Mit der PGA Championship ist das letzte Major des Jahres zu Ende gegangen. Die Erkenntnisse: Tiger Woods braucht Trainerstunden bei Steve Schneiter, Christof Dufner ist ein höchst seltsamer Typ, Wurzeln nerven - und ein Nobody hat wirklich Eier. Ach ja, SPOX kennt schon die Major-Sieger 2012...
10. Tiger, Du bist schlechter als Steve Schneiter! Kennen Sie Steve Schneiter? Nein? Macht nix, das Par-10 kannte ihn bis zur PGA Championship auch nicht. Schneiter ist 47 Jahre alt und gibt Golf-Unterricht im Schneiter's Pebble Brook Golfclub in Sandy im US-Bundesstaat Utah. Und er spielt besser Golf als Tiger Woods. Klingt unfassbar, ist unfassbar. Schneiter sollte dringend seinen Stundensatz erhöhen. Denn er kann mal seinen Enkeln erzählen, wie er Tiger Woods den Hintern versohlt hat. Er war aber nicht der einzige Club-Pro, der besser abschnitt als Tiger. Da waren auch noch Jeff Coston, Sean Dougherty, Bob Sowards und Mike Small. Letzterer schaffte sogar den Cut. Es fällt wirklich schwer, Tigers "Leistung" in Worte zu fassen.
An Tag eins war er mit seiner 77 gleich gut wie ein gewisser Jerry Pate. Der Typ hat in dieser Saison 30.000 Dollar auf der Senioren-Tour eingespielt und zum letzten Mal 1983 (!) bei einem Major den Cut überstanden. Woods machte in zwei Tagen 22 Mal Bekanntschaft mit einem Bunker, war 4 Mal im Wasser und schrieb insgesamt 5 Doppel-Bogeys auf die Scorekarte. So viele wie noch nie. Es war das dritte Mal, dass Tiger einen Cut bei einem Major verpasste. Und es war überhaupt erst das siebte Mal, dass er in seiner Karriere am Wochenende nicht mehr auftauchte. In 260 Starts. Das zeigt übrigens auch, wie unglaublich stark er einmal war.
9. Der alte und der neue Tiger: Der Witz an Tigers Woche war, dass sie ja eigentlich so gut begonnen hatte. Woods lag nach seinen ersten fünf Löchern drei unter Par und stand ganz oben auf dem Leaderboard. Doch dann gab es ein verhängnisvolles Treffen: Der alte Tiger traf den neuen Tiger.
Der neue Tiger war so gut gestartet, weil er extrem fokussiert auf seine Technik war. Ganz mechanisch ging er an die Sache heran - und es funktionierte. Es funktionierte aber leider so gut, dass der alte Tiger sich in seinen Kopf schlich und ihm ungefähr folgendes einflüsterte: "Hey, vergiss die Schwunggedanken, Du bist Tiger Woods, Du bist der King der Majors, es läuft, hau doch einfach drauf!"
Genau das tat Woods und wurde dafür böse bestraft. Er ist bei weitem noch nicht so weit, einfach wieder aus dem Gefühl heraus zu spielen. Tiger ist nicht Superman. Auch Tiger braucht Training. Du kannst nicht monatelang verletzt sein und dann meinen, ein Major zu gewinnen.
Woods machte zwischendurch immer wieder großartige Schläge, er schlägt den Ball vor allem viel weiter als früher, er leistete sich aber auch brutalste Hooks in die Bäume. Das Schlimmste muss für ihn gewesen sein, dass die Fans schon Mitleid mit ihm hatten. "Kopf hoch, Tiger!" - wer hätte gedacht, dass man das einmal hören würde.
8. Was nun, Herr Woods? Das Gute: Tiger ist nach langem wieder fit und kann ohne Schmerzen Golf spielen. Er braucht Zeit, dann wird er auch wieder zu seinem Spiel finden. Und er wird auch wieder gewinnen. Auch Majors. Da bleibt das Par-10 eisern. Die Frage ist nur, wann er überhaupt sein nächstes Turnier spielen wird? Für die FedEx-Cup-Playoffs ist er nicht qualifiziert - und bei den kleineren Turnieren im Herbst wird er kaum aufteen. Europa wäre eine Option, aber das kann man sich auch nur schwer vorstellen.
