NBA Above the Break: Wer ist im wilden Westen ernstzunehmen?

Ole Frerks
28. November 201813:23
Welche Teams werden im wilden Westen am Ende oben stehen? SPOX
Werbung

Rund ein Viertel der NBA-Saison ist absolviert und noch immer hat sich im Westen keine echte Hackordnung etabliert: An der Spitze stehen Teams wie die L.A. Clippers oder Memphis Grizzlies, während etwa die Houston Rockets oder Utah Jazz derzeit nicht einmal Playoff-Teams sind. In Above the Break ordnet NBA-Redakteur Ole Frerks daher diesmal den Westen in "Tiers" ein und nimmt den Puls einer verrückten Conference.

Damit hatten wir sicherlich alle gerechnet: Nach knapp sechs Wochen in der neuen Saison führten die Grizzlies ihre Conference an, nur um dann nach einer Heim-Niederlage gegen die Knicks den Spitzenplatz an die Clippers zu verlieren. Die Mavs wiederum haben sechs ihrer letzten sieben Spiele gewonnen, unter anderem gegen OKC (!), Golden State (!!) und Utah (mit +50!!!), und belegen trotzdem keinen Playoff-Platz.

Ebensowenig wie besagte Jazz, die Spurs oder auch die Rockets. Utah belegt sogar den vorletzten Platz im Westen, wobei das nicht viel heißen muss: Sage und schreibe 14 Teams (von 15, wohlgemerkt) kratzen derzeit an einer ausgeglichenen Bilanz, zwischen Platz 1 und Platz 14 liegen lediglich 5,5 Spiele. Selten war es zu diesem Zeitpunkt der Saison noch so unklar, wie die Conference am Ende der Spielzeit aussehen könnte.

Höchste Zeit also, um sich das Ganze mal etwas genauer anzusehen. Es geht hier nicht um ein Power Ranking, sondern um eine Prognose: Welche Teams sind ernstzunehmen, welche Teams brechen bald wieder ein und wer wird sich steigern? Der Versuch einer Einordnung mit Hilfe von Tiers ...

Hier geht's zur aktuellen NBA-Tabelle!

Wann ist nochmal die Lottery?

Phoenix Suns (4-16). Immerhin eine Einordnung fällt ziemlich leicht.

Vielleicht im nächsten Jahr

Sacramento Kings (10-10).

Dallas Mavericks (9-9).

Man fühlt sich angesichts der zuletzt so guten Leistungen der Mavericks ja fast schon versucht, sie höher einzuordnen. Ähnlich wie der 6-3-Saisonstart der Kings geben diese aber kein komplett realitätsgetreues Bild ab - Dallas und Sacramento sind beide noch nicht so weit, dass sie das .500-Niveau eine komplette Saison über bestätigen können. Das soll aber nicht heißen, dass es keinen Anlass zur Hoffnung bei diesen beiden Teams geben würde.

Die Kings beweisen, wie viel eine klar definierte Identität sowie ein gewisser Überraschungseffekt am Anfang der Saison ausmachen können. Niemand erwartete von Sacramento nach Jahren der Tristesse irgendetwas, schon gar keinen frischen, modernen Offensiv-Basketball, aber genau damit bestechen De'Aaron Fox und Co. derzeit. Gerade in den ersten Saisonwochen konnten sie mit ihrer Pace einige Gegner überrollen, die sich noch nicht gefunden hatten.

Im November hat sich aber in Spielen gegen die Bucks (-35), Rockets (-20) und Jazz (-21) gezeigt, dass dieser Effekt nicht ewig anhält. Teams wissen nun besser, wie sie verteidigen müssen, dazu ist das zum Saisonstart absurde Shooting wieder etwas abgekühlt. Noch fehlt es an Mitteln, um trotzdem konstant Spiele zu gewinnen. Im restlichen Saisonverlauf wird es darum gehen, dies zu lernen und herauszufinden, welche Rolle Marvin Bagley dabei spielt.

Der Rookie hat sich eigentlich mehr Minuten verdient, andererseits ist der Wurf von Nemanja Bjelica essenziell für Sacramentos neue Philosophie. Kann Bagley mit Willie Cauley-Stein koexistieren? Spätestens im Sommer, wenn der Center Restricted Free Agent wird, muss es eine Antwort auf diese Frage geben. In bisher 167 gemeinsamen Minuten kam das Big Man-Duo auf ein schwaches Offensiv-Rating von 103,2, Dave Joerger muss hier jedoch weiter herumprobieren - Fox, Bagley und WCS sind die größten Talente im Kader. Auch die Organisation scheint dies wichtiger zu finden als den einen oder anderen Sieg.

