Der 1. FC Kaiserslautern wagt nach dem Abstieg einen Spagat zwischen Konstanz und Zäsur. Die finanziellen Einschnitte erhöhen den Druck auf Trainer Krassimir Balakow immens, dem Team steht ein umfangreicher Wandel bevor. Klub-Boss Stefan Kuntz erntet Kritik, er selbst wettert gegen "Heckenschützen". Dennoch muss er sich erklären. SPOX beleuchtet die wichtigsten Brennpunkte beim FCK.
1. Welche (finanzielle) Dimension hat der Abstieg für den FCK?
Schon manches Mal wurde den FCK-Verantwortlichen in dieser Saison vorgeworfen, die dramatische sportliche Lage zu verkennen und die Situation schönzureden. Doch geht es um die Einordnung des mittlerweile feststehenden Abstiegs, wählt Vorstandsboss Stefan Kuntz Worte, die klarer kaum sein könnten: "Was wir in vier Jahren aufgebaut haben, wird in wenigen Wochen vernichtet."
Der dritte Gang in die Zweitklassigkeit nach 1996 und 2006 wird auf zahlreichen Ebenen schwerwiegende Veränderungen mit sich bringen - besonders in finanzieller Hinsicht. Der Lizenzspieleretat wird kommende Saison von knapp 16 Millionen auf zehn Millionen Euro reduziert, zudem werde die "finanzielle Belastbarkeit mit jedem weiteren Zweitliga-Jahr abnehmen" (Kuntz).
Immerhin: Der Verein hat sich auf den worst case vorbereitet. Alle Spieler mit noch laufenden Verträgen kassieren nach SPOX-Informationen in der 2. Liga automatisch 40 Prozent weniger Gehalt.
GettyFinanzielle Herkulesaufgabe
Auch bei den Zuschauereinnahmen ist mit deutlichen Rückgängen zu rechnen. Alleine in der laufenden Spielzeit kamen rund 70.000 Fans weniger als noch in der Saison 2010/2011.
Des Weiteren stellt die Zahlung der Stadionmiete in Höhe von 3,2 Millionen Euro (plus 2,5 Millionen Unterhaltskosten) für einen Zweitligisten eine Herkulesaufgabe dar, zumal die Stundung von 1,2 Millionen bis 2014 an die Hoffnung auf den direkten Wiederaufstieg gebunden ist.
Im administrativen Bereich sollen hingegen keine Veränderungen vorgenommen werden. "Wir können mit gleicher Personalstärke in der Verwaltung planen", versprach Kuntz - allerdings nur unter Voraussetzung des sofortigen Wiederaufstiegs. Wird der verpasst, sind auch hier Einschnitte unumgänglich.
Neues Gesicht für die Mannschaft
Auf sportlicher Ebene sind die wichtigen Weichen bereits gestellt: Kuntz selbst denkt trotz eines nicht unerheblichen Vertrauensverlustes in seine Person seitens der Anhänger nicht an Rücktritt, er wolle weiterhin "vorneweg marschieren".
Auch Chefcoach Krassimir Balakow soll beim Projekt Wiederaufstieg eine zentrale Rolle spielen und genießt trotz sechs Pleiten in sieben Spielen das vollste Vertrauen der Chefetage. Bei den Fans ist sein Kredit jedoch begrenzt, es gab bereits erste "Balakow-raus"-Rufe.
Dazu wird der auslaufende Vertrag von Torwarttrainer und FCK-Legende Gerry Ehrmann um zwei weitere Jahre verlängert. Zuletzt gab es Gerüchte, Ehrmann würde den Betzenberg verlassen. Die Fans protestierten massiv, beim letzten Heimspiel gegen Dortmund gab es zahlreiche Plakate und Gesänge pro Ehrmann.
Während im Bereich der sportlichen Leitung also auf Konstanz gesetzt wird, soll das Team ein völlig neues Gesicht erhalten. Kuntz stellte jüngst klar: "Die Mannschaft zusammenhalten möchte ich gar nicht. Wir müssen einen sehr großen Schnitt machen."
