Vor den Christmas Games (Warriors vs. Cavaliers im LIVESTREAM FOR FREE) gibt es einiges zu besprechen. Können die Rockets den Warriors gefährlich werden? Ist das Projekt in OKC bereits gescheitert? Ist Joel Embiid bereits der beste Big Man der Liga - und wie schlägt sich Maxi Kleber in Dallas? Zwei SPOX-Redakteure diskutieren mit basketball.de-Chefredakteur Manuel Baraniak und DAZN-Kommentator Alex Schlüter.
Die Houston Rockets sind ein ernstzunehmender Gegner für die Golden State Warriors
Alex Schlüter: Nein, das sind sie nicht. Ja, sie spielen bislang sehr erfolgreichen Basketball. Ja, seit Chris Paul zurück ist, spielen sie sogar noch erfolgreicheren Basketball. Aber: So wirklich viele gute Mannschaften hat Houston in dieser Saison noch gar nicht geschlagen. Die Spurs waren zuletzt eine Ausnahme - das war beeindruckend, das gebe ich zu - trotzdem habe ich sie in den Playoffs nicht nur klar hinter den Warriors, sondern selbst hinter San Antonio. Versteht mich nicht falsch, in Houston ist etwas Großartiges entstanden in den letzten Jahren, das mit Paul jetzt noch einmal stark ergänzt wurde. Trotzdem sind die Rockets für mich weiterhin ein Regular-Season-Team, das die Gegner mit ihrer fluiden Offense überrollt, in den langsameren, taktisch geprägteren Playoffs aber doch irgendwann an seine Grenzen stößt.
Manuel Baraniak: Ich bin da optimistischer als du, Alex. Der Fokus richtet sich zwar vor allem auf James Harden und Paul, aber was die Rockets abgesehen davon auch auszeichnet, ist in dieser Saison die Defense. Gerade P.J. Tucker und Luc Mbah a Moute sind da richtig wichtige Additionen gewesen und sie erlauben es den Rockets, sozusagen ein eigenes Death Lineup aufzustellen, also eine sehr kleine und trotzdem defensivstarke Aufstellung, bei der eigentlich jeder alles switchen kann. Das könnte ein Ansatz sein, wie die Rockets tatsächlich mit Golden State mithalten könnten. Natürlich muss sich aber erst zeigen, ob sie so dominant auch in den Playoffs auftreten können - Teams unter Mike D'Antoni waren ja generell oft in erster Linie Regular-Season-Teams. Bei Paul kann man das ebenfalls sagen. Es könnte schon sein, dass die Rockets ihren Höhepunkt schon während der Saison haben, was bei den Warriors mit Sicherheit nicht der Fall sein wird. Aber warten wir es mal ab - dieser Kader ist auf jeden Fall so zusammengestellt, dass er den Warriors wirklich gefährlich werden könnte.
Thorben Rybarczik: Mal unabhängig davon, ob sie die Warriors in dieser Saison schlagen können oder nicht: Ich finde es, wie Alex schon sagt, toll, was die Rockets sich aufgebaut haben. Es gibt diese eine klare Strategie mit Morey-Ball und daran wird seit Jahren festgehalten. Anfangs wurde der GM dafür ja noch belächelt, aber das ist vorbei. Sie ziehen ihr Ding durch und machen auch keinen Hehl daraus, was ihr Ziel ist: Die Championship. Davon sind sie "besessen", wie Morey sagt, alles andere wäre eine Enttäuschung. Das finde ich erfrischend, dass man so ehrlich damit umgeht. Und man tut alles, um das Maximum aus der Prime von Harden herauszupressen, mit vollem Risiko. Ob es dieses Jahr reicht? Vermutlich nicht. Aber ich halte die Herangehensweise der Rockets für die Richtige, um den Dubs beizukommen. Das Spiel des Champions "umzukehren" und klassisch langsam und groß zu spielen, wird nicht funktionieren.
