NBA - Der Trade um Norman Powell zwischen den L.A. Clippers und Portland Trail Blazers in der Kurz-Analyse

Robert Arndt
05. Februar 202210:04
Norman Powell ist nun Spieler der L.A. Clippersgetty
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Die L.A. Clippers und die Portland Trail Blazers tauschen insgesamt fünf Spieler, unter anderem wechseln Norman Powell und Robert Covington nach L.A. Was sind die Absichten beider Teams?

Der Trade aus Sicht der Clippers

In typischer Clippers-Manier haben die Kalifornier einen Hasen aus dem Hut gezogen. Kaum ein Team versteht es besser, mögliche Trades unter Verschluss zu halten, so auch diesmal. Mit Norman Powell und Robert Covington verstärkt der Achte der Western Conference sein Team noch einmal, obwohl dieser Deal eher langfristig angelegt ist.

Clippers-Coach Tyronn Lue erklärte vor dem Spiel gegen die Los Angeles Lakers (111:110), dass Kawhi Leonard in dieser Saison eher nicht mehr eingesetzt wird, zuletzt hatte es immer mal wieder Gerüchte gegeben, dass der zweifache Finals-MVP nach seinem Kreuzbandriss in den vergangenen Playoffs womöglich doch noch einmal zum Einsatz kommen könnte. Auch der zweite Star, Paul George, fehlte zuletzt mit Schulterproblemen, eine Operation mit möglichem Saisonaus als Folge steht weiter im Raum.

Der Trade in der Übersicht

Clippers erhaltenNorman Powell, Robert Covington
Blazers erhaltenEric Bledsoe, Justise Winslow, Keon Johnson, Zweitrundenpick 2025

Und doch ist es aus Clippers-Sicht sinnvoll, diesen Trade jetzt zu machen, obwohl laut Bobby Marks (ESPN) die Luxussteuerrechnung von 94 Millionen Dollar noch einmal um 19 Millionen ansteigt. Geld spielt seit der Übernahme des früheren Microsoft-CEO Steve Ballmer ohnehin keine Rolle mehr. Herzstück des Deals ist Norman Powell, der sofort der beste Offensivspieler der aktuellen Clippers sein dürfte. Der 28-Jährige trifft nicht nur 40 Prozent seiner Dreier, sondern kann mit kraftvollen Drives auch Druck auf den Ring ausüben - eine Fähigkeit, welche im Clippers-Kader Mangelware ist.

Zu abhängig waren die Kalifornier bisher von der Tagesform von Reggie Jackson, Platz 26 im Offensiv-Rating (107,0) ist kein Zufall. In L.A. dürfte Powell nun wieder auf seine angestammte Position auf die Zwei rücken, insbesondere wenn die beiden Stars zurückkehren, sollte er eine sehr gute Ergänzung für die kommenden Jahre sein.

L.A. Clippers: Noch mehr Flügelpower

Powell ist zudem ein solider Verteidiger und ein deutliches Upgrade zu einem Spieler wie Luke Kennard. Dazu wurde der Guard erst im Sommer von den Blazers mit einem Fünfjahresvertrag über 90 Millionen Dollar ausgestattet, wodurch die Clippers nun bis 2026 auf Powell setzen können.

Im Gegenzug gaben die Clippers nur wenig im Hinblick auf die Zukunft ab, stattdessen nutzten sie vor allem den Deal von Eric Bledsoe, dessen Vertrag noch bis 2023 lief, wobei von den 19,4 Millionen aber nur 3,9 garantiert sind. Justise Winslow und Rookie Keon Johnson spielten ohnehin kaum eine Rolle.

Als Bonus gibt es noch den auslaufenden Vertrag von Robert Covington dazu, bei ihm wird es sich zeigen, ob er eine Zukunft in L.A. hat. RoCo bleibt ein polarisierender Spieler, weil er auf dem Flügel kein guter Eins-gegen-Eins-Verteidiger ist und der Wurf mal kommt, meistens aber geht. Dafür ist Covington noch immer einer der besten Help Defender der Liga - und das könnte für die Clippers von Wert sein, wenn sie Covington über die Saison hinaus behalten.

L.A. Clippers: Das Depth Chart

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Reggie JacksonNorman PowellTerance MannMarcus MorrisIvica Zubac
Luke KennardB.J. BostonAmir Coffey (Two-Way)Nicolas BatumIsaiah Hartenstein
Jason PrestonJay Scrubb (Two-Way)(Kawhi Leonard)Robert CovingtonSerge Ibaka
(Paul George)

L.A. Clippers: Ein Trade für Gegenwart und Zukunft

Mit Leonard und George haben die Clippers bereits elitäre Verteidiger für den Flügel, sodass Covington in der Theorie wie kurzzeitig in Houston in der Saison 2019/20 gesehen, den "Free Safety" geben könnte. L.A. hat nun ein paar Monate Zeit, dies zu evaluieren und zu entscheiden, ob Covington Teil der Zukunft sein soll. Durch den Trade halten die Clippers dessen "Bird Rights", können also für eine Verlängerung über den Cap gehen.