2. Wer bleibt vom Absteiger-Team übrig?
3. Was brachte bzw. bringt der Trainerwechsel?
4. Welche Folgen hat der Abstieg für Klubboss Stefan Kuntz?
2. Wer bleibt aus dem Absteiger-Team übrig?
"Jeder Spieler hat bis zum Schluss der Saison die Chance, sich hier zu präsentieren", predigte Balakow nach dem 0:2 gegen Nürnberg. Doch für manche Spieler scheint die Tür längst zugestoßen - sei es aus sportlichen oder finanziellen Gründen. Andere wiederum wollen gar nicht erst bleiben.
So zum Beispiel Keeper-Talent Kevin Trapp, der sich wohl einen neuen Arbeitgeber in der Bundesliga suchen wird. "Ich hatte ihm verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie er mit seinem Bleiben ein außergewöhnliches Zeichen setzen könnte", hadert Kuntz: "Er hat unser Angebot aber abgelehnt." Trapp wird in Bremen, Wolfsburg und Gelsenkirchen gehandelt.
Leihspieler dürfen gehen
Dazu werden zahlreiche Leihspieler wieder nach Hause geschickt. Null-Tore-Stürmer Sandro Wagner, der von Fans und Medien zum Exempel für die verkorkste Rückrunde auserkoren wurde, darf ebenso gehen, wie seine Offensivkollegen Nicolai Jörgensen (Vertrag gilt nur für Bundesliga) und Dorge Kouemaha (Ablöse bei Kaufoption utopisch). Auch Thanos Petsos und Lucas wird der FCK bei der Rückkehr nach Leverkusen wohl keine Steine in den Weg legen.
Andere wichtige Stützen wie Kapitän Christian Tiffert ("Ich habe dem Verein sehr viel zu verdanken") oder Publikumsliebling Tobias Sippel ("Ich bin keiner, der davonläuft") hingegen wollen bei der Mission Wiederaufstieg vorangehen. Letzterer führte bereits Gespräche mit dem Verein, die Zeichen auf Einigung stehen sehr gut.
Zudem wird auch der Vertrag von Oldie Alexander Bugera, der sich zuletzt mit einem starken Auftritt in Berlin empfahl, verlängert.
Hoffnungsträger Wooten
Dazu kommen neue Hoffnungsträger wie Regionalliga-Goalgetter Andrew Wooten. Der 22-Jährige, der bei den Amateuren der Roten Teufel diese Saison bereits 20 Mal knipste, erhielt von Marco Kurz nie eine Chance.
Auch Balakow ignorierte ihn lange Zeit, doch nachdem der Ruf der Fans immer lauter wurde, ließ ihn der Bulgare in Berlin erstmals von Beginn an. Wooten traf prompt - und Balakow sammelte Pluspunkte beim FCK-Anhang: "Unsere Fans haben Recht gehabt. Man muss auch mal auf sie hören."
Mittlerweile steht Wooten nach SPOX-Informationen kurz vor der Unterschrift seines ersten Profivertrages, der aller Voraussicht nach bis 2015 laufen wird.
Was wird aus Millionenflop Shechter?
Auch Youngster Julian Derstroff könnte helfen, die katastrophale Chancenverwertung dieser Saison vergessen zu machen. Der 20-jährige Linksaußen deutete in der Rückrunde mehrmals sein Potenzial an, auch wenn die Diskrepanz zwischen Licht und Schatten bei ihm noch außerordentlich groß ist. Dazu kehrt Ilijan Micanski vom FSV Frankfurt zurück, wo die Winter-Leihgabe in 13 Spielen acht Treffer verbuchen konnte.
Offen ist der Ausgang bei Itay Shechter. Der 2,5-Millionen Euro teure Sommer-Neuzugang, der an den eigenen Anpassungsproblemen verzweifelte, hat noch drei Jahre Vertrag. Die Tür beim FCK steht ihm nach wie vor offen, Klarheit über seine Zukunft herrscht jedoch noch lange nicht.
