Die Arizona Cardinals (8-2) haben das Spitzenspiel gegen die Cincinnati Bengals (8-2) mit 34:31 für sich entschieden und halten damit weiter Kurs auf ein Freilos in der ersten Playoff-Runde. Überragender Mann war Quarterback Carson Palmer, der gegen sein früheres Team nach nervöser Anfangsphase aufdrehte. Dabei gerieten die Schlussminuten zum absoluten Krimi.
Gleich zwei Interceptions warf Pamer (317 YDS, 4 TDS) in den ersten zehn Minuten, weshalb die Cardinals, deren Running Game nicht wie gewohnt auftrumpfen konnte (82 YDS), mit einem 7:14-Rückstand in die Pause gingen. Danach zeigte Palmer aber sein ganzes Können, warf im dritten Viertel gleich drei Touchdown-Pässe und drehte so das Spiel.
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Dennoch wurde es am Ende nochmal eng, weil auch Gegenüber Andy Dalton (315 YDS, 2TDs) einen guten Tag erwischte. So konnten die Bengals einen 21:31-Rückstand in den letzten Minuten wettmachen, bevor ein Field Goal schließlich die Partie entschied.
Mit dem Sieg bleiben die Cardinals hinter den noch ungeschlagenen Carolina Panthers das NFC-Team mit der zweitbesten Bilanz. Die Bengals fallen mit der zweiten Niederlage in Serie zurück und müssen nun wieder um die Division-Krone der AFC North zittern - Pittsburgh (6-4) ist nur zwei Siege entfernt.
Die Stimmen:
Carson Palmer (Quarterback Arizona Cardinals): "Ich hatte einfach zwei wirklich dumme Pässe. Dann bin ich meine Nervosität losgeworden und wir kamen ins Rollen. In der zweiten Hälfte sind wir dann heißgelaufen."
Domata Peko (Linebacker, Cincinnati Bengals) über seine Strafe kurz vor Schluss: "Ich weiß nicht, warum. Sie waren im Abseits und ich bin anscheinend dafür bestraft worden. Aber wir hätten erst gar nicht in diese Situation kommen dürfen."
... über den Vorwurf der Refs, er habe den Snap Count der Cardinals simuliert: "Ich sagte 'Get set, get set.' Das ist das erste Mal, dass ich so eine Penalty gesehen habe, seit ich in der NFL bin - seit zehn Jahren."
Marvin Lewis (Head Coach Cincinnati Bengals): "Das war eine Phantom-Strafe. Ich weiß nicht, wie man so etwas zu diesem Zeitpunkt im Spiel pfeifen kann. Das ist lächerlich."
Der Spielfilm:
Vor dem Kick-Off: Es ist ein Kracher im University of Phoenix Stadium. Beide Teams gehören in ihren Conferences zu den besten Teams. Und doch sind die Vorzeichen unterschiedlich: Die Cardinals hatten mit ihrem Sieg in Seattle ein Ausrufezeichen gesetzt, Cincy dagegen am vergangenen Montag eine bittere Schlappe gegen die Texans kassiert. Dennoch ist für beide noch ein Freilos in der ersten Playoff-Runde drin.
Carson Palmer: In Topform gegen die Ex
Besonders brisant ist die Partie vor allem deswegen, weil Carson Palmer einige Jahre in den Bengals-Farben spielte, dann aber im Unfrieden aus Cincinnati schied. Sein Nachfolger Andy Dalton trifft also auf den früheren Kollegen und muss vor den Augen der Nation beweisen, dass er in den ganz großen Spielen seine Bestleistung abliefern kann - gerade in Night Games ist ihm das bisher sehr selten gelungen.
Die Bengals müssen auf Cornerback Pacman Jones verzichten, für ihn rückt Darqueze Dennard ins Team. Arizona fehlt Receiver Michael Floyd und Guard Jonathan Cooper. Dafür kann Mike Iupati nach seinem irritierten Nerv in der letzten Woche aber spielen.
15.: Horrorstart für Carson Palmer, der in seinen ersten drei Serien gleich zwei Interceptions wirft - beim zweiten Pick war kein Receiver auch nur in der Nähe des Balles. Außerdem kann Iupati schon nach wenigen Snaps nicht mehr weitermachen. Cincys Offense kriegt nicht viel gebacken, aber dann ist A.J. Green einmal nicht von Cornerback Patrick Peterson gedeckt und fängt sofort einen 42-Yard-Pass von Dalton. Wenig später feuert er einen klassischen Back-Shoulder-Throw zu Tight End Tyler Eifert. Touchdown! 7:0 Bengals!
21.: Die Hausherren antworten! 10 Plays, 80 Yards, davon auch 20 durch Penalties der Bengals - und ein bisschen Glück, dass ein Fumble von David Johnson sofort vom Teamkollegen Bobby Massie gesichert wird. Dann findet Palmer bei Third-and-16 J.J. Nelson für 23 Yards und drei Plays später seinen Tight End Darren Fells! Der frühere Basketballer fängt einen 18-Yard-Pass in der Ecke der Endzone - Ausgleich! 7:7.
