Europa geholt hatte, ihm dann aber nie die Gelegenheit gegeben hatte, sich in offiziellen Spielen zu bewähren.
Elber wurde an die Grasshoppers verkauft, und von der Schweiz aus startete er seinen Höhenflug zu großen Erfolgen. 1993/94 gewann er den Pokal und wurde mit 21 Toren Torschützenkönig der Schweizer Liga, was ihm im folgenden Jahr einen Wechsel in die Bundesliga zum VfB Stuttgart einbrachte. In Deutschland etablierte sich der ehemalige Rossoneri dann als einer der besten Torjäger Europas.
gettyElber: Champions-League-Sieger mit dem FC Bayern
In drei Jahren beim VfB erzielte er 41 Tore und bildete mit Fredi Bobic und dem Bulgaren Krassimir Balakov das sogenannte "magische Dreieck". 1997 wechselte er zum FC Bayern München. Dort begann eine Zeit voller Triumphe: In sechs Spielzeiten bei den Bayern schoss er 92 Tore in der Bundesliga, 23 in der Champions League und er gewann alles: vier Meisterschaften, vier DFB-Pokale, vier Ligapokale und vor allem die Champions League in der Saison 2000/01. 2003 wurde er zudem mit 21 Treffern Torschützenkönig der Bundesliga.
2006 wechselte Elber zu Olympique Lyon nach Frankreich. Nach Stationen bei Borussia Mönchengladbach und in seiner Heimat bei Cruzeiro beendete er im Alter von 34 Jahren seine Karriere. Die Milan-Fans hatten Recht: Der Verein wird es immer bedauern, Elber nicht den Platz und damit die Chance gegeben zu haben, den er verdient gehabt hätte.