Weder die Spurs noch die Trail Blazers konnten Nikola Jokic bisher in den Playoffs 2019 stoppen. Denvers Big Man dominiert offensiv und hat sich als Leader der Nuggets etabliert - selbst ein Rekord von Magic Johnson ist nicht mehr sicher vor ihm.
Selbst bei Nikola Jokic läuft derzeit nicht alles perfekt. Kaum hatte sich der Nuggets-Big nach dem wichtigen 116:112-Sieg in Spiel 4 gegen Portland zur Pressekonferenz vor den wartenden Journalisten eingefunden, verschwand das dicke Grinsen, das kurz zuvor noch das Gesicht des Jokers bedeckte.
Stattdessen starrte er etwas geschockt auf das Mikrofon in seiner rechten und dann auf den eigentlich dazugehörigen Ständer in seiner linken Hand. Dann der hilflose Blick zur Seite: "Jemand hat es kaputtgemacht", scherzte Jokic, sich jeder Schuld unbewusst.
Ersatz war schnell gefunden, das kleine Missgeschick - Jokic zerrte etwas zu kraftvoll am Mikrofon und riss es vom Ständer - blieb dennoch als lustige Anekdote im kollektiven Twitter-Gedächtnis hängen. In Anbetracht seines ansonsten nahezu perfekten Abends konnte der 24-Jährige dies aber sicherlich problemlos verkraften.
Nikola Jokic auf den Spuren von Magic Johnson
Gemeinsam mit Jamal Murray, der den Blazers 34 Zähler, einen irren Zirkus-Shot über das Backboard sowie einen Poster-Slam gegen Enes Kanter einschenkte, führte Jokic sein Team zum enorm wichtigen Sieg in Spiel 4 und damit zum 2-2-Ausgleich in der Serie. Jokics Statline? 21 Zähler, 12 Rebounds und 11 Assists bei 8 von 15 aus dem Feld.
Es war das zweite Triple-Double für den Joker in Folge, das vierte insgesamt in den Playoffs 2019 - dem ersten Postseason-Auftritt seiner NBA-Karriere. Nur ein gewisser Magic Johnson hat bei seinem Playoff-Debüt mehr Triple-Doubles aufgelegt (5), es würde jedoch niemanden überraschen, wenn Jokic diese Marke knacken würde.
Es wäre ein weiterer Meilenstein in einer bereits jetzt außergewöhnlichen Saison. Der Serbe zauberte eine wahrlich spektakuläre Regular Season aufs Parkett, die ihn in den Dunstkreis der MVP-Kandidaten beförderte. Doch in den Playoffs legte Jokic einen weiteren Zahn zu. In nahezu allen Kategorien hat er seine Statistiken nochmal ein wenig nach oben geschraubt (Playoffs: 24,5 Punkte, 12,5 Rebounds, 9,3 Assists).
Die Saisonstatistiken von Nikola Jokic 2018/19
Spiele/Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | Turnover | FG% | Dreier% | |
Regular Season | 80/31,3 | 20,1 | 10,8 | 7,3 | 3,1 | 51,1 | 30,7 |
Playoffs | 11/40,3 | 24,5 | 12,5 | 9,3 | 2,5 | 50,0 | 40,9 |
Nuggets vs. Trail Blazers: Wer soll Nikola Jokic verteidigen?
Wirklich vielversprechend ging die Postseason 2019 aus Nuggets-Sicht allerdings nicht los. Der 2-Seed startete mit einer Pleite gegen die Spurs, Jokic legte dabei zwar sein erstes Triple-Double auf, blieb allerdings nur bei 10 Zählern. Jokic nahm in 36:21 Minuten Einsatzzeit gerade einmal 9 Würfe. Viel zu wenig.
Natürlich ist der Center ein selbstloser Spieler, der nur zu gerne und meist auf exzellente Art und Weise seine Mitspieler einsetzt. In manchen Situationen muss er aber vermehrt nach seinem eigenen Wurf schauen. Tut er das, dann gibt es nur wenige Spieler, die ihn effektiv verteidigen können.
In den zehn Spielen seit der Auftaktpartie stellte Jokic genau das unter Beweis. Seine Abschlüsse verdoppelten sich (19,3 FGA), ohne dass die Effizienz litt (insgesamt 50 Prozent aus dem Feld in den Playoffs und 40,9 Prozent von Downtown). Vor allem im Matchup mit den Trail Blazers gibt es niemandem, der ihm am offensiven Ende des Courts das Wasser reichen kann.
Nikola Jokic gegen Portland: Selbst Double-Teams chancenlos
Weder Kanter noch Zach Collins oder Meyers Leonard sind vielversprechende Optionen im Eins-gegen-Eins. Jokic kann sich vor allem im Post relativ problemlos gegen dieses Trio durchsetzen und mit seinen variablen Moves hochprozentig abschließen.