So wird sein nächstes Turnier wohl die Australian Open im November sein. Eine Woche später findet der Presidents Cup in Melbourne statt. US-Captain Fred Couples hat gesagt, dass er Woods eine Wildcard geben wird, sofern dieser gesund ist. Tiger wird also wohl im Team sein. Sein nächstes wirklich wichtiges Turnier wird Woods aber erst 2012 spielen können. Man kann nur hoffen, dass wir dann wieder einen anderen Tiger sehen. Bis dahin, mach's gut, Tiger. Und immer schön üben.
7. So nicht, Steve Williams! Die große Story vor der PGA Championship war der Kleinkrieg, den Caddie Steve Williams anzettelte, nachdem er von Tiger entlassen worden war. Williams trägt jetzt die Tasche von Adam Scott spazieren und drehte nach dem Sieg seines neuen Arbeitgebers beim Bridgestone Invitational komplett am Rad. Williams nahm Scott, der die Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte, die Schlagzeilen weg und erklärte in einem Interview, dass es sein schönster Sieg seiner Karriere sei. Einfach nur unfassbar lächerlich. Scott heulte des Weiteren herum, dass Tiger ihn nicht persönlich von der Trennung informiert hätte.
Mal ganz davon abgesehen, dass das wohl eine glatte Lüge ist, war das Verhalten von Williams bodenlos. Hallo, was meinst Du eigentlich, wer Du bist, Steve? Du hast fast zehn Millionen Dollar verdient, weil Du die Tasche von Tiger tragen durftest. Du bist ein Caddie, verdammt! Nichts gegen die Arbeit von Caddies, aber wie sich Williams aufspielte, war nicht zu ertragen. Da das Par-10 ein Freund der klaren Worte ist, muss das an dieser Stelle auch mal so deutlich gesagt werden. Williams wurde mit Scott übrigens Siebter, war also klar besser als Woods. Freu dich, Stevie. Freu dich...
6. Superman Rory und die Wurzel: Da kommst Du als US-Open-Champ und einer der großen Favoriten zum letzten Major des Jahres und nach drei Löchern ist alles vorbei, weil dein blöder Ball genau hinter einer Wurzel liegen bleibt. Und weil du mal wieder Superman spielen musst, voll draufzimmerst und Dir dabei das Handgelenk kaputt machst. Auch wenn er noch weiterspielte und die Woche zu Ende brachte, war McIlroys Turnier mit diesem Schlag gelaufen.
Rory ist bekannt für seinen Hang zu heldenhaften Schlägen. Das soll auch gar nicht zu sehr kritisiert werden. Man stelle sich vor, welche Schläge wir nie gesehen hätten, wenn Phil Mickelson immer vernünftig gehandelt hätte. Dennoch ist es ein schmaler Grat zwischen aggressiv und dumm.
TV-Experte Jay Townsend hatte McIlroy vor ein paar Wochen bei der Irish Open wegen seines mangelhaften Course Managements heftig kritisiert, worauf McIlroy via Twitter zurückschlug. Townsend sei doch sowieso nur ein Versager, der in seiner Spielerkarriere nie was gerissen hat. Und er solle doch einfach die Klappe halten. Kritik an seinem Caddie J.P. Fitzgerald wies McIlroy auch dieses Mal zurück ("Er ist mein Caddie, nicht mein Vater"), aber ein bisschen mehr Vernunft wäre in Zukunft schon angebracht. McIlroy nimmt sich jetzt ein paar Wochen frei und wird in Cincinnati seiner Freundin Caroline Wozniacki beim Tennis zuschauen. Kann man machen.