29.: Monsterdrive der Bengals, das ist die prompte Antwort. Wobei sie bei Third-and-19 eigentlich schon in der eigenen Hälfte gestoppt sind, aber eine Holding-Strafe gegen Arizona gibt ihnen neue Versuche. Dann gelingt gegen die blitzfreudigen Cards die perfekte Antwort - ein Screen-Pass auf Jeremy Hill, der gleich 41 Yards bringt. Die fehlenden zwei Yards überwindet der Running Back dann auch! 14:7 Cincinnati.
40.: Und so schnell kann es gehen! Die Bengals starten ihre zweite Hälfe mit zwei schnellen Punts - und als sie das dritte Mal an den Ball kommen, liegen sie zurück! Palmer erzwingt zunächst mit einem 64-Yard-Highlight-Pass auf Nelson den Ausgleich, ein paar Minuten später ist es dann John Brown über 18 Yards durch die Mitte. Das ist die gefürchtete Offensivpower der Cardinals! 21:14 Arizona!
49.: Hier ist noch nichts entschieden! Nach einem weiteren Punt der Bengals findet Palmer den schnellen David Johnson für seinen dritten Touchdown-Pass im dritten Viertel, doch die Bengals schlagen mit einem 80-Yard-Drive zurück, wieder ist es Jeremy Hill, der aus kurzer Distanz über die Linie geht. 28:21 Cards.
57.: Crunch Time! Nach einem Punt der Cardinals wird Dalton tief in der eigenen Hälfte gesackt und fumbelt - der Ball ist weg! Die Cardinals legen ein Field Goal nach, aber wieder stemmen sich die Gäste gegen die drohende Niederlage: Dalton zum zweiten Mal auf Eifert - Touchdown! Nur noch 28:31, jetzt ist die Defense gefragt!
60.: Die Cards müssen punten, viel Zeit also für die Bengals - aber es reicht nur zum Field Goal mit einer guten Minute auf der Uhr. Kein Problem für Palmer! Drei Pässe für viel Raumgewinn, schon ist man in der gegnerischen Hälfte und in Field-Goal-Range. Eine Flagge gegen die Defense bringt sie noch näher dran, zwei Sekunden vor dem Ende trifft Chandler Cantazaro zum Sieg. 34:31!
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Der Star des Spiels: Carson Palmer. Kein besonders guter Auftakt von Palmer, doch wie er das wegsteckte, zeigt seine Klasse in dieser Saison. Er blieb unbeeindruckt, gewann an Sicherheit und packte wie immer auch die ganz langen Pässe aus. 317 Yards, vier Touchdown-Pässe insgesamt, kaum Unterstützung aus dem Running Game - und so viele Punkte hatten die Bengals in dieser Saison noch nicht zugelassen.
Der Flop des Spiels: Die Penalties der Bengals. 7 Strafen für insgesamt 73 Yards hatten sie sich bereits in der ersten Halbzeit eingefangen, was Coach Marvin Lewis überhaupt nicht schmeckte und den Vorsprung so überschaubar hielt. Nach dem Seitenwechsel wurde es etwas besser, doch der schlimmste Aussetzer sollte noch folgen: Vor dem letzten Field Goal simulierte Linebacker Domata Peko nach Ansicht der Referees den Snap Count der Cardinals - Unsportlichkeit, 14 Yards Strafe. So war der Kick zum Sieg eine lockere Angelegenheit für Cantanzaro.
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Das fiel auf:
- Larry Fitzgerald wird in ein paar Jahren wohl in der Hall of Fame von Canton aufschlagen - wobei: Vielleicht spielt er auch noch ein Weilchen! Der 32-Jährige achtfache Pro Bowler schien in den letzten Jahren auf dem absteigenden Ast. Aber da hatte er ja auch Carson Palmer noch nicht. Gegen die zugegebenermaßen dezimierte Secondary der Bengals zeigte Fitz ein fantastisches Spiel und fing acht Pässe für 90 Yards, darunter zwei lange Pässe beim finalen Drive. Zudem knackte er die 13.000-Yard-Marke und hat nun insgesamt 13.087 Yards Raumgewinn in seiner Karriere auf dem Konto - nur Randy Moss und Jerry Rice waren schneller - absolute Legenden!
Carson Palmer ist nicht umsonst in der engeren Verlosung auf den MVP-Award - selbst wenn der wohl eher an die noch ungeschlagenen Teams gehen wird. Doch gegen sein früheres Team tat er sich am Anfang schwer. Weil sie ihn so gut kennen? Eher nicht. Stattdessen waren seine beiden Picks einfach nur schlechte Pässe: Beim ersten Pick hatte Leon Hall Fitzgerald perfekt gedeckt, den Ball darf er nie werfen. Der zweite war ein Deep Ball genau auf den Safety, viel zu lang für die eigenen Receiver.
Gegen aggressive Defenses, die hart an der Line of Scrimmage aufschlugen und oft zum Blitz griffen, hatten beide Teams mit ihrem Laufspiel Probleme, Lücken zu finden (Bengals 3,5 