Bei den Mavericks wiederum lässt sich argumentieren, dass ein Rookie schon jetzt ihr wichtigster Spieler ist - zumindest offensiv. Luka Doncic tritt mitnichten wie ein Rookie auf, sondern wie ein Franchise Player in spe. Und auch um ihn herum hat Dallas einige Kompetenz versammelt, die Bank gehört sogar zu den Besten der Liga. Würde es den Sixth Man of the Year-Award einmal offensiv und einmal defensiv geben, hätte Dallas für beide Awards mit J.J. Barea und Maxi Kleber veritable Kandidaten.

Von einem Playoff-Team ist hier trotzdem noch nicht zu reden. Zu einem recht großen Anteil hat dies mit dem Spieler zu tun, der neben Doncic das "zweite" Gesicht der neuen Mavs-Ära sein soll: Dennis Smith hat sich zwar als Schütze verbessert, als Playmaker hat er sich aber sogar eher zurückentwickelt. Die Mavs sind im Schnitt um über 15 Punkte beim Net-Rating besser, wenn Smith auf der Bank sitzt. Und auch der Fit neben Doncic ist nicht ideal (zusammen -5,5).

Das Spiel gegen die Celtics, in dem DSJ pausierte, deutete an, dass Doncic sogar noch mehr Kontrolle über die Offense bekommen sollte - wenn Dallas ihn mit Schützen (etwa Matthews, Finney-Smith, Barnes) sowie DeAndre Jordan umgibt, wirken die Mavs zeitweise wie ein richtiger Matchup-Albtraum, der auch verteidigt. Smith wird lernen müssen, von Doncic zu profitieren - sonst muss Dallas früher oder später seine Rolle überdenken.

So oder so blickt dieses Team jedoch endlich wieder in eine Zukunft, vor der den Fans auch ohne Dirk Nowitzki nicht angst und bange sein muss. In dieser Saison dürfte die Conference noch zu stark sein, aber Dallas könnte genau wie Sacramento in den kommenden Jahren einige Schritte machen, wenn die nächsten großen Entscheidungen sitzen.

"You can't win without me!"

Minnesota Timberwolves (10-11).

San Antonio Spurs (10-10).

Wo könnten Minnesota und San Antonio stehen, wenn die Situationen mit ihren jeweiligen Superstars Jimmy Butler und Kawhi Leonard nicht so verheerend geendet hätten? Man weiß es nicht. Was man nur weiß beziehungsweise was sehr wahrscheinlich erscheint: Für beide Teams wird es wohl nicht für die Playoffs reichen. Auch wenn beide eine gewisse Klasse mitbringen, erscheinen die Defizite zu eklatant, um mindestens sieben Teams hinter sich zu lassen.

Die Wolves haben seit dem Butler-Trade sechs von acht Spielen gewonnen, dabei profitierten sie allerdings auch von einem großzügigen Schedule. Sehr positiv ist dennoch, dass sich die Defense signifikant verbessert hat, hier zeigt sich der positive Impact von Robert Covington, auch Karl Towns präsentierte sich zuletzt wesentlich engagierter. Über die letzten acht Spiele haben die Wolves ein Defensiv-Rating von 100,5, wenn KAT auf dem Court steht - das wäre Liga-Bestwert.

Es ist jedoch zu bezweifeln, dass Minnesota dies über einen längeren Zeitraum bestätigen kann. Dafür ist die Stichprobe mit defensivem Desinteresse bei Towns und Andrew Wiggins zu groß, zudem waren sechs der besagten acht Partien Heimspiele. Der Schedule wird im Dezember deutlich härter, dann wird sich zeigen, ob ein gewisses "Ewing Theory"-Potenzial (CC: Bill Simmons) in Minnesota real ist.

Auch die Spurs profitierten bei ihrem 7-4-Start von einem recht leichten Schedule, der viele ihrer Defizite beinahe vergessen ließ. Die Spurs sind ein ziemlich mittelmäßiges Team mit einem negativen Net-Rating (-0,3), und abgesehen von einer Leistungsexplosion des bisher schwachen LaMarcus Aldridge gibt es auch nicht allzu viele interne Anhaltspunkte, um dauerhaft etwas anderes zu erwarten.