5-1: Kaymers Major-Jahr, der Zombie und die Helden 2012
5. Kaymers Major-Jahr: Cut verpasst beim Masters, 39. Platz bei der US Open, 12. Platz bei der British Open, Cut verpasst bei der PGA Championship - Kaymers Major-Bilanz 2011 ist durchwachsen. Man muss nicht lange drum herumreden, da hätte man sich mehr erwartet. Und vor allem er selbst hätte sich mehr erwartet.
Wenn man sagen würde, dass Kaymer eine schlechte Saison spielt, wäre das schlicht und ergreifend falsch, aber es fehlt im Moment so ein bisschen der letzte Tick. Bei der PGA Championship spielte er nach eigenen Angaben sehr ordentlich, lochte aber viel zu wenige Putts. Mit nur vier Birdies an zwei Tagen kommt man eben nicht weit.
Dazu kommt, dass Kaymer momentan nach einem anstrengenden Jahr, in dem er die Nummer eins der Welt wurde und viel auf ihn einprasselte, etwas müde wirkt. Es ist und bleibt eine Mini-Krise auf hohem Niveau. Andere wären froh, sie hätten Kaymers sorgen. Ernie Els, Graeme McDowell und Co., Ihr seid gemeint.
Kaymer ist nicht weit davon entfernt, wieder Spitzengolf zu zeigen. Gut möglich, dass er 2011 noch ein Turnier gewinnt. Ach ja, wie er wirklich gespielt hat, können wir nicht sagen, denn wir haben ihn ja nicht gesehen. Wie die TV-Regie den Titelverteidiger und die Nummer drei der Welt (jetzt die Nummer vier) zum wiederholten Male ignoriert hat, war eine Frechheit. Punkt.
4. Lee und Luke, Ihr gewinnt nie eins! Es ist mal wieder Zeit, um zu erklären, wie unfassbar Golf ist. Die letzten sieben Majors wurden von sieben verschiedenen Spielern gewonnen, die allesamt zum ersten Mal siegten. Wir schauen uns einfach mal die letzten sechs Champs vor der PGA Championship an.
Graeme McDowell? Unser Ryder-Cup-Held G-Mac steckt in einer tiefen Krise und trifft absolut keine Kugel mehr. Louis Oosthuizen? Hat den jemand seit seinem British-Open-Sieg 2010 gesehen? Kaymer? Verpasste den Cut. Masters-Champ Charl Schwartzel ist die rühmliche Ausnahme und spielte bei allen vier Majors in dieser Saison stark. McIlroy haben wir bereits thematisiert. Und Darren Clarke? Der war neben Oldie Larry Nelson und Richard Green der einzige Spieler, der in zwei Tagen nicht ein einziges Birdie schaffte.
Du gewinnst die British Open und schaffst beim nächsten Major nicht ein Birdie. Nicht eins. Das ist so brutal. Noch brutaler ist allerdings, dass die Nummer eins und zwei der Welt ums Verrecken kein Major gewinnen können.
Luke Donald und Lee Westwood beendeten das Turnier auf dem geteilten achten Platz. Besonders der Fall Westwood ist nicht zu erklären. Der sammelt ein Top-Ergebnis nach dem anderen, der spielt bis zum Grün überragend, aber der locht so gut wie nichts. Wie groß der Frust ist? O-Ton Westwood: "Ich habe alles probiert und ich habe keine Ahnung, was ich noch machen soll. Vielleicht hilft eine andere Religion."
Getty3. Der seltsame Jason Dufner: Es gibt seltsame Typen, es gibt noch seltsamere Typen - und es gibt Jason "Christof" Dufner. Die größte golferische Leistung des 34-Jährigen, der ein bisschen aussieht wie die fette Version von Rory McIlroy, war vor dieser Woche, dass er zu College-Zeiten mal nachts im Suff aus 135 Metern die Birne eines Laternenmasts abschoss.Aber damit nicht genug: Dufner besitzt die hässlichste Pre-Shot-Routine auf dem Planeten, seine zig Waggles machen einen komplett wahnsinnig. Aber: Auf irgendeine mysteriöse Art und Weise entscheidet er sich nach der ca. achten Pendelbewegung dann doch, auf den Ball draufzuhauen. Und das meist mit Erfolg. Dufner präsentierte sich als eine Fairway- und Grün-Maschine.
