Jäger des entscheidenden Moments

David Schmitt
08. Januar 201519:59
Adam Vinatieris Blizzard-Kick gegen die Oakland Raiders ist unvergessengetty
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Kicker zählen oft nicht so wirklich zum Mannschaftsgefüge eines NFL-Teams. Adam Vinatieri verschaffte sich mit einem Tackle jedoch schon früh in seiner Karriere Respekt bei den Kollegen. Der Altmeister zählt bis heute zu den besten Kickern in der NFL, seine Clutch-Shots für die New England Patriots und die Indianapolis Colts bleiben unvergessen. Am Sonntag in Denver (ab 22:40 Uhr im LIVE-TICKER) könnte der leidenschaftliche Jäger weiter an seiner eigenen Playoff-Legende stricken.

In einem Football-Team gibt es die Mannschaft und es gibt die Kicker. Die Abgrenzung der beiden Mannschaftsteile beginnt meist schon bei den physischen Eigenschaften und Talenten. Auch die Trainingseinheiten der Kicker werden nur selten zusammen mit dem Team durchgeführt. Adam Matthew Vinatieri konnte sich jedoch bereits in seiner Rookie-Saison den Respekt seiner Mitspieler verschaffen.

"Du bist kein Kicker, du bist ein Football-Spieler", lobte vor 18 Jahren Bill Parcells, der damalige Headcoach der Patriots. Der Grund? Ein spektakuläres Play gegen Herschel Walker von den Dallas Cowboys in Week 15 der Saison 1996.

"This guy is for real"

Ein Kickoff-Return landete bei Walker, der die Lücken in der Special-Teams-Reihe der Pats fand und ein freies Feld zum Touchdown vor sich hatte. Wie aus dem Nichts tauchte allerdings Vinatieri im Rücken des zweimaligen Probowlers auf, sprintete an der Seitenlinie mit raumgreifenden Schritten immer näher an den Running Back heran und brachte ihn 20 Yards vor der Endzone mit einem Diving-Tackle zu Fall.

"Ich dachte es ist Zufall, dass ein Kicker tacklen kann. In dem Moment realisierte ich: This guy is for real. Jetzt ist er einer meiner besten Freunde im Team", sagte Pats-Linebacker Tedy Bruschi später erstaunt über seinen Rookie-Kollegen.

Insgesamt wurden es zehn äußerst erfolgreiche Jahre der Zusammenarbeit. Der Super Bowl im ersten NFL-Jahr endete noch mit einer Niederlage gegen die Green Bay Packers, danach stellte sich der Erfolg ein: Zwischen 2001 bis 2004 gewann Vinatieri zusammen mit Mastermind-Coach Bill Belichick dreimal die Vince-Lombardi-Trophy und sorgte mit unfassbaren Clutch-Momenten für Aufsehen.

Vom Blizzard-Kick zum doppelten Matchwinner

Unvergessen bleibt das 45-Yard-Field-Goal im Blizzard-Spiel gegen die Oakland Raiders in den Divisional Playoffs im Januar 2002. Mit weniger als einer Minute in der regulären Spielzeit zu spielen nagelte Vinatieri den Ball bei widrigsten Bedingungen zwischen das Upright. Ausgleich, 13:13.

"Es war der beste Kick den ich jemals gesehen habe. Ich setze es noch vor Tom Dempseys 63-Yarder, den ich ebenfalls sehen konnte", erklärte Belichick selbst Jahre danach. In der Overtime machte der Kicker zudem den Sieg mit einem 23-Yard-FG klar.

Der Super Bowl sollte weitere Sternstunden für den Mann aus South Dakota bringen, Vinatieri bewies Jahr um Jahr seine Nervenstärke und Clutchness. Beim Super Bowl XXXVI sorgte er allein für den Schlusspunkt: Die Uhr lief beim Stand von 17:17 gegen die St. Louis Rams ab, das Ei war 48 Yards in der Luft und segelte durch die Torstangen - und die Pats hatten den großen Favoriten um Quarterback Kurt Warner besiegt.

Doch damit nicht genug. Die Wiederholung des Game Winners beim größten Sportevent folgte schon zwei Jahre später: Gegen die Carolina Panthers traf Vinatieri aus 41 Yards und sorgte erneut in letzter Sekunde für die Entscheidung.

QB-Rating: Besser als Manning und Brady

Als die Pats ihren Titel im Folgejahr verteidigten, war zur Abwechslung nicht der heute 42-Jährige für die Entscheidung verantwortlich, trotzdem gab es in der Saison ein Highlight für den Kicker. "Mein Quarterback-Rating ist besser als das von Peyton Manning und Tom Brady. Das bekommen beide zu hören, das könnt ihr mir glauben", scherzt Vinatieri heute. Der einzige Passversuch seiner Karriere bei einem Fake-Field-Goal - wieder gegen die Rams - führte zum Touchdown. Vinatieris QB-Rating steht damit bei robusten 122,9 (Manning: 97,5, Brady: 95,9).