Nicht, dass die Spurs schlecht wären: Sie spielen langsam und sauber, leisten sich die wenigsten Ballverluste der Liga. Die Offense ist ordentlich, wenn auch nicht elitär, was zu einem großen Anteil an DeMar DeRozan liegt. Aber gerade DeRozan verdeutlicht auch das Problem dieses Teams: San Antonio ist nicht mehr das Defensiv-Team der vergangenen Jahre beziehungsweise Jahrzehnte. Laut Rating sind die Spurs momentan auf Kurs für ihre schlechteste Defensiv-Saison seit 1996/97, als sie tankten und dafür mit Tim Duncan belohnt wurden.

Über zwei Jahrzehnte war Defense in der Folge ihre Calling Card, das Fundament, auf dem alles andere basierte. Das ist nun nicht mehr der Fall, und ihre Offense ist nicht gut genug, um das dauerhaft auszugleichen - dafür ist diese zu altbacken und basiert auf zu vielen tiefprozentigen Abschlüssen. Man kann leicht ins Spekulieren geraten, wie es für die Spurs mit einem fitten Dejounte Murray (geschweige denn Kawhi) aussehen würde, denn allzu weit weg von der Playoff-Tauglichkeit ist San Antonio nicht. Aber in der jetzigen Form wird es in dieser Conference kaum reichen.

Auf der Kippe

Utah Jazz (9-12).

New Orleans Pelicans (10-11).

Memphis Grizzlies (12-8).

Denver Nuggets (14-7).

In der Breite liegt nach wie vor der größte Unterschied zwischen Western und Eastern Conference. Der Osten hat in der Spitze aufge- und teilweise überholt, aber auf den Plätzen sechs bis acht werden keine Top-Teams landen. Im Westen hingegen zählt man (mindestens) zehn Teams, die diesen Anspruch haben, die aber nicht alle ein Playoff-Ticket bekommen werden. Für mich weist viel darauf hin, dass zwei dieser Teams aus diesem Quartett kommen.

Momentan scheinen die Jazz eines davon zu sein. Die Leistungen zuletzt schreien sogar nach Lottery. Utah wird seinem Ruf als Top-Team in der Defense nicht gerecht, vorne erleben speziell Donovan Mitchell und Ricky Rubio bizarre Aufs und Abs. Es gibt zwar mildernde Umstände - die Jazz haben im November nur gegen .500-Teams (oder besser) gespielt, kein Team hatte bisher mehr Auswärtsspiele und eigentlich forcieren sie defensiv die richtigen Würfe, gegnerische Teams treffen diese jedoch besser als erwartet.

Man darf mit einer Regression zur Mitte rechnen, denn eigentlich hat Utah seine Qualität ja nicht verloren und der Spielplan wird auch wieder etwas entspannter. Allerdings: Die Jazz sollten das Aufwachen nicht mehr lange hinauszögern. Schon mehrfach haben sie sich einfach aufgegeben, was komplett konträr zu ihrer Arbeiter-Mentalität verläuft. Ohne dieses Selbstverständnis vor allem in der Defensive ist Utah kein Top-Team - und zu viel sollten sie nun nicht mehr an Boden verlieren.

Ähnliches lässt sich auch über die Pelicans sagen. NOLA hat einige klar definierte Stärken, allen voran die Offense, die zu den besten der Liga gehört. Die Pelicans sind aber nach wie vor auch extrem dünn besetzt und immer wieder von Verletzungen geplagt. Die Defense ist schlecht - und wenn Anthony Davis nicht auf dem Court steht, ist sie richtiggehend albern (114,9).

A.D. hatte offensichtlich recht, als er beklagte, dass er jede Nacht fast perfekt spielen müsse, damit die Pelicans eine Siegchance haben - es gibt wohl keinen Spieler, der eine größere individuelle Last tragen muss als er. Davis ist zwar gut genug, um damit klarzukommen und sein Team in die Playoffs zu führen. Wenn er aber länger ausfällt, ist dieses Team schnell auf verlorenem Posten. Und auch die Minuten, die Davis bisher ohne Jrue Holiday auf dem Court stand, verliefen übel (-10,7), was verdeutlicht, wie schlecht der Kader um die Stützen herum aufgebaut ist.

