Europa vs. USA. Am Freitag beginnt auf dem Albatros-Kurs des Le Golf National Golf Clubs in der Nähe von Paris der Ryder Cup (8 Uhr im LIVETICKER).
Was bedeutet das? Nun, das bedeutet in erster Linie mal, dass jeder anständige europäische Golf-Fan seit geraumer Zeit von Tag zu Tag heißer auf das Event wird.
Dass er sich zum Beispiel in Dauerschleife Highlights vom Miracle @Medinah reinzieht, einfach nur Ian Poulter auf Twitter folgt (natürlich war Poults am Montagmorgen der erste Spieler auf der Range, natürlich!) oder ohne Begründung einfach immer wieder "EUROPE! EUROPE! EUROPE!" grölen muss.
Bei der Frage, wer denn im Vorfeld des Ryder Cups für SPOX ein passender Gesprächspartner wäre, war die Antwort schnell gefunden: Stephen Atkinson. Stephen wer?
Stephen Atkinson ist ein 56-jähriger Engländer, der in diesem Jahr in die Schlagzeilen geriet, weil er dem europäischen Kapitän Thomas Björn einen mehr als unterhaltsamen Brief schrieb, in welchem er ihm mitteilte, dass er nicht für einen Wildcard-Pick zur Verfügung stehen würde.
"Schweren Herzens": Absage an Ryder-Cup-Kapitän
"Schweren Herzens muss ich dir mitteilen, dass ich mir wünsche, dass du mich nicht für den diesjährigen Ryder Cup berücksichtigen sollst", schrieb Atkinson. Eigentlich unverständlich, denn wie er auch in seinem Brief anmerkte, hatte Atkinson gerade die West Hill Monatsmedaille gewonnen und war brutal in Form.
Björn reagierte sichtlich enttäuscht auf die Absage und stattete Atkinson einen Überraschungsbesuch ab. Wie Atkinson seine Zeit im Rampenlicht erlebte, erzählt er im SPOX-Interview. Außerdem: der ultimative Ryder-Cup-Tipp.
SPOX: Stephen, für alle, die es nicht mitbekommen haben, wie kam es überhaupt dazu, dass Sie Björn einen Brief geschrieben haben?
Stephen Atkinson: Meine Kinder haben mich ständig damit aufgezogen, dass ich gesagt habe, dass ich mich technisch gesehen ja durchaus für den Ryder Cup qualifizieren könnte.
SPOX: Was ja stimmt.
Atkinson: Eben. Ich habe aktuell Handicap 6. Wenn ich das runter bekommen hätte auf 2 oder 3, hätte ich es theoretisch in die British Amateur Championship schaffen können, danach theoretisch in die Open Championship und dann hätte ich eine Wildcard bekommen können. Also eindeutig möglich! (lacht)
SPOX: Absolut. Wäre zwar ein Wunder gewesen, aber warum nicht.
Atkinson: Auf jeden Fall hatte ich dann eines Tages im Büro mal zehn Minuten übrig und dachte, es wäre doch witzig, wenn ich Thomas absagen würde. Ich habe die Adresse im Internet gefunden und den Brief geschrieben. Ich habe mir nichts weiter dabei gedacht, aber sieben Tage später war plötzlich die Hölle losgebrochen.
SPOX: Weil plötzlich auch Thomas Björn leibhaftig vor Ihrer Tür stand.
Atkinson: Ich habe die Tür aufgemacht und konnte nicht glauben, dass Thomas dastand. Ich war leicht geschockt und dachte mir, das läuft ja alles völlig aus dem Ruder. (lacht) Aber ich hatte natürlich den Sonntag meines Lebens. Es war ein unbeschreibliches Erlebnis. Jetzt habe ich ein Bild vom Ryder Cup auf meinem Kaminsims.
SPOX: In Ihrem Brief schreiben Sie, dass Sie in der Weltrangliste auf Platz 52.187 liegen.
Atkinson: 52.187 hörte sich für mich irgendwie treffend an. Ist es aber wohl nicht.
SPOX: Und Sie schreiben, dass Sie der Kapitän der Babalou Golf Society sind. Was kann ich mir darunter vorstellen?
Atkinson: Wir sind eine kleine Golf-Gemeinde, die es genießt, eine schöne Runde Golf zu spielen und ein Glas Wein zu trinken. Nicht immer in der Reihenfolge, sei hier angemerkt. (lacht)
SPOX: Haben Sie Ihre Absage eigentlich nicht bereut? Unter Umständen sind Sie aktuell besser in Form als Sergio Garcia. Aber okay, seine Top-10-Platzierung in der vergangenen Woche beim Portugal Masters gibt ja Hoffnung.
Atkinson: Ich liege zwar in der Babalou Player of the Year League momentan auf Rang drei, aber ich bin trotzdem einer derjenigen, der die Wildcard für Sergio für die richtige Entscheidung hält.
Ryder Cup 2018: Kader Team Europa (Kapitän: Thomas Björn/SWE)
Spieler | Nationalität |
Justin Rose | England |
Rory McIlroy | Nordirland |
Tommy Fleetwood | England |
Jon Rahm | Spanien |
Francesco Molinari | Italien |
Tyrrell Hatton | England |
Alex Noren | Schweden |
Thorbjörn Olesen | Dänemark |
Henrik Stenson | Schweden (Pick) |
Ian Poulter | England (Pick) |
Paul Casey | England (Pick) |
Sergio Garcia | Spanien (Pick) |
SPOX: Wirklich? Klar, seine Aura im Team Room darf nicht unterschätzt werden. Dennoch fehlt mir irgendwie ein Rafa Cabrera-Bello und Matt Wallace hat auch ein überragendes Jahr gespielt. Sind Sie insgesamt zufrieden mit dem europäischen Team?