Es war nicht von dieser Welt, wie dieser Typ wie ein Zombie über den Platz schlenderte, nicht einen Ansatz von Emotionen zeigte und robotermäßig jedes Fairway und Grün traf. Warum um alles in der Welt hatte Dufner vor der PGA seine letzten vier Cuts verpasst? Warum hat er noch kein Turnier gewonnen? Man weiß es nicht. Dufner hätte einer der skurrilsten Major-Sieger aller Zeiten werden können, fünf Schläge Vorsprung hatte er vor den letzten vier Löchern des Grauens. Dann zeigte er doch noch Nerven und schmiss den möglichen Erfolg weg. Rein sportlich muss man vor Dufner höchsten Respekt haben, aber als Typ bleibt er einem irgendwie suspekt.
2. U-S-A! U-S-A! Da sind die Amis aber glücklich. Nach sechs Majors ohne Erfolg haben sie endlich mal wieder zugeschlagen und ihre Krise beendet. Nimm das, Nordirland! Und wem haben Sie es zu verdanken? Keegan Bradley! Na klar, wem sonst? Bradley ist nach Francis Ouimet (1913) und Ben Curtis (2003) erst der dritte Golfer in der Geschichte, der bei seinem Major-Debüt sofort triumphiert. Der Neffe von Pat Bradley, einer Hall-of-Famerin, die sechs Major-Turniere für sich entscheiden konnte, kam als völliger Nobody zur PGA Championship. Bradley hatte in seiner Rookie-Saison auf der US PGA Tour zwar schon die Byron Nelson Championship gewonnen, aber deshalb kannte ihn trotzdem niemand.
"Das Schlimmste ist, wenn du ein Autogramm schreibst und der Junge dich schief anschaut und fragt, wie dein Name ist. Das ist mir in dieser Woche oft passiert", erzählte Bradley. In Zukunft sollte das nicht mehr passieren. Bradley ist ein richtig lässiger Hund. Weil er einfach Eier hat. Steve Elkington twitterte, dass Bradley mehr Eier habe, als die kompletten Top 10 der Welt zusammen. Beispiele für seine Toughness lieferte er genug. Bradleys zweiter Schlag an der 18 an Tag drei war beispielsweise gigantisch.
Und wie er nach seinem desaströsen Triple-Bogey an der 15 am Finaltag mit Birdies an der 16 und 17 zurückfightete, war großes Kino. Der 25-Jährige (Idol: Patriots-Star Tom Brady) hat auch diesen Killer-Blick, er hat die Emotionen, er hat das Charisma, und er hat die Schläge. Wir werden noch einiges von ihm hören. In der Weltrangliste hat Bradley (29), der als erster Spieler mit einem langen Putter ein Major gewann, Tiger (33) sogar schon überholt. Kaum zu glauben.
1. 235 lange Tage bis Augusta! "Glory's last shot" - der Spitzname der PGA Championship kommt nicht von ungefähr. Es war die letzte Chance, in diesem Jahr noch das große Ding zu drehen. Alles, was jetzt noch kommt, kann man nahezu komplett vergessen. Mit ihren albernen FedEx-Cup-Playoffs kann die US-Tour bleiben, wo der Pfeffer wächst. Die sind nicht ansatzweise spannend und werden es auch nie sein. Und der Presidents Cup liegt vom Spannungsfaktor nur knapp überhalb der Frauenfußball-WM.
Es bleiben ein paar ganz nette Turniere auf der European Tour wie die Alfred Dunhill Links Championship und das Saisonfinale in Dubai im Dezember, aber im Großen und Ganzen ist da nicht mehr viel. Wer eine Idee hat, wie man seinem Leben in den knapp acht Monaten bis zum Masters einen Sinn geben kann, immer her damit! Zum Abschluss kommen hier die Major-Winner 2012. Masters: Woods, Tiger. US Open: Manassero, Matteo. British Open: Garcia, Sergio. PGA Championship: Moore, Ryan.