Endlich sind die Playoffs zurück. James Harden reist mit den Houston Rockets in seine alte Heimat zu den Oklahoma City Thunder. Kobe-lose Lakers müssen nach San Antonio (So., 21.30 Uhr im LIVE-STREAM bei SPOX). Die Clippers und Grizzlies treffen schon wieder in Runde eins aufeinander. SPOX hat die Erstrunden-Matchups unter die Lupe genommen und sagt, wer in die nächste Runde einzieht. Am Samstag folgt der Check zum Osten.
Oklahoma City Thunder (1) vs. Houston Rockets (8)
Saisonbilanz: 2-1 (120:98, 124:94, 119:122)
Ausgangslage: Als böten die Playoffs nicht schon genügend Diskussionsstoff, treffen in der ersten Runde ausgerechnet Thunder und Rockets aufeinander. Jahrzehnte währende Fehden oder gar innigste Abneigung sucht man zwar vergebens, dennoch hält das Duell ein kleines, leicht pikantes Detail parat.
Im Sommer sorgten beide Teams mit dem nach der Dwight-Howard-Saga wohl kontroversesten Trade für ordentlich Gesprächsstoff. Im Kern tauschte OKC James Harden, den besten sechsten Mann der Liga, gegen Kevin Martin. Mit ihrem dritten Star, so die landläufige Meinung, gaben die Thunder auch ihre Titelchance nach Houston ab.
Nimmt man allerdings einzig die reguläre Saison zum Gradmesser, stellt das Team um Kevin Durant und Russel Westbrook weiter eines der talentiertesten Roster der Liga. Mit 60 Siegen sicherten sich die Thunder Rang eins im Westen und rangieren in nahezu allen Offensivkategorien im oberen Drittel der Liga.
Dort liegt auch die größte Gemeinsamkeit zwischen beiden Teams. Denn egal, ob in Sachen Punkte (105,7 OKC zu 106 Houston), Offensive Efficiency Rating (110,2 zu 106,7) oder effektiver Feldwurfquote (52,7 zu 52,5), am vorderen Ende des Courts liegen beide Mannschaften eng beieinander.
Ein enges Duell also? Mitnichten. Denn während OKC auch defensiv zur absoluten Ligaspitze zählt (Defensive Efficiency Rating 99,2), landen die Rockets in der meistermachenden Disziplin nur im Mittelmaß. Dazu verteidigen die Thunder ausgerechnet den Dreier äußerst effektiv und halten ihre Gegner bei einer Quote von 34,6 Prozent.
Das dürfte für Houston zum größten Problem werden. Schließlich steht und fällt die Offense kaum eines anderen Teams so sehr mit Erfolgen aus der Distanz, wie die der Rockets. Zudem werden die Texaner wohl nur schwerlich eine Antwort auf Kevin Durant finden. Der hat seinen Scoringtitel zwar an Carmelo Anthony verloren, bildet für die jungen Rockets aber weiter einen absoluten Match-up-Albtraum.
Auf der anderen Seite besitzen die Thunder mit Thabo Sefolosha einen durchaus potenten Flügelverteidiger, der wiederum Hardens Produktivität etwas einschränken könnte. Nimmt man noch die Unerfahrenheit der Rockets hinzu, ist die Ausgangslage, zumindest auf dem Papier klar.
Players to watch: James Harden vs. Kevin Martin. Beide werden auf dem Court zwar nicht unbedingt direkt aufeinandertreffen. Dennoch werden speziell die Playoffs zeigen, inwieweit Martin Hardens Rolle als Energizer und Scorer von der Bank auch in engen Spielen ausfüllen kann.
Anders als der Bart ist Martin ein reiner Scorer, kreiert nicht für seine Mitspieler und kann in der Crunchtime auch nicht das Playmaking für Westbrook übernehmen. Fällt allerdings sein Wurf, kann er speziell in engen Spielen als sicherer Distanzschütze den Unterschied ausmachen.
Harden hat sich in Houston indes zu einem der besten Scorer der Liga entwickelt. Lediglich vier Spieler erzielten in dieser Saison im Schnitt mehr Punkte als der Zweier. Bei seinem einzigen Auftritt als Rocket in der alten Heimat traf er allerdings lediglich 3 seiner 16 Würfe aus dem Feld.
Prognose: Eins gegen acht. Das Duell wirkt auf dem Papier deutlich und wird es trotz Houstons starker Offense am Ende auch sein. Die Rockets sind schlicht zu unerfahren und defensivschwach, um finalsgeprüfte Thunder ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Thunder in 5.
Seite 4: Clippers vs. Grizzlies
San Antonio Spurs (2) vs. Los Angeles Lakers (7)
Saisonbilanz: 2-1 (84:82, 108:105, 86:91)
Ausgangsposition: Noch im Sommer waren die Lakers Titelfavorit Nummer eins. Nun haben sie es gerade so in die Playoffs geschafft, auf dem Weg allerdings Kobe Bryant verloren. Die Black Mamba riss sich die Achillessehne.