Ole Frerks: Ich finde das immer ein bisschen lustig - man redet aktuell so viel über den krassen Start der Rockets, ich ja selbst auch. Aber dann blickt man auf die Tabelle und sieht, dass die Dubs fast exakt dieselbe Bilanz aufweisen, ohne dass sie auch nur ansatzweise ihren besten Basketball zeigen. Das hat mittlerweile schon LeBron-Niveau: Für die Dubs gelten einfach andere Standards als für alle anderen. Und trotzdem könnte Houston ihnen gefährlicher werden, als ich das vorher angenommen hatte. Du hast die neue Defensivstärke schon angesprochen, Manuel, aber folgender Faktor spielt auch eine Rolle: Dadurch, dass die Rockets über 43 (!) Dreier pro Spiel nehmen, manipulieren sie gewissermaßen die Mathematik. Jeder weiß, dass man in Sachen Talent kein Team aufstellen kann, das besser ist als Golden State. Aber wenn man starke Schützen zusammenlegt und sie ballern lässt, nimmt der "Zufall" eine größere Rolle ein. Und wenn dann Houston seine 23, 24 Dreier trifft, spielt es vielleicht nicht mehr die übergeordnete Rolle, dass die Dubs mehr All-Stars oder Hall-of-Famer haben. Natürlich ist man dann trotzdem noch der Außenseiter - aber wenn man den Dubs irgendwie beikommen will, muss man eben kreativ werden. Die Rockets spielen Warriors-Ball auf Speed. Und sie haben dafür natürlich auch das perfekte Personal, zumindest dann, wenn sie Harden diesmal für die Playoffs einigermaßen frisch halten können.
Manuel Baraniak: Das stimmt. Grundsätzlich ist ja die Frage der heutigen Zeit, ob man versucht, die Dubs mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, also auch klein spielt, oder sie mit Big Ball herausfordert - so wie es OKC 2016 tat, bevor Kevin Durant diese Rivalität im Alleingang beendet hat. Houston hat sich für die kleine Variante entschieden und in diesem Jahr haben sie vielleicht auch die beste Chance. Die Frage ist aber, ob man so wirklich vier von sieben Spielen gewinnen kann.
Das Projekt der OKC Thunder ist bereits gescheitert
Ole Frerks: Es kommt ein bisschen darauf an, wie wir "gescheitert" definieren. Ist die Frage, ob sie den Titel holen? Dann sind sie gescheitert, aber das sind sie für mich auch schon vor der Saison. Die eigentlich relevante Frage ist für mich: Werden genug Argumente für Paul George geliefert, dass er im Sommer einen neuen Vertrag in OKC unterschreibt und L.A. L.A. sein lässt? Wenn er das nämlich nicht tut, sind wir ganz schnell wieder beim Stand der letzten Saison, was nur Triple-Double-Chronisten gefallen würde. Das ist für die Zukunft der Thunder wichtiger als alles andere, nachdem Westbrook bereits langfristig verlängert hat. Man muss aber natürlich gestehen, dass es momentan nicht wirklich gut dafür aussieht. Blenden wir die mittelprächtige Bilanz mal aus - auffällig ist ja auch die miese Körpersprache von George. Auch in Interviews klingt er nicht wie jemand, der sich vorstellen kann, noch lange mit Westbrook den mittleren Westen unsicher zu machen. Eher klingt er genau wie letztes Jahr in Indiana. Es wirkt nicht so, als würde es ihm viel Spaß machen, in der Ecke herumzustehen, während Russ sein Ding macht. Das kann ich ihm auch nicht verübeln. Aber wenn ich Sam Presti hieße, würde mich das ziemlich alarmieren.
Manuel Baraniak: Und deswegen gibt es ja auch das Trade-Thema. Die Sache ist aber natürlich die, dass alle interessierten Teams, die Lakers zum Beispiel, ja die Lage kennen und deswegen wohl kaum mit einem guten Angebot an OKC herantreten werden, um George zu bekommen. Vor allem dann nicht, wenn sowieso alle davon ausgehen, dass er als Free Agent dann zu den Lakers geht. Das ist keine einfache Position für OKC. Und deswegen glaube ich auch, dass sie keinen Trade einfädeln werden, sondern alles dafür tun werden, es irgendwie doch zum Laufen zu bekommen. Gerade wegen Westbrook habe ich da aber auch meine Bedenken - es gab ja schon in der Zeit mit Durant immer Zweifel, aber jetzt mit zwei Stars an seiner Seite scheint es tatsächlich so, dass seine Spielweise nicht wirklich funktioniert. Und wenn er das ändern könnte, hätte er es vermutlich auch schon getan. Aber du hast es schon richtig gesagt, Ole: Endgültig wissen wir es erst im kommenden Sommer.