Dies ist wertvoll für ein Team tief in der Luxussteuer, welches nur Minimalverträge oder Exceptions ausgeben kann. Gleichzeitig könnte Covington auch über einen Sign-and-Trade-Deal weiter verschifft werden und den Clippers ein anderes Puzzleteil für einen Championship-Run bringen.

Und noch ein Randaspekt dieses Trades: Die Clippers haben nun wieder einen freien Kaderplatz. Beim Blick auf den Kader erscheint es fast logisch, dass dieser früher (Trade Deadline) oder später (Buyout-Markt) noch mit einem Spielmacher besetzt wird, da hinter Jackson ein großes Loch klafft.

Beunruhigend ist das für die Clippers aber nicht. Mit diesem Deal haben sie ihr Team für den Rest der Saison verbessert, auch wenn es ohne die beiden Stars schwierig werden dürfte, eine Playoff-Serie zu gewinnen. Auf lange Sicht haben die Kalifornier aber einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung erste Championship der Franchise-Historie gemacht.

Der Trade aus Sicht der Blazers

Auf den ersten Blick sieht der Trade für die Blazers verdammt schlecht aus, auf dem zweiten auch. In der Offseason 2020 legte Portland noch zwei Erstrundenpicks für Covington auf den Tisch, für Powell gaben die Blazers zur vergangenen Deadline Gary Trent Jr. nach Toronto ab, um den Guard dann im Sommer fürstlich zu entlohnen. In diesem Trade erhält man jedoch keinen zukünftigen Erstrundenpick, sondern nur den 21. Pick des vergangenen Drafts in Keon Johnson.

Der 19-jährige Forward spielte in dieser Saison erst 135 Minuten und ist damit das nächste Projekt der Blazers, die durch den Trade die Marschrichtung für die kommenden Wochen vorgeben und in einen soften Rebuild gehen. Es ist nicht auszuschließen, dass in den nächsten Tagen noch etwas passiert, aber alleine durch diesen Trade hat Portland etwas mehr Klarheit in den Kader gebracht.

Das liegt vornehmlich am Aufstieg von Anfernee Simons, der im Sommer Restricted Free Agent wird, und seit der Verletzung von Damian Lillard zeitweise großartigen Basketball spielt. Mit Lillard (39,3 Mio.), C.J. McCollum (30,8) und Powell (15,5) hatten die Blazers schon drei Guard-Großverdiener, durch den Trade ist eine Simons-Verlängerung wahrscheinlicher geworden. Der 22-Jährige dürfte mit seinen zuletzt gezeigten Leistungen ähnliche Forderungen wie Powell haben.

Portland hat die Zeichen der Zeit erkannt, ohne Lillard und auch den zuletzt starken Nassir Little, der wegen einer Schulterverletzung in dieser Saison nicht mehr spielen wird, werden die Blazers diese Saison abschenken und stattdessen versuchen, das Team um Lillard neu zu justieren.

Das Trio aus Lillard, McCollum und Powell spielte nur ein Jahr in Portland zusammen.getty

Blazers bauen um Damian Lillard um

Das Three-Guard-Lineup mit Lillard, McCollum und Powell war zwar offensiv enorm explosiv, doch da keiner in diesem Trio größer als 1,90 Meter groß ist, defensiv zu anfällig, um ein potentes Playoff-Team zu sein. Da auch Covington nie der Stopper sein konnte, den man sich in Portland erhofft hatte, war es nur konsequent, noch etwas für den 31-Jährigen zu bekommen.

Aus finanzieller Sicht vermeiden die Blazers so auch die Luxussteuer für diese Saison und wohl auch das kommende Jahr, wenn sie Bledsoe spätestens im Sommer entlassen. Trotz allem ist es ein hoher Preis für Portland, das darauf hoffen muss, dass Johnson sein ohne Frage großes Potenzial auch wirklich abruft.

Auf dem College galt der 19-Jährige als Lottery Pick, fiel aber bis an Position 21 und war bei den Clippers klar im Schatten von Rookie-Kollege B.J. Boston. Die Blazers sind ein guter Ort für Johnson, Portland hat über Jahre mehrere spätere Erstrundenpicks zu guten Rotationsspielern entwickelt. Johnson ist enorm athletisch, bislang aber aber ohne Wurf. Daran gilt es zu arbeiten.

Simons ist das jüngste Beispiel, aber auch Little muss an dieser Stelle dringend genannt werden. Letztlich ist ein Zweitrundenpick 2025 plus Johnson aber ein sehr magerer Gegenwert für die Blazers, solange der Ex-Erstrundenpick nicht explodiert. Womöglich passiert noch etwas zur Deadline (Jusuf Nurkic?), ein radikaler Umbruch, also ein Trade von Lillard, ist laut Adrian Wojnarowski (ESPN) für den Moment kein Thema.