Atkinson: Absolut. Ich glaube, dass Europa eine großartige Mischung aus erfahrenen Spielern und Rookies aufbieten kann. Der Schlüssel wird sein, dass sie in europäischer Manier als echtes Team auftreten und die Zuschauer ein Faktor werden.
SPOX: Auf was für Pairings freuen Sie sich?
Atkinson: Hier in Whitby gibt es hervorragende Krabbengerichte, dazu einen schönen exquisiten Wein der Domaines Ott. Das ist doch ein schönes Pairing.
SPOX: Sie sind wirklich ein Spaßvogel. Ich sehe schon, Pairings sind dann wohl mein Thema. Auf der europäischen Seite erwarte ich definitiv, dass Rory McIlroy mit Jon Rahm spielen wird. Außerdem muss Ian Poulter mit Tyrrell Hatton spielen, mehr Feuer geht nicht. Bei Team USA ist davon auszugehen, dass Patrick Reed und Jordan Spieth in den Foursomes getrennt werden, da könnten die Duos dann wohl Reed/Woods und Spieth/Thomas heißen. Sind die Amis für Sie insgesamt die Favoriten?
Atkinson: Sie glauben sicher selbst, dass sie mit diesem tief besetzten Team die Favoriten sind und müssen wahrscheinlich gegen ihr etwas zu großes Selbstbewusstsein ankämpfen. Eines ist ja klar: Egal wie gut sie auf dem Papier sind oder in der Vergangenheit waren, die Schlacht haben sie deshalb nicht immer gewonnen.
SPOX: Tigers Sieg bei der Tour Championship gibt Team USA natürlich Auftrieb. Wird Tiger ein großer Faktor? McIlroy sprach auf der Pressekonferenz davon, dass Tiger auch nur einer von zwölf Spielern des US-Teams wäre. Ist das wirklich so? Mittlerweile gehe ich nicht mehr davon aus, dass Tiger nur drei Matches spielen wird, er wird mehr spielen, dafür ist er zu gut drauf.
Atkinson: Wenn er gewinnt, wird er denke ich mit Captain Furyk sprechen und auf jeden Fall immer weiterspielen wollen. Ich glaube, dass Tiger der Star des US-Teams sein wird.
SPOX: Seit 25 Jahren (1993 @TheBelfry) hat Team USA nicht mehr in Europa gewonnen. Der Heimvorteil, gerade auf diesem Platz, ist ein extremer Faktor. Die Hälfte des US-Teams hatte den Platz bis zu dieser Woche noch nie gespielt. Würden Sie zustimmen, dass der Kurs den Unterschied ausmachen kann?
Atkinson: Auf jeden Fall. Golf National ist zwar in gewisser Weise ein "amerikanischer" Kurs, der einer US Open etwas ähnelt, aber generell kennen ihn die Europäer natürlich viel besser. Und das Setup ist sehr ähnlich zur Open de France. Ich glaube außerdem, dass Björn das Captain-Duell für sich entscheiden wird. Er macht auf mich einen sehr entschlossenen Eindruck und die Spieler lieben ihn.
SPOX: Was sind Ihre liebsten Ryder-Cup-Erinnerungen?
Atkinson: Ich war zweimal selbst live vor Ort, 1977 und 2010, das waren herausragende Erlebnisse. Außerdem schießt mir in den Kopf, wie Brian Barnes 1975 zweimal an einem Tag gegen Jack Nicklaus gewonnen hat. Und generell alles, was mit Seve zu tun hatte.
Ryder Cup 2018: Kader Team USA (Kapitän: Jim Furyk)
Spieler |
Dustin Johnson |
Brooks Koepka |
Justin Thomas |
Jordan Spieth |
Rickie Fowler |
Bubba Watson |
Webb Simpson |
Tiger Woods (Pick) |
Bryson DeChambeau (Pick) |
Phil Mickelson (Pick) |
Tony Finau (Pick) |
SPOX: Was macht den Ryder Cup für Sie so besonders? Wer die Atmosphäre einmal selbst vor Ort erlebt habt, gerade Freitagmorgen am ersten Tee, wird immer sagen, dass es nichts Größeres auf der Welt geben kann.
Atkinson: Die einzigartige Atmosphäre ist für mich auch das Großartigste am Ryder Cup. Und die Fans, die in Europa ihr Team so lautstark, aber immer fair, anfeuern. "There's only two Molinaris!" Wo auf der Welt gibt es sonst solche Gesänge? Es ist traumhaft.
SPOX: Ich wäre ja deshalb dafür, den Ryder Cup jedes Jahr auszutragen. Den Presidents Cup braucht doch absolut niemand.
Atkinson: Das mag sein, aber jedes Jahr diese Ryder-Cup-Anspannung? Das würde ich nicht aushalten.
SPOX: Abschließend, es ist Zeit für einen ultimativen Tipp. Ich sage: 14,5:13,5 Europa. Ich bin überzeugt davon, dass der taffere Platz (keine Mickey-Mouse-Fahnenpositionen wie in Hazeltine!) Europa liegt. Rosey wird das Team zum Sieg führen und Rahm wird als Rookie groß aufspielen.
Atkinson: Ich gehe d'accord mit dem Tipp. Ich würde auch einen knappen Sieg für Europa voraussagen. MVP wird für mich Frankie Molinari, der Junge ist einfach so cool unter Druck.