Auch die Grizzlies sind in einem extremen Maß abhängig von zwei Spielern, namentlich Marc Gasol und Mike Conley. Bisher geht ihre (alte) Rechnung gut auf, auch wenn Spiele wie die Heimniederlage gegen die Knicks zeigten, dass ihre Marge für Fehler nicht sehr üppig ist; die Grizzlies müssen für ihre Siege hart arbeiten. Und sie sind auf Gasol angewiesen - mit ihm auf dem Court ist ihr Net-Rating um fast 20 Punkte besser als ohne ihn.

So viel Spaß Rookie Jaren Jackson Jr. auch macht: Wenn er ohne Gasol auf dem Court steht, können die Grizzlies keine Punkte fabrizieren (Off-Rtg.: 91,1). Neben Gasol funktioniert er wunderbar, ein Ersatz als einziger Big Man ist Jackson aber (noch) nicht. Ein solcher fehlt den Grizzlies ohnehin, weshalb sie nun anscheinend ernsthaft Joakim Noah verpflichten wollen. Das Problem wird dieser natürlich auch nicht lösen.

Memphis kann herausragend verteidigen, die Offense ist aber nicht einmal mittelmäßig. Daher kann es gut passieren, dass Memphis die aktuelle Siegquote nicht lange halten kann, auch wenn die beiden Stars dieses Team immer kompetent halten werden - so lange sie fit bleiben.

Die Nuggets wiederum sind in diesem Cluster das am schwersten zu lesende Team. Der Drang ist angesichts der Bilanz eigentlich da, sie als sicheres Playoff-Team einzuordnen, aber ganz so sicher erscheint das nicht - seit dem elitären 9-1-Saisonstart ist Denver ein wenig eingebrochen (6-6). Erfreulich ist, dass sich die Defense nach einem Zwischentief zuletzt stabilisiert hat, offensiv war ohnehin von Anfang an mit einem guten Team zu rechnen.

Derzeit ist Denver sogar das einzige Team im Westen, das Top 10-Werte bei Offensiv- und Defensiv-Rating sein Eigen nennt. Es braucht nicht zwingend dominante Vorstellungen im Angriff, um Siege zu holen - das war in den vergangenen Jahren nicht so. Es gibt vorne sogar noch Steigerungspotenzial: Will Barton arbeitet an seiner Rückkehr und wird der Offense zusätzlichen Punch verleihen. Die Dreierquote entsprach bisher nicht dem Niveau der Shooter.

Es spricht recht viel dafür, dass Denver diesmal nicht wie letzte Saison am letzten Spieltag die Playoff-Teilnahme verpasst. Dieses Team hat Heimvorteil-Potenzial. Gewisse Zweifel an der Nachhaltigkeit der neuen Defensiv-Stärke sind an dieser Stelle aber immer noch vorhanden. Es gelingt bisher viel besser, die Zement-Füße von Nikola Jokic zu kaschieren, aber diese Art der Defense ist für das restliche Team unheimlich kräftezehrend. Der Überraschungseffekt wird auch hier nicht lange bleiben, gegnerische Teams könnten sich schon bald besser darauf einstellen. Daher bleibt Denver vorerst hier - unter Vorbehalt.

Die "sicheren" Playoff-Teams

L.A. Lakers (11-9).

L.A. Clippers (13-6).

Portland Trail Blazers (12-8).

Ein paar Dinge, die in der Regular Season Gold wert sind: Eine Identität, eine gewisse Eingespieltheit - und LeBron James. Die Teams in dieser Gruppe unterscheiden sich zwar teilweise gravierend voneinander, sie alle haken aber einige dieser Kriterien ab und sollten, wenn keine schwerwiegenden Verletzungen dazwischen kommen, alle die Playoffs erreichen.

Die Lakers dürfte man da am ehesten noch ausklammern - ein LeBron-Team als "auf der Kippe" zu bezeichnen, fühlt sich jedoch falsch an, und tatsächlich findet sich auch das Team um ihn herum in letzter Zeit besser. Die Lakers holen fast nie deutliche Siege, aber sie gewinnen seit dem 2-5-Start sehr regelmäßig, und die Defense sieht, nicht zuletzt dank Tyson Chandler, mittlerweile zumeist gut aus. Seit seiner Ankunft haben die Lakers (natürlich nicht nur dank ihm) sogar die sechstbeste Defense der Liga, so komisch das klingt.