Alex Schlüter: Das Projekt OKC war für mich bereits vor dem ersten Tip-Off gescheitert. Ich habe es ja schon in der Triangle zur Saisonvorschau klar gesagt. Und wenn ich mal mit einer Prognose recht behalte, dann hau ich sie doch gern gleich noch mal raus: Die Thunder können in dieser Konstellation einfach nicht klappen. Die Stars sind keine Teamspieler, keine echten Leader und vor allem keine Spieler, die Leute um sie herum besser machen. Bei Westbrook können wir da vielleicht ein paar Abstriche machen, aber über das Thema Russ und seine Mitspieler könnte man ja ganze Bücher schreiben. Was also tun? Den Laden jetzt direkt wieder einzureißen ist mehr als unrealistisch und wäre wohl auch nicht sinnvoll. Keiner der drei Stars wird getradet werden. Das einzige Ziel kann es sein, sich im neuen Jahr zu berappeln, die Playoffs zu schaffen - was mit diesem Kader eigentlich ein Muss ist - und dort dann ein Dark-Horse-Team zu sein, gegen das kein echtes Top-Team spielen möchte. Es klingt etwas traurig, aber das ist aktuell das Maximum, das ich bei OKC für möglich halte.
Thorben Rybarczik: Es freut mich, dass du deine Prognose selbst bestätigen kannst, Alex. Ich war ja damals vorsichtig optimistischer, weil ich glaubte, dass die drei Stars Lust auf dieses Experiment haben und deshalb Einschnitte in ihrer Rolle hinnehmen. Man kann nun nicht behaupten, dass sie es nicht versuchen würden - aber man wird halt über Nacht kein anderer Spieler. Gerade Russ bemüht sich phasenweise, aber aus ihm wird kein Playmaker im klassischen Sinn mehr. Und seine Aktion vor wenigen Wochen, als er Steven Adams angebrüllt hat, als dieser einen Wurf verwehrte, der Westbrook das Triple-Double eingebracht hätte, zeigt: Ganz so glaubwürdig sind seine Beteuerungen, dass ihm seine Rolle und seine Statistiken nicht so wichtig sind, irgendwie doch nicht. Es passt einfach nicht in OKC. Und über die Bank brauchen wir gar nicht erst sprechen.
Joel Embiid ist bereits der beste Big Man der Liga
Manuel Baraniak: Die Frage nach den Verletzungen können wir eigentlich bei jedem Spieler stellen, aber bei Embiid gibt es eben tatsächlich diese Krankenakte und er hat bisher gerade erst 1.500 Minuten in der NBA absolviert. Wir wissen noch nicht einmal, ob er Back-to-Backs spielen kann, bisher verhindern die Sixers das ja. Kann er dann wirklich der beste Big Man sein? Andererseits: Wenn wir seine Skills betrachten - er hat den Skyhook von Kareem, den Dream Shake von Olajuwon, er hat diese klassischen Moves und kann dann aber auch noch Dreier werfen. Das Einhorn-Thema ist für mich etwas überbewertet, aber Embiid kann man tatsächlich so bezeichnen. Er hat einfach alles! Deswegen würde ich die Aussage trotz aller Zweifel wegen seiner Gesundheit so unterschreiben.
Ole Frerks: Ich würde da noch nicht ganz so weit gehen, aber fast. Und was ich definitiv sagen würde: Bleibt Embiid gesund, ist er auf Jahre der wichtigste Big Man. Denn in einer Smallball-Liga könnte er letztendlich das Gegenmittel darstellen. Die Warriors sind mit ihrem Death Lineup ja deswegen so historisch gut, weil Green und auch Durant es ihnen erlauben, "klein" zu spielen und trotzdem defensiv auf höchstem Level zu agieren, einfach weil es kaum Teams gibt, die das physisch bestrafen können. Bei den Pelicans und ihren Twin Towers gab es diese Hoffnung, aber das Team ist abgesehen von Davis und Cousins so verheerend zusammengestellt, dass man es kaum ernst nehmen kann. Auch Philly hat natürlich noch einen extrem weiten Weg vor sich. Aber Embiid ist mit seiner Physis und seinen Skills offensiv nicht zu kontrollieren und defensiv hat er eben auch die Fähigkeit, vor den kleinen Guards zu bleiben und gleichzeitig den Ring zu beschützen. Man sagt das ja auch über Porzingis und ein paar andere, aber niemand ist so vielseitig und gleichzeitig physisch so enorm, dass er Gegenspieler einfach überpowern kann. Embiid ist das wahre Einhorn, um bei der Metapher zu bleiben. Ganz abgesehen davon hat er eine Persönlichkeit, die der Liga gut tut. Ich hoffe deswegen sehr, dass er gesund bleibt, denn Embiid könnte sozusagen eine Konterrevolution einleiten. Es hat auf Dauer ja wenig Reiz, wenn alle Teams denselben Small-Ball spielen.