Und wenn Portland, wie in der Serie immer wieder zu beobachten ist, einen zweiten Verteidiger gegen den Joker schickt, bestraft er dies mit starken Pässen. Nicht umsonst hat sich Jokic 2018/19 den Ruf als einer der besten Passing-Big-Men der Association erarbeitet. Er ist ein Point Center, der mit seiner Court-Vision und spektakulären Pässen teils auch die eigenen Mitspieler überrascht.
Laut stats.nba.com spielte Jokic in seinen bisher elf Spielen in der Postseason unglaubliche 101,6 Pässe pro Partie. Das sind gut 30 Pässe mehr als der zweitplatzierte Kyle Lowry (70,7), seines Zeichens ein Point Guard.
Nuggets vs. Trail Blazers: Jokic als vielseitige Offensiv-Waffe
Damit aber noch lange nicht genug: Der Blick auf die Wurfquoten beweist, dass man ihn weder an der Dreierlinie noch in der Midrange offen stehen lassen darf. Zudem hat er in Person von Murray einen kongenialen Pick'n'Roll-Partner, mit dem er die Blazers-Defense regelmäßig terrorisiert.
In Situationen, in denen Jokic als Roll Man im Pick'n'Roll agiert (immerhin 6,3 possessions pro Partie in den Playoffs), legen die Nuggets 1,22 Punkte pro Ballbesitz auf - ein Topwert! Portland hat bisher kein wirkliches Mittel dagegen gefunden, gerade ein Switch und damit ein kleinerer Verteidiger gegen den Serben ist aus besagten Gründen in den meisten Fällen keine allzu gute Idee.
"Ich schaue mir einfach an, wo die Verteidiger stehen, was sie machen und worüber sie sprechen", erklärte Jokic vor wenigen Tagen gegenüber ESPN, wie er die gegnerischen Defenses auseinandernimmt, indem er ihre nächsten Schritte zu antizipieren versucht. "Für mich ist das normal. Ich frage mich einfach, was sie wohl tun werden. Und dann mache ich das Gegenteil davon."
Nikola Jokic: Keine Auszeit nach 4OT-Spektakel
Das klappt in dieser Saison extrem gut. Schickte sich in der ersten Runde noch Damian Lillard an, die Storylines als einer der besten Spieler der Playoffs 2019 zu dominieren, scheint nun Jokic ihm diesen Rang abzulaufen. Neben Giannis Antetokounmpo oder Kevin Durant spielt der Big Man in diesem Jahr wohl die beste Postseason.
Dabei überzeugt Jokic nicht nur mit simplen (oder komplizierten) Basketball-Moves, sondern auch mit seinem Einsatz und Kampfeswillen. Seine Arbeit am offensiven Brett ist bärenstark (3,8 Offensiv-Rebounds), selbst nach dem 4OT-Spektakel in Spiel 3, in dem Jokic mit 65 Minuten die meisten Playoff-Minuten seit 1953 abriss, nahm er sich in der so wichtigen vierten Partie keine Auszeit.
Hätte Denver die Partie verloren, stünde Denver nun bei 1-3 und damit mit dem Rücken zur Wand. Doch Jokic und auch Murray waren zur Stelle. "Es spricht für ihn, dass er niemals Angst vor einem großen Moment hat oder überfordert ist", lobte Nuggets-Coach Mike Malone bereits nach der Erstrundenserie gegen die Spurs.
"Wie er immer sagt: Es ist einfach nur Basketball, egal ob es Spiel 54 in der regulären Saison oder Spiel 7 in den Playoffs ist", so Malone weiter. Die Ruhe von Jokic auf dem Parkett, auch unter großem Druck, helfe den Mitspielern: "Er ist einer der Leader unseres Teams."
Trail Blazers: Was tun gegen Nikola Jokic?
Der Auftrag für Jokic ist klar: Er soll die Nuggets erstmals seit 2009 wieder in die Conference Finals führen. Dafür wäre ein Sieg in Spiel 5 vor eigenem Publikum ungeheuer wichtig. Doch wie könnte Portland den Joker stoppen?
Auch wenn es ein ausgelaugtes Sprichwort ist, aber in diesem Fall ist wohl Angriff die beste Verteidigung. In der Defense hat der Serbe enorme Probleme. In Spiel 4 konnte ein angeschlagener Kanter diese jedoch nicht ausnutzen. Geht es seiner Schulter besser, wird man eine solche Off-Night aber nicht immer erwarten können.
Stattdessen sollte ein Team, das Jokic und Murray kontinuierlich im Pick'n'Roll attackiert, in der Lage sein, viel zu scoren. Vor allem wenn auch noch Damian Lillard und C.J. McCollum auf der Gegenseite stehen. Denver (112,3) und Portland (111,9) legen in den Conference Semifinals nicht ohne Grund die besten Offensiv-Ratings hinter den Warriors und Rockets aufs Parkett - einer der Gründe, warum die Blazers Spiel 2 und 3 für sich entschieden.
Was Jokic in der Defensive allerdings abgibt, das holt er auf der anderen Seite des Parketts normalerweise wieder rein. Weder die Spurs, noch die Trail Blazers konnten ihn bisher wirklich stoppen. Darauf hoffen die Nuggets auch in Spiel 5.