Wollen die Lakers auch ohne ihren Topscorer bestehen, müssen sie nun vermehrt ihre Vorteile im Frontcourt nutzen. Schließlich bilden Pau Gasol und Dwight Howard immer noch eines der besten Big-Man-Duos der Liga.
Speziell Howard scheint sich nach anfänglichen Schwierigkeiten langsam in Tinseltown zurechtzufinden. In den letzten 10 Spielen legte der Center im Schnitt 20,6 Punkte auf, schnappte sich 11,4 Rebounds und erblockte sich 2,7-Mal das Recht, den Mutombo-Finger zu schütteln.
Howards Defense wird mitentscheidend sein, ob eines der defensivschwächsten Teams - die Lakers gestatten 101 Punkte pro Spiel - gegen eines der offensivstärksten - San Antonio legt im Schnitt 103 Punkte auf - bestehen kann.
Allerdings schwächelten auch die Spurs zuletzt. Das größte Problem: Neben Manu Ginobili, der bereits die gesamte Saison auf Grund mehrerer Verletzungen im On-and-Off-Modus absolviert, war auch Tony Parker zuletzt immer wieder angeschlagen. Gerade der Point Guard ist neben dem ewig frischen Tim Duncan für den Erfolg der Spurs aber unabdingbar.
San Antonios großes Plus: Die Spurs sind eingespielt, wie wohl kaum ein anderes Team. Der Kern spielt bereits seit Jahren zusammen, jeder weiß, was er auf dem Court zu tun hat. Dazu ist die Bank deutlich tiefer besetzt, als die der Kontrahenten aus Kalifornien. Dennoch besitzen die Lakers durchaus einige Bausteine, um San Antonio ernsthaft wehzutun.
Players to watch: Tony Parker vs. Steve Nash. In L.A. hofft man immer noch, Steve Nash rechtzeitig für Spiel eins fitzubekommen. Mit dem Point Guard wäre die Lakers-Offense wesentlich unausrechenbarer. Gerade jetzt, da die Abstimmung noch nicht vollkommen funktionieren kann, wäre ein echter Floor General goldwert.
Auf der anderen Seite ist Nash gegen Hochgeschwindigkeitsaufbau Parker eine Bürde. In der Defense kann er dem Franzosen nicht einmal ansatzweise folgen. Allerdings besitzt Parker für die Lakers-Defense ohnehin kryptonische Eigenschaften. Knüpft er an seine Leistungen von vor der Knöchelverletzung an, dürfte von keinem Laker dauerhaft zu verteidigen sein.
Prognose: Es wird eine unangenehme Serie für die Spurs. Die Lakers können San Antonio speziell unter den Körben richtig wehtun. Allerdings mangelt es L.A. nach Bryants Verletzung zum einen an Abstimmung, zum anderen an Scoringoptionen auf den Flügeln. Zudem geht das Trainer-Duell deutlich an den wohl besten Coach der Liga, Gregg Popovich. Spurs in 7.
Seite 4: Clippers vs. Grizzlies
Denver Nuggets (3) vs. Golden State Warriors (6)
Saisonbilanz: 3-1 (107:101, 102:91, 105:106, 116:105)
Ausgangsposition: Es ist angerichtet. Auf der einen Seite die Denver Nuggets, die sprintenden Athleten aus der Mile High City, auf der anderen die Golden State Warriors, die Scharfschützen aus der Bay Area. Bei derart potenten Offensivreihen dürfte zumindest einmal das Spektakel nicht zu kurz kommen.
Denver spielt schnell wie kaum ein anderes Team der Liga. Keine Mannschaft schießt effizienter von Downtown als Golden State. Mit Jungrekordhalter Stephen Curry, Klay Thompson und Jarred Jack treffen gleich drei Warriors über 40 Prozent ihrer Würfe von jenseits des Perimeter.
In der Defensive dürfte Golden State - gerade David Lee und Andrew Bogut, so er denn fit sein sollte - allerdings Probleme mit der Athletik der Nuggets bekommen. Zudem macht sich Denver inzwischen genüsslich die Höhenluft im Pepsi Center zu Nutze und schickte gegnerische Teams in 38 von 41 Versuchen geschlagen zurück gen Heimat.
Tatsächlich wären die Nuggets im Ernstfall sogar durchaus ein Kandidat für die Finals, wäre da nicht das Verletzungspech der letzten Wochen. Ty Lawson ist zwar wieder fit, nach Danilo Gallinari (Kreuzband) verletzte sich nun aber auch noch Kenneth Faried (Knöchel).
"The Manimal" hofft jedoch, bis zum Playoff-Auftakt wieder bei Kräften zu sein. Gute Nachrichten für die Nuggets, ginge ihnen ohne Faried doch ihr Energizer und Arbeiter unter den Brettern ab. Was den Warriors zusätzlich Hoffnung machen dürfte, ist Denvers eher mittelprächtig Dreier-Defense (Rang 20). Für den die Nuggets spricht wiederum die auch nach den Verletzungen unglaublich tiefe Bank.