1. Welche (finanzielle) Dimension hat der Abstieg für den FCK?
3. Was brachte bzw. bringt der Trainerwechsel?
4. Welche Folgen hat der Abstieg für Klubboss Stefan Kuntz?
3. Was brachte / bringt der Trainerwechsel?
Die blanken Fakten sind ernüchternd. Klassenerhalt um Längen verfehlt, 3 von 21 möglichen Punkten geholt, Torverhältnis 6:16. Viel schlechter hätte auch Marco Kurz nicht abschneiden können. Doch auf den zweiten Blick bringt die Verpflichtung von Krassimir Balakow große Chancen mit sich - Risiken inklusive.
Mit Balakow wurde der Weg für einen symbolischen Neuanfang geebnet. Dass dieser in der 2. Liga beginnen wird, hatte sich schnell abgezeichnet. Schließlich beteuerte Balakow mehrmals, kein Feuerwehrmann zu sein. Der "Konzepttrainer ohne Stallgeruch" ist trotz des verpassten Klassenerhalts "außen vor" (Kuntz).
Erste Andeutungen einer Spielidee
Auch wenn der Bulgare noch nicht die erwünschten Ergebnisse liefern konnte, spiegeln sich manche seiner Handgriffe bereits auf dem Platz wieder. So wirkte das Spielkonzept der Roten Teufel in Berlin wieder nachvollziehbar und deutlicher strukturierter als noch unter Kurz.
Der Ex-Coach schien stets auf eine tiefstehende Abwehr und Geistesblitze der Angreifer gesetzt zu haben, eine echte Spielidee war jedoch am Ende nicht mehr unbedingt zu erkennen.
Bezeichnend dafür ist eine Aussage von Florian Dick, der im Interview mit "11Freunde" auf die Frage, wie der FCK gegen Stuttgart bestehen wolle, antwortete: "Hinten wollen wir kompakt stehen und vorne haben wir vielleicht das Glück, dass ein Stürmer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz steht, in einen Ball hineinrutscht und wir das Spiel 1:0 gewinnen."
Hält Grünschnabel Balakow dem Druck stand?
Dieser "Plan" funktionierte zwar in der vorherigen Spielzeit, als noch Knipser wie Srdjan Lakic und Kreativposten wie Jan Moravek die Offensive bildeten, nach deren Abgängen konnte die Lücke allerdings durch Shechter, Vermouth und Co. zu keiner Zeit geschlossen werden.
Völlig offen ist indes, ob Balakow den Lasten des Aufstiegsdrucks standhalten kann. Vorgänger Kurz kannte die 2. Liga, er wusste, wie man aufsteigt. Darauf wie sich "Grünschnabel" Balakow in seiner ersten echten Trainersaison in Deutschland schlägt, darf man gespannt sein.
1. Welche (finanzielle) Dimension hat der Abstieg für den FCK?
2. Wer bleibt vom Absteiger-Team übrig?
4. Welche Folgen hat der Abstieg für Klubboss Stefan Kuntz?
4. Welche Folgen hat der Abstieg für Klub-Boss Stefan Kuntz?
Eigentlich gibt es an der Person Stefan Kuntz nichts auszusetzen. Der FCK-Boss hat den Verein 2008 in seiner schwärzesten Stunde übernommen und ihn, wenn auch nur für zwei Jahre, zurück in die Bundesliga geführt.
Doch auf den zweiten Blick ist Kuntz bei den FCK-Anhängern nicht mehr unumstritten. Der Thron wackelt - ein bisschen zumindest. Es werden immer mehr Stimmen laut, die das Wirken von Kuntz auf dem Betzenberg kritisch hinterfragen. Nicht untypisch möchte man meinen, angesichts der miserablen Bilanz des Absteigers. Bleibt der Erfolg aus, sind die Kritiker nicht weit.