Apropos komisch - von James abgesehen gibt es nur wenige Spieler, die offensiv konstant abliefern, speziell von Brandon Ingram hatte man sich einen größeren Sprung (oder überhaupt einen Sprung) erhofft. Aber es reicht im Normalfall: Irgendjemand läuft fast immer heiß, ob es Josh Hart ist, Lance Stephenson, Kyle Kuzma oder wer auch immer. Und LeBron ist offensiv nach wie vor eine Klasse für sich - auch im Westen kann man sich Playoffs ohne ihn kaum vorstellen.

Der Nachbar versucht es gezwungenermaßen mit einem anderen Ansatz - auch wenn die Clippers LeBron natürlich auch gerne verpflichtet hätten. Nicht zu Unrecht schielt beim Team von Steve Ballmer schon vieles auf den kommenden Sommer und dessen Free Agents. In der Zwischenzeit hat sich aber beinahe unbemerkt ein Team entwickelt, das schon in dieser Saison mehr als konkurrenzfähig ist.

Die Clippers spielen hart, physisch, giftig - und das 48 Minuten lang, weil sich Doc Rivers nicht scheut, Eishockey-Auswechslungen durchzuführen und die beeindruckende Tiefe seines Kaders bis aufs Letzte auszunutzen. Kein Gegner kann gegen die Clippers verschnaufen, kein Team hat eine auf so viele Schultern verteilte Qualität. L.A. ist nicht so stark von einzelnen Spielern abhängig wie andere Teams, was auch für die restliche Saison optimistisch machen sollte - in der Regular Season zumindest.

Wenn man das Gedankenspiel dann etwas weiter spinnt und auf die Playoffs bezieht, scheinen die Clippers in ihrer jetzigen Zusammensetzung indes eine Decke aus Glas über dem Kopf zu haben. Die Blazers kennen das seit Jahren: Der Star-Backcourt Damian Lillard und C.J. McCollum steckt in seinem vierten Jahr seit dem Abgang von LaMarcus Aldridge, auch um die beiden herum ist vieles gleich geblieben.

Die Blazers haben mehr Kontinuität als fast alle Teams im Westen, sie kennen ihre Stärken und Schwächen, Damian Lillard wird jedes Jahr ein kleines bisschen besser. Das ist ein sehr gutes Rezept für die Regular Season - Portland hatte bisher den zweitschwersten Schedule der Liga und steht trotzdem gut da. Es könnte erneut für den Heimvorteil in Runde eins reichen - auch wenn dann niemand überrascht wäre, wenn die Blazers diese je nach Matchup erneut nicht überstehen. Sie bleiben ein Team mit Limitierungen.

Die Herausforderer

Houston Rockets (9-10).

OKC Thunder (12-7).

Kommen wir zur kompliziertesten und gleichzeitig interessantesten Kategorie dieser Prognose. Blickt man auf die derzeitige Tabelle, erscheint es komisch, dass ausgerechnet diese beiden Teams so weit oben stehen, wobei OKC zumindest Platz vier belegt. Aber es geht eben nicht um eine Momentaufnahme, sondern um die Frage, welche Teams am Ende der Saison am besten dastehen könnten. Welche Teams vielleicht sogar von der Conference-Krone träumen dürfen.

Die Rockets sind dabei ein Härtefall und tauchen hier zugegebenermaßen auch aus Respekt auf. Ähnlich wie bei den Jazz war Houstons Saisonstart mehr als enttäuschend und es ist alarmierend, dass 54-Punkte-Spiele von James Harden nicht zum Sieg reichen. Es gibt einige Indizien, dass die Rockets einfach nicht mehr das Niveau der letzten Saison erreichen werden. Auch für die Gegenseite gibt es allerdings Argumente.

Houston hatte bisher einige Verletzungsprobleme. Nur in zwölf Spielen standen Harden, Chris Paul und Clint Capela bisher zusammen auf dem Court - in diesen Spielen hatte Houston eine 8-4-Bilanz. Das ist zwar weit von der 50-5-Bilanz (!) dieses Trios in der vergangenen Saison entfernt, aber auch deutlich besser als die jetzige Saisonbilanz. Einen richtigen Rhythmus konnte sich das beste Team der letzten Regular Season bisher nicht erspielen.