Doch dass er überhaupt den Weg in die NFL fand, war eine glückliche Fügung. Vinatieri wurde ursprünglich für das College-Team der Army verpflichtet, wechselte aber nach wenigen Wochen zurück in die Heimat an die South Dakota State University und machte 1995 seinen Abschluss. Trotz seiner glänzenden Leistungen ging er beim folgenden Draft leer aus.

Die Lösung war ein Ausflug in die NFL Europe zu den Amsterdam Admirals. "Es war eine großartige Erfahrung für mich. Es ist ein Sprungbrett für junge Kerle wie mich gewesen, um Football-Erfahrung auf einem professionellen Level zu sammeln", blickt Vinatieri auf die Zeit in den Niederlanden zurück: "Es hat mir definitiv geholfen und mich auf ein neues Level gebracht." SPOX

Treffsicher mit Hand und Fuß

Die Verantwortlichen in New England erkannten das und holten den heimatverbundenen Kicker zurück in die Staaten. Für Vinatieri hatte das einen entscheidenden Vorteil: Er konnte seiner großen Leidenschaft endlich wieder nachgehen. "Ich wuchs in South Dakota auf. Deshalb trage ich ein Gewehr schon so lange ich denken kann", sagt "Automatic Adam", der seit frühester Kindheit auf die Jagd geht.

Das wirkt bis heute nach: Auf Kongressen der National Rifle Association (NRA) setzt sich der NFL-Star für den freien Gebrauch von Schusswaffen ein: "Um unsere Familien beschützen und Rechte sichern zu können, spreche ich mich dafür aus."

AFC-Wildcard: Indy zähmt die Tiger, Vinatieri treffsicher

Die Rechte an seiner eigenen Person gingen unterdessen auf Wanderschaft. New England wählte mit Stephen Gostkowski einen neuen Kicker in der vierten Runde des Drafts, Vinatieri bekam die Franchise Tag nicht und ging - zum nächsten Spitzenteam. "Ich sagte zu meinem Agenten: Lass uns nicht lange herumtrödeln. Wenn Indy interessiert ist, dann lass es uns tun", erklärte Vinatieri die Situation in der Free Agency.

Es folgte ein Einstand nach Maß. Mit Peyton Manning als Quarterback gewannen die Indianapolis Colts mit ihrem neuen Kicker direkt im Super Bowl XLI gegen die Chicago Bears. Die Quoten von Vinatieri pendelten sich in den kommenden Jahren konstant bei rund 80 Prozent ein, was ihn zum einzigen Kicker der NFL-Geschichte macht, der für zwei Teams über 900 Punkte erzielte.

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Vinatieri über Luck: "Er ist ein junger Peyton Manning"

Der Umbruch zur Saison 2012 mit Andrew Luck als neuem Quarterback scheint auch Adam Vinatieri noch einmal frischen Wind verliehen zu haben. "Es macht Spaß Andrew zuzuschauen. Er ist ein junger Peyton Manning. Er hat einen großartigen Arm und ist sehr klug", vergleicht Vinatieri seinen QB mit dem zukünftigen Hall of Famer. Doch auch er selbst kratzte in seiner 19. Saison noch einmal an einer denkwürdigen Marke.

Der dreifache Pro-Bowler verwandelte 2014 alle Field Goals und PATs und stand vor einer perfekten Saison, die zuvor nur Gary Anderson (1998), Jeff Wilkins (2000) und Mike Vanderjagt (2003) geschafft hatten. Doch in Week 17 riss im letzten Spiel gegen die Tennessee Titans Mitte des dritten Viertels die Serie. Vinatieri setzte seinen 30. Versuch aus 46 Yards Entfernung links neben die Stangen.

Seine Statistiken sind trotzdem beeindruckend: 30/31 FG verwandelt, 3/3 aus über 50 Yards Entfernung und zudem 50 von 50 Extra Punkten getroffen. Über ein Karriereende denkt der Kicker deshalb noch nicht nach: "Ich fühle mich gut soweit. Wir werden sehen wie lange es noch weitergehen kann."

Auch Belichick sieht seinen ehemaligen Schützling noch als absolute Waffe für die Playoffs an: "Es gibt derzeit keinen besseren Kicker als Adam. Der Ball fliegt immer perfekt und schnurgerade." Wie auch im Wildcard Game gegen die Cincinnati Bengals (4/4 FG) wird sich Colts-Coach Chuck Pagano am Sonntag in Denver auf seinen Kicker verlassen können.

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