"Never fear – Magic is here!"

Thorben Rybarczik
23. Februar 201716:21
Magic Johnson ist der neue starke Mann bei den L.A. Lakersgetty
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Die Los Angeles Lakers haben mit einem großen Knall ihre Führungsetage umgebaut. Magic Johnson ist der neue starke Mann. Was ist passiert? Was haben Jim Buss und Mitch Kupchak verbrochen? Wofür steht Magic und wer ist überhaupt Rob Pelinka? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist passiert?

Das Front Office der Los Angeles Lakers wurde komplett auf links gedreht. Das Geschwister-Paar Jeanie und Jim Buss, das die Franchise nach dem Tod ihres Vaters Jerry Buss im Jahre 2013 zusammen mit der "Buss Family Trust" geführt hatte, soll sich über die Zukunfts-Ausrichtung schon längere Zeit uneinig gewesen sein.

Jim Buss hatte im Jahre 2013 angekündigt, dass er von seinem Posten als Vize-Präsident der Basketball-Abteilung zurücktreten werde, wenn das Team "innerhalb der nächsten Jahre" nicht um einen Titel spielt. Mit einer Bilanz von 19-39 könnten die Lakers davon vier Jahre später nicht weiter entfernt sein.

Jeanie Buss, die als Co-Besitzerin und Präsidentin der Franchise mehr Macht besitzt als ihr Bruder, wollte sich das offenbar nicht länger anschauen und enthob Jim Buss seines Amtes. Er hat ab sofort keine Entscheidungsgewalt mehr in allen basketballerischen Belangen. Allerdings bleibt er Co-Besitzer der Franchise.

Darüber hinaus musste auch der langjährige GM Mitch Kupchak seine Koffer packen. Er war bereits als Spieler bei den Lakers angestellt und insgesamt 36 Jahre in der Franchise aktiv. Seit 1994 war er der GM und damit auch für die erfolgreiche Zeit um Kobe Bryant oder Shaquille O'Neal verantwortlich. Jedoch galt er als Vertrauter von Jim Buss, weshalb er seinen Posten räumen musste.

Der neue starke Mann wird nun Magic Johnson sein, der als Präsident der Basketball-Abteilung das Sagen hat. Laut Jeanie Buss soll die Franchise ab sofort und uneingeschränkt in die Richtung arbeiten, die das Duo vorgibt. Ein neuer General Manager muss natürlich trotzdem her.

Aller Voraussicht nach wird das Rob Pelinka, der sich als Spielerberater einen Namen gemacht und unter anderem Kobe Bryant vertreten hat.

Was haben Jim Buss und Mitch Kupchak falsch gemacht?

Auch wenn es im Roster inzwischen vielversprechendes Talent gibt und das Duo bis zum Retirement von Kobe in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt war: Dass sich die Lakers seit dem Titel 2010 auf einer sportlichen Talfahrt befinden, ist mehr als offensichtlich.

Der Grund dafür waren viele überhastet getroffene Entscheidungen. Eine davon war, den Small-Ball- und Tempobasketball-König Mike D'Antoni anzuheuern, der auf ein großes und langsames Team traf, das überhaupt nicht seinen Vorstellungen entsprach. Gerade mit der Personalie Dwight Howard war dieses Experiment, das der erste Fingerzeig für die miese Zukunft war, zum Scheitern verurteilt.

Darüber hinaus haben sie es nicht geschafft, in den zahlreichen, mit Stars besetzten Free Agencies hockkarätige Spieler zu verpflichten. LaMarcus Aldridge ist ein gutes Beispiel dafür. Und auch die Draft-Entscheidungen waren nicht immer glücklich: 2016 verpflichteten sie D'Angelo Russell statt Kristaps Porzingis.

Der Umgang mit jungen Spielern war ohnehin nicht optimal. Luke Waltons Vorgänger Byron Scott versetzte beispielsweise Russell auf die Bank und ließ stattdessen Veteranen wie Lou Williams oder Marcelo Huertas spielen. Außerdem wurden zuletzt immer wieder Verträge abgeschlossen, die die finanzielle Flexibilität gefährden: Die Arbeitspapiere von Timofey Mozgov (4 Jahre, 64 Millionen) und Luol Deng (4 Jahre, 72 Millionen) sind legendär schlecht und passen nicht in das Konzept eines Rebuilds.

Nimmt man Jim Buss beim Wort, kam ihm seine Schwester mit seiner Enthebung lediglich zuvor. Dass sie anschließend in einem Statement betonte, dass sie schon viel früher hätte handeln müssen, ist ein Indiz dafür, wie schlecht es tatsächlich um das (geschäftliche) Verhältnis der Geschwister bestellt ist.

Wofür steht Magic Johnson?

Zunächst steht er natürlich für die Showtime-Ära der Lakers und damit für uneingeschränkten Erfolg. Er ist der vielleicht beliebteste Akteur der NBA und war nach seiner legendären Spielerkarriere ein Jahr Head Coach bei den Lakers. Darüber hinaus war er bis 2010 Miteigner der Franchise, verkaufte seine Anteile allerdings. Eine Rolle als Exekutiv-Mitglied hatte er derweil noch nie, doch er gilt als enger Vertrauter und Freund von Jeanie Buss und beriet das Front Office über mehrere Jahre in Basketball-Angelegenheiten.

Die neue Richtung, die die Franchise nun einschlägt, dürfte eine Mischung aus Rebuild via Draft sowie weiterhin einer Jagd nach Free Agents sein. Die jungen Spieler, die bereits im Roster sind, sollen dabei eine entscheidende Rolle spielen. Der schnelle Trade von Lou Williams (der allerdings schon von Kupchak vorgesehen war) zeigt, dass man Vertrauen in Russell und Co. hat. "Ich will mich auch auf und neben dem Feld um unsere Jungs kümmern", erläuterte Magic nach seinem Antritt eine der obersten Prioritäten.