Gleichzeitig ist es gefährlich, wenn Houston wirklich so abhängig von diesem Trio ist, zumal Paul bekanntlich nicht jünger wird. Man muss ganz klar feststellen, dass die Offseason der Rockets eine mittelschwere Katastrophe war, was nicht nur an Carmelo Anthony liegt - die Tiefe ist momentan einfach non-existent. Um das zu verdeutlichen: In dieser Woche wurde Danuel House am Montag aus der G-League "hochgeholt", am Dienstag spielte er fast 30 Minuten. Harden musste in den letzten drei Spielen 41, 44 und 47 (!) Minuten ran. Das ist viel zu viel. Eigentlich sollte dieses Team an den Mai denken und nicht im November dermaßen schwimmen.

Vieles von dem, was bisher falsch läuft, muss GM Daryl Morey auf seine Kappe nehmen. Gleichzeitig bleibt der amtierende Executive of the Year einer der Hoffnungsträger: Morey hat noch Trade-Chips, dass er für Jimmy Butler angeblich vier Trade-Picks bot, zeigte, dass er durchaus motiviert ist. Es wird auch in dieser Saison wieder einen signifikanten Buyout-Markt geben. Vielleicht bringen bessere Gesundheit und ein, zwei fähige Two-Way-Wings den Rockets ihre alte Stärke zurück?

Es ist tatsächlich viel "vielleicht" dabei und es kann gut sein, dass die Rockets diesen Vertrauensvorschuss nicht rechtfertigen. Dass sie genauso gut werden wie letzte Saison, ist schwer vorstellbar. Dennoch gibt es auch in diesem Jahr nicht viele Teams im Westen, die mehr Qualität in der Spitze aufbieten können als ein fittes Rockets-Team. Noch ist dieses Team nicht endgültig abzuschreiben.

Wie schnell sich so ein Blatt wenden kann, beweisen die Thunder. Nach dem 0-4-Saisonstart wurden schon diverse Abgesänge auf OKC abgestimmt, aber seither wurden 12 von 15 Spielen gewonnen, man hat das viertbeste Net-Rating der Liga (+5,2) und über die besagten 15 sogar das beste (+9,4), obwohl Russell Westbrook sechs dieser Spiele verpasste. Der Schlüssel dafür? OKC hat die beste Defense der Liga!

Gerade auf dem Flügel haben die Thunder von Paul George abgesehen zwar nicht die allergrößte Offensiv-Kompetenz. Aber alle Wings sind lang, athletisch und können verteidigen: Jerami Grant hat sich massiv gesteigert, Terrance Ferguson und Hamidou Diallo tragen offensiv zwar nicht viel bei, passen dafür aber wunderbar ins Defensivkonzept. Steven Adams ist ohnehin eine Maschine und sein Backup Nerlens Noel ist aus der Versenkung wieder auferstanden.

Die Offense hat sogar noch Luft nach oben, da der stark aufspielende Dennis Schröder und Westbrook bisher erst limitierte Minuten zusammenspielen konnten. Dass sie sich langsam aneinander gewöhnen, zeigten die letzten Spiele: Nachdem es zunächst haperte, hat OKC in den letzten vier Spielen in 73 Minuten mit Russ und DS17 auf dem Court ein Net-Rating von +27,6 (!) aufgelegt. Über elf Spiele stehen beide bei +9.

Westbrook hat sich bisher trotz einiger "Rückfälle" ein ganzes Stück zurückgenommen, was Schröder und dem restlichen Team sehr hilft - man ist nicht mehr so gefährlich abhängig vom 2017er MVP, dieser kann zudem ein paar Körner für die Playoffs aufsparen. Sollte sein Wurf irgendwann in dieser Saison ankommen (bisher 17,6 Prozent bei 4,6 versuchten Dreiern pro Spiel!), dürfte OKC sogar noch gefährlicher werden.

Der Dreier ist dabei die Achillesferse der Thunder. Kein Team trifft schlechter von Downtown als OKC, was mit Blick auf die Playoffs kein gutes Zeichen ist. Kann man die miese Quote (31,1 Prozent 3FG) um zumindest einige Prozentpunkte anheben, erscheinen dagegen die Conference Finals als durchaus realistisches Ziel für dieses Team. Elitäre Defense gepaart mit üppiger Starpower ist in den Playoffs bekanntlich nicht das allerschlechteste Rezept.

Die Warriors

Golden State Warriors (15-7).

Machen wir uns dennoch nichts vor - alles beginnt und endet nach wie vor mit diesem Team, sofern es einigermaßen fit in die Playoffs geht. Zumindest noch in dieser Saison, auch wenn sich die Anzeichen verdichten, dass es die letzte gemeinsame Spielzeit sein könnte. Die Liga lauert.