Manuel Baraniak: Das ist ein guter Punkt. Vor ein paar Jahren las man ja regelmäßig, der Center wäre tot, nun haben wir eine ganz neue Center-Generation, die für Skill-Ball steht und die die Liga ganz neu prägen könnte. Und Embiid steht bei dieser Entwicklung ganz vorne, weil er das größte Unikat unter den Big Men ist. Vielleicht müssen Teams in einigen Jahren nicht mehr für das Death Lineup planen, sondern für Spielertypen wie Embiid.
Alex Schlüter: Er ist nah dran, auf der 1 habe ich ihn aber noch nicht ganz. Da würde ich im Zweifel doch auf Anthony Davis setzen, weil der defensiv mehr Einfluss hat. Ich genieße es total, Embiid spielen zu sehen. Seine Bewegungen sind fantastisch, weil er die perfekte Mischung aus eleganter Beinarbeit und präzise eingesetzter Power bringt. Ab und zu zuckt man als Sympathisant trotzdem zusammen, weil die Verletzungsanfälligkeit weiter wie ein Damoklesschwert über ihm schwebt, aber wenn er fit bleibt und in Sachen Teamdefense noch etwas draufpackt, dann bin ich mir sicher, dass ich schon in wenigen Monaten meine Einschätzung zu der Frage ändern werde und ihn auf die Pole Position setze. Obwohl, wartet mal. Wenn ihr mich fragen würdet: Welchen Big Man würdet ihr aktuell in euer Team holen, um maximal erfolgreich zu sein, dann würde ich keinen der beiden nennen. Denn dann gibt es für mich weiterhin nur eine Antwort: Draymond Green!
Thorben Rybarczik: Ich bin es etwas leid, im Zusammenhang mit Embiid ständig nur mögliche Verletzungen zu thematisieren. Ja, er hat die ersten zwei Jahre verpasst, ja, die Sixers sind übervorsichtig mit ihm und ja, er kann sich - bei seiner Spielweise - jederzeit wieder verletzen. Aber man kann doch, da bin ich bei dir, Manuel, einen Haufen Spieler nennen, bei denen das auch so ist, für mich ist das nicht entscheidend. Außerdem scheinen die Philly-Ärzte Vertrauen in Embiids Körper zu haben: Beim Triple-OT-Spiel gegen OKC spielte er fast 50 Minuten, trotz Rückenbeschwerden! Okay, das hat ihn die nächsten drei Spiele gekostet. Aber ich halte das wie gesagt für Vorsichtsmaßnahmen. Wäre es eine Playoff-Serie gewesen, stünde er vermutlich zwei Tage später wieder auf dem Feld. Zurück zur Frage: Um unter den Bigs ganz oben zu stehen, fehlt es ihm nur an einer Sache: Der Entscheidungsfindung. Gerade in engen Situationen neigt er dazu, übermotiviert Plays im Post zu erzwingen. Das schadet seiner Effizienz. Ansonsten habt ihr über sein Skill-Set alles gesagt - man kann sich nur auf die Zukunft freuen!
Maxi Kleber wird in Dallas über Jahre Leistungsträger
Manuel Baraniak: Bei Kleber kommen viele Faktoren zusammen. Einerseits der Umbau bei den Mavs, andererseits auch die Situation mit Noel, der in Dallas keine Rolle mehr spielen wird. Zudem ist er fit, was ja in seiner bisherigen Karriere längst nicht immer der Fall war. Ich kann nicht abschätzen, ob das in einer 82-Spiele-Saison so bleiben wird, aber Stand jetzt kann man schon festhalten, dass er seine Sache sehr gut macht. Er hat Fähigkeiten, die die Mavericks brauchen: Er ist defensiv gut und vor allem vielseitig, was im Lineup neben Nowitzki ein Muss ist, dazu bringt er eine dringend benötigte athletische Komponente rein. Er kann werfen und mittlerweile traut er sich im Gegensatz zum Saisonbeginn auch, die Würfe wirklich zu nehmen. Er ist jetzt kein dynamischer Scorer, aber er macht kaum Fehler und ist mit seinem Einsatz einfach ein richtiger Profi, auf den sich der Coach verlassen kann - das macht gerade bei jemandem wie Carlisle einen riesengroßen Unterschied. Für den Moment hat Kleber auf jeden Fall seine Nische gefunden. Und ich kann mir schon vorstellen, dass die Mavs daher auch längerfristig mit ihm planen werden.