Kritik an Transferpolitik - Aufsichtsrat fordert Besserung
Kaiserslautern alleine gab in dieser Saison mehr Geld für neue Spieler aus als die Konkurrenten Augsburg, Freiburg und Berlin zusammen. Keiner der Neuzugänge schlug ein. Kuntz übt sich hierbei in einem Interview mit "fr-online" in Selbstkritik: "Es war ein Fehler, vor dem zweiten Erstligajahr keinen Sportdirektor einzustellen."
Allerdings möchte er die Schuld auch nicht alleine auf sich nehmen: "Ich bin kein Trainer und kein Spieler. Teile der Verantwortlichkeit dürfen da auch abgegeben werden."
Selbst der Aufsichtsrat des FCK äußerte sich jüngst in einer Stellungnahme zur verfehlten Transferpolitik: Das sportliche Ergebnis sei "zutiefst unbefriedigend", was auch auf die Erfolglosigkeit der Neuzugänge zurückgeführt wird. In diesem Zusammenhang "fordert der Aufsichtsrat noch bessere Mechanismen und Strukturen für die Auswahl der Spieler des Lizenzspielerkaders".
Da der Aufsichtsrat selbst jede transferpolitische Entscheidung absegnen muss, beinhaltet die Stellungnahme allerdings auch eine Menge Selbstkritik.
Vorwurf der Vetternwirtschaft
Auch ein weiterer Kritikpunkt wird Kuntz gerne vorgehalten. In Bezug auf den Personalstab, den er um sich schart, fällt immer öfter das Wort Vetternwirtschaft. Seine Schwägerin leitet einen Fanshop, sein Bruder war als Scout für den FCK tätig.
"Entscheidend ist doch, dass durch Fakten belegt werden kann, dass durch ihre Arbeit (der Schwägerin, Anm. d. Red.) vieles besser geworden ist. Bei meinem Bruder ist es eher so, dass er uns einen Gefallen getan hat, indem er noch zu Zweitligazeiten auf 400-Euro-Basis Spiele angeschaut hat. Das ist doch keine Vetternwirtschaft", wehrte sich Kuntz in der "FAZ".
Mit Marco Haber und Roger Lutz bekleiden zudem gleich zwei ehemalige Weggefährten den Posten des Team-Managers. Es drängt sich die Frage auf, warum sich Lautern diesen Luxus leistet, statt den offensichtlich benötigten Sportdirektor einzustellen.
"Roger und Marco haben lange hier gespielt und verkörpern den FCK bis zum Gehtnichtmehr. Das war so lange gut, bis bestimmte Leute angefangen haben, in allem einen negativen Dreh zu sehen. Da wird dann kritisiert, dass wir zwei Teammanager haben, obwohl andere Vereine bis zu fünf Personen um die Mannschaft herum haben und zusätzlich noch einen Sportdirektor", entgegnet der gebürtige Saarländer.
Auch der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, Frank Lelle, begleitet Kuntz schon lange. Zunächst als Co-Trainer in Karlsruhe, Mannheim und Aalen, dann als Spielerberater der Agentur Stars & Friends, mit deren Gründer Lars-Wilhelm Baumgarten Kuntz seit seiner Bochumer Zeit eng zusammenarbeitet.
Kuntz muss sich erklären
Als Reaktion auf die Kritik an Kuntz wurde nun auf Drängen der Fans eine außerordentliche Mitgliederversammlung für den 9. Mai einberufen. Diese soll laut Kuntz dazu dienen, "in so einem emotionalen Umfeld, in dem anonym teilweise haarsträubende Gerüchte in Umlauf gebracht werden, aufzuklären und sich den Fragen der Mitglieder zu stellen."
Dabei will der FCK-Boss auch gegen "Heckenschützen" vorgehen, die "mit unwahren Behauptungen" Vorstand und Aufsichtsrat des Vereins attackierten. "Wir werden alle Fehler und die aktuelle Situation des Vereins am 9. Mai offenlegen", versprach Kuntz.
Insbesondere er muss sich erklären, will er die Kritik an seiner Person verstummen lassen. Damit auch sein Thron wieder sicher steht und das Ziel Wiederaufstieg nicht durch Personaldebatten gefährdet wird.
2. Wer bleibt vom Absteiger-Team übrig?