Von lockeren Hierarchien hält der 57-Jährige nichts. "Alles, was mit Trades oder Drafts zu tun hat, liegt am Ende bei mir", betonte er. Dem neuen GM wolle er trotzdem einige Freiheiten gewähren: "Ich war Point Guard - ich mag es also, mit jedem zu spielen und alle in Szene zu setzen."

Magic wäre aber töricht, sich in allen Fragen auf sein Bauchgefühl zu verlassen, das er in der jüngeren Vergangenheit immer wieder bei Twitter preisgab. Seine zahlreichen Prognosen sind längst legendär - so prognostizierte er der den Knicks nach dem Melo-Deal einen Titel, bezeichnete Brandon Knight als unbedingten No.1-Pick oder sah in Michael Carter-Williams den neuen Jason Kidd.

Auch in Sachen CBA-Regularien gilt er nicht als Experte. Das weiß er allerdings auch selber und will sich eigenen Angaben zufolge intensiv weiterbilden lassen. Doch es ist kein Geheimnis, dass aus niemandem im Handumdrehen ein Finanzjongleur wird. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass sich Magic nicht als beratungsresistent erweist und sich mit Experten auf diesem Gebiet umgibt. Ein Rookie-GM, auf den es ja aller Wahrscheinlichkeit nach hinaus läuft, ist entsprechend riskant.

Wer ist Rob Pelinka?

Rob Pelinka ist - beziehungsweise war - einer der einflussreichsten Spielerberater in der NBA-Welt. Bei den Lakers ist er schon deshalb ein Altbekannter, weil er der Agent von Kobe Bryant war. Dieser soll Pelinka übrigens in den höchsten Tönen empfohlen haben.

Der 47-Jährige könnte tatsächlich gut an die Seite von Magic passen, da er eher zurückhaltend und im Hintergrund agiert. Große Reden sind seine Sache nicht - was aber gar nicht schlimm ist. Denn er gilt als ausgewiesener CBA-Experte und verhalf unter anderem James Harden zu einem lukrativen Vertrag in Houston. Darüber hinaus zählten Spieler wie Eric Gordon, Trevor Ariza, Avery Bradley oder Andre Iguodala zu seinen Klienten.

Entsprechend groß ist sein Netzwerk zu anderen Spielerberatern, GMs und Agenten - womit er für seinen Posten hervorragend geeignet sein dürfte.

"Er wird unglaublich in seiner neuen Rolle sein", versprach Ariza am Dienstag einer Horde Reportern. "Er weiß, wie Basketball funktioniert, hat ein starkes Auge für Talente und ist in der Lage, die Team-Chemie zu kontrollieren."

Dabei greift er auch auf seinen Erfahrungsschatz als Aktiver zurück. In die NBA hat er es nicht geschafft, doch von 1989 bis 1993 spielte er in der NCAA für die University of Michigan und damit an der Seite der Fab 5 um Chris Webber, Juwan Howard, Jalen Rose, Jimmy King und Ray Jackson.

Darüber hinaus ist er Gründer und CEO der Landmark Sports Agency, die insgesamt sieben Spielerberater beschäftigt. Das Wirtschaftsmagazin Forbes sortierte seine Agentur auf Rang 34 der weltweit wertvollsten Sportleragenturen ein mit einem Wert von 13,5 Millionen Dollar. Insgesamt soll er für seine Spieler Verträge im Wert von ca. 400 Millionen Dollar ausgehandelt haben.

Wie geht es für die Lakers weiter?

Magic zufolge wird der Rebuild in Tinseltown "drei bis fünf Jahre" dauern. Optimisten, die auf einen schnellen Wandel gehofft hatten, wurden dadurch bewusst ausgebremst. In diesem selbst auferlegten Zeitraum steht die Entwicklung der jungen Spieler im Vordergrund und natürlich auch der kommende, äußerst stark besetzte Draft.

Das Problem der Lakers: Landen sie in der Lottery nicht unter den ersten drei, geht ihr Pick an Philadelphia. 2018 ist er überhaupt nicht mehr geschützt. Trotz der zahlreichen Gerüchte um einen großen Move dürfte das Motto in der restlichen Spielzeit "Tanking" lauten - was für die Rookies Magic und Pelinka optimal ist, um sich bis zur Draft einzuarbeiten.

Eine Mammutaufgabe wird es, die Verträge von Deng oder Mozgov loszuwerden. Sollte Vlade Divac nicht aus einer Laune heraus ein Paket für die beiden schnüren, bindet sich wohl keine Franchise einen der beiden freiwillig ans Bein. Zumindest dann nicht, wenn kein kleines Präsent in Form von Picks obendrauf gelegt wird - und davor wird sich Magic hüten.

Um der Franchise ihren alten Glanz zurückzugeben, müssen hochkarätige Free Agents her. Besonders der Jahrgang 2018 ist mit Paul George - und ja, auch DeMarcus Cousins - vielversprechend, wobei PG-13 angeblich sogar hat durchsickern lassen, dass er sich ein Engagement bei den Lila-goldenen vorstellen könne, sofern es die Pacers nicht schaffen, ein Contender-Team um ihn herum aufzubauen.

Ein großer Coup im Jahre 2018 wäre schon mehr, als man von den Neuen erwarten sollte. Das weiß Johnson bei all dem Optimismus, den er versprüht, selbst am besten: "Lasst mich eines sagen: Es wird seine Zeit brauchen, aber ich bin bereit für die Herausforderung und freue mich auf die Zukunft. Und das solltet ihr auch tun."

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