Alex Schlüter: Ich finde super, was Maxi da in Dallas gerade macht. Er spielt eine für mich noch immer unterschätzte Verteidigung, hat jetzt auch angefangen seinen Wurf zu treffen und garantiert den Coaches immer vollen Einsatz und Disziplin. Das ist übrigens in einer Depth Chart mit Mecker-Mejri und Hot-Dog-Noel gar nicht zu unterschätzen. Ein wichtiger Leistungsträger im Sinne von "Starspieler" wird er trotzdem nie werden, denke ich. Das sollte auch nicht sein eigener Anspruch sein. Maxi setzt zwar bei sich selber sehr hohe Maßstäbe an und geht enorm kritisch mit seinem eigenen Spiel um; sich dem Druck auszusetzen, in naher Zukunft eine Leaderrolle im Team einzunehmen, würde ihm aber sicher nicht gut tun. Die Rolle des geheimen Schlüsselspielers traue ich ihm hingegen aufgrund seiner Vielseitigkeit durchaus über mehrere Jahre in Dallas zu. Er hat von der 3 bis zur 5 schon alle Positionen gespielt und überall noch eine Menge Entwicklungspotenzial. Wenn er den Weg weiter so geht, dann kann er sicher ein Spieler werden, den jeder Coach gern aufs Feld schickt und den jeder Fan in Dallas gern auf dem Feld sieht.
Ole Frerks: Langfristig ist das generell schwer zu sagen. Ich nehme an, dass wir von seinem schnellen Erfolg in Dallas alle positiv überrascht sind, aber natürlich hat das auch mit der für ihn günstigen Situation zu tun. Die Mavericks sind einerseits mies und anderseits ist derjenige, der eigentlich starten sollte, beim Coach genauso beliebt wie Turnover beim Inbound-Pass. Natürlich musste Maxi diese Chance erst nutzen und das macht er sehr gut, das will ich auch überhaupt nicht kleinreden. Nur können wir seinen Erfolg doch nicht losgelöst von den Umständen betrachten. Er ist ja einer, der sich wohlfühlen muss und der auch einen gewissen Rhythmus braucht, damit er "funktioniert". Dass er das Skillset zu einem guten Rollenspieler in der NBA hat, steht für mich außer Frage. Aber könnte er sich auch durchsetzen, wenn er immer nur mal drei oder vier Minuten am Stück spielen würde? Ich finde da den Vergleich mit Daniel Theis interessant, der so eine Rolle ja bei einem Top-Team hat: Theis ist nicht das Riesentalent, aber jemand, der im positiven Sinne nicht nachdenkt - er spielt einfach, konzentriert sich auf seine Stärken und lässt sich nicht beirren. Kleber ist jemand, der, wie er selbst zugibt, manchmal ein bisschen zu viel nachdenkt. Daher: Warten wir mal ab, wie es sich auf seine Leistungen auswirkt, wenn er nicht in Ermangelung von Alternativen so viel Spielzeit erhält wie im Moment.
Thorben Rybarczik: Das war doch am Anfang der Saison schon der Fall. Es gab viele DNPs, viele Garbage-Time-Einsätze und viele Spiele mit einstelliger Minutenzahl. Dazu kamen seine Probleme bei der Umstellung auf die neue Dreierlinie. All das hat sicherlich dazu geführt, dass er viel nachdenkt - und trotzdem hat er sich durchgesetzt. Diese eine wichtige "Hürde" hat er also schon längst genommen.
Die Enttäuschung der bisherigen Saison ist ...
Manuel Baraniak: Durch die vielen Verletzungen ist das in dieser Saison gar nicht so leicht zu beantworten. Aber ich bin bisher auf jeden Fall von den Hornets enttäuscht worden. Auch sie hatten mit Batum und Zeller ja ihre Ausfälle, aber ihre Bilanz von 11-21 erklärt das eigentlich nicht. Ich hatte sie vor der Saison definitiv in die Playoffs getippt, aber gerade dann, wenn Kemba Walker nicht spielt, ist Charlotte wirklich schwer anzuschauen, gerade offensiv.