Players to watch: Ty Lawson vs. Stephen Curry. Zwei Point Guards. Zwei völlig konträre Spielweisen. Während der eine, Lawson, leidenschaftlich gern in Richtung Zone zieht, fühlt sich der andere, Curry, rund um den Perimeter am wohlsten. Damit dürften Curry und seine 45,3 Prozent Dreierquote den Nuggets, die gegen sichere Distanzteams immer wieder ihre Probleme haben, einige Schwierigkeiten bereiten.
Lawson wird sein Pendant eng verteidigen müssen, um jegliches Heißlaufen zu verhindern. Auf der anderen Seite wird Curry regelmäßig in Transition gefordert sein, in der es Fast-Break-Initiator Lawson zu stoppen gilt.
Prognose: Bei allem Spektakel liegt des Rätsels Lösung, wie so oft in den Playoffs, in der Defense. Gelingt es Denver, Golden States Dreierschützen nicht ihren Rhythmus finden zu lassen? Können die Warriors die Fast-Break-Maschinerie der Nuggets stoppen? So oder so sprechen Heimvorteil und Kadertiefe für Denver. Nuggets in 6.
Seite 4: Clippers vs. Grizzlies
Los Angeles Clippers (4) vs. Memphis Grizzlies (5)
Saisonbilanz: 3-1 (101:92, 99:73, 85:96, 91:97)
Ausgangsposition: Man fühlt sich ein wenig an das vergangene Jahr erinnert. Damals trafen Clippers und Grizzlies ebenfalls in Runde eins aufeinander. Nach sieben unglaublich intensiven Spielen zog L.A. schließlich in Runde zwei ein. Viel knapper dürfte die Geschichte auch diesmal nicht ausfallen.
Denn auch in diesem Jahr bildet Memphis wieder den basketballerische Inbegriff von Defense. Die Grizzlies erlauben ihren Gegnern nur 89,3 Punkte pro Spiel und stellen damit die beste Defensive der gesamten NBA. Ausgedehnte Highlight-Vorführungen der Herren Griffin und Jordan dürften, anders als während der regulären Saison, also nicht zu erwartet sein.
L.A. muss seine Offense ein wenig umstellen. Heißt: Mehr Setplay, mehr Kampf unter den Bretter, weniger Fast Breaks und weniger schnelle Punkte. Mit Chris Paul haben die Clippers allerdings den perfekten Initiator und Taktgeber. Wohl kaum ein Playmaker verfügt über ähnliches Spielverständnis und ist damit derart geeignet, einen solchen "Systemwandel" erfolgreich umzusetzen.
Gefährlich wird es für den Pacific-Division-Champ allerdings unter den Brettern. Marc Gasol zählt inzwischen zu den besten Centern der Liga, fungiert dank seiner für einen Big Man herausragenden Passfähigkeiten (4 Assists pro Spiel) häufig als Play Maker am Zonenrand und liegt in den vier Partien gegen die Clippers zudem in beinahe allen Kategorien über seinem Saisonschnitt.
Mit Zach Randolph haben die Grizzlies zudem einen der besten Rebounder der Liga (11,2) in ihren Reihen. Offensiv wie defensiv werden Blake Griffin und DeAndre Jordan also deutlich mehr gefordert sein, als gewohnt. Dazu hat der Rudy-Gay-Trade Memphis nicht wirklich geschwächt. Im Gegenteil.
Ohne Gay haben die Grizzlies ihr Spiel nun endgültig auf ihre beiden dominanten Big Men ausgerichtet. Dennoch zählt die Offense mit lediglich 93,4 Punkten im Schnitt zu den absolut schwächsten der Liga. Dieser Fakt gemeinsam mit der extrem tief und hochwertig besetzten Bank der Clippers könnte den Ausschlag in Richtung L.A. geben.
Players to watch: Blake Griffin vs. Zach Randolph. Griffin zählt sicherlich zu den talentiertesten Big Men der Liga. Seine Athletik sucht ohnehin ihresgleichen. Dennoch wirkt gerade das Offensivarsenal auch im dritten Jahr noch sehr roh. Griffin hat sich zwar den einen oder anderen Post Move angeeignet, gerade gegen harte Defender fehlt es seinem Spiel aber häufig an der nötigen Finesse.
Allein deshalb birgt das Duell Griffin/Randolph einige interessante Facetten. Gelingt es Griffin regelmäßig zu scoren, lässt er sich nicht von Randolphs körperlicher Spielweise frustrieren, bietet er den Clippers eine nicht zu unterschätzende Waffe im Post. Angesichts der schwachen Offense der Grizzlies ist Randolph allerdings ebenfalls offensiv gefordert, was Griffin wiederum einigen Freiraum unter dem gegnerischen Korb verschaffen könnte.
Prognose: Wie im vergangenen Jahr wird es auf ein extrem enges Duell hinauslaufen. Beide Teams haben Mittel, dem jeweils anderen wehzutun. Trotz eines Mike Conley heißt der Clippers' größter Trumpf jedoch Chris Paul - und der wird schließlich auch den Ausschlag geben. Clippers in 7.