Ole Frerks: Man muss sich ja irgendwie auch fragen, ob das bei einem Team mit Dwight Howard überhaupt anders möglich ist. Ich bin schon die ganze Saison darüber amüsiert, wenn Leute von seiner (fünfzehnten) "Renaissance" sprechen - natürlich sind Dwights Counting Stats gut, aber wenn man sich die Hornets anschaut, sieht man auch, dass diese nur die halbe Wahrheit erzählen. Howard postet häufiger auf als Kristaps Porzingis und verliert dabei ständig den Ball. Auch wenn er im Post-Up punktet, wird dafür der Spielfluss geopfert, weil er für seine Aktionen ewig braucht. Howard ist offensiv nur dann eine effektive Waffe, wenn er hart zum Korb abrollt und dunkt. Leider reicht ihm das nicht, aber das wissen wir ja bereits seit einigen Jahren. Deswegen überrascht es mich auch nicht großartig, dass Charlotte mit ihm keinen tollen Basketball spielt.
Manuel Baraniak: Etwas schöner wäre es vermutlich, wenn wie im letzten Jahr Zeller den Facilitator als Big Man geben würde. Dann hätte sich der Howard-Trade natürlich wiederum überhaupt nicht gelohnt. Wir dürfen bei den Hornets aber auch nicht vergessen, dass ihre Situation durch den krankheitsbedingten Ausfall von Coach Steve Clifford sicher nicht leichter geworden ist.
Ole Frerks: Obwohl sie tabellarisch gut dastehen und er wie üblich gute Zahlen auflegt, bin ich von Karl-Anthony Towns und auch von den Timberwolves enttäuscht. Es ist mir einfach unerklärlich, wie ein so talentierter Spieler, der ein Jahr von Kevin Garnett und jetzt zwei Jahre von Tom Thibodeau gelernt hat, so wenig Interesse an Defense zeigen kann. Zumal es ja Spiele gibt, in denen er auf einmal Guards am Flügel kaltstellt und den Ring beschützt - wahrscheinlich immer dann, wenn er am Vortag ein paar Blogposts gelesen hat, die seine Defense kritisieren. Er hat die Fähigkeiten, das macht es noch frustrierender! Towns will als einer der besten Spieler der Liga wahrgenommen werden, aber irgendwann muss er dafür auch realisieren, dass Defense dafür auch eine Rolle spielt. Dass da in Jahr drei nahezu überhaupt keine Entwicklung zu sehen ist, finde ich alarmierend. Und dass die Wolves mit dem Personal auf Platz 25 beim Defensiv-Rating liegen, ist eigentlich auch ein ziemlicher Witz.
Alex Schlüter: Für mich ist auch Gordon Hayward eine Enttäuschung. Und damit meine ich natürlich nicht seine Leistung, sondern die bittere Tatsache, dass er sich direkt im ersten Saisonspiel so heftig verletzt, dass die Saison für ihn vorbei ist. Das ist für ihn selber unglaublich enttäuschend, natürlich auch für das Team und für mich, weil ich vor der Saison große Hoffnung hatte, dass die Eastern Conference ein fantastisches Finale zwischen Boston und Cleveland erleben wird. Endlich mal wieder ein Duell auf Augenhöhe, zwischen zwei Teams, die unterschiedliche Spielanlagen haben und sich auf dem Weg in die Finals alles abverlangt hätten. Jetzt spreche ich von all dem nur noch im Konjunktiv, weil ich trotz des tollen Starts von Boston einfach nicht daran glaube, dass sie Cleveland mit diesem Team ohne Hayward als zweiter Scoringoption über sieben Spiele wirklich schlagen können. Und bevor ich das vergesse: Für Hayward selber tut es mir auch unglaublich leid. Hoffen wir einfach, dass er wieder fit wird und auf demselben Level spielen kann wie vor der Horrorverletzung. Dann werden wir an ihm und den Celtics sicher noch viel Spaß haben.
Thorben Rybarczik: Immerhin hat Hayward zuletzt ein Comeback noch in dieser Saison nicht ausgeschlossen, seine Reha läuft ja offenbar exzellent. Trotzdem hast du recht - so ein tragischer Ausfall gleich zur Opening Night ist aus allen Perspektiven deprimierend und selbst wenn er zurückkommt, würde es mehrere Wochen dauern, bis er annähernd in seiner ursprünglichen Verfassung ist. Und die Zeit hätte er ja nicht. Darüber hinaus hatte ich mir eine schönere Saison von den Mavericks erhofft, auch, wenn ich im Nachhinein gar nicht weiß, warum eigentlich. Verletzungspech ist das eine, aber die Art und Weise, wie das Team regelmäßig Siege in der Crunchtime wegwirft, ist schon verblüffend. So verpuffen viele gute Leistungen von Dirk, was schade ist. Teilweise hat man schon das Gefühl, dass sie Spiele absichtlich herschenken - aber verratet das bloß nicht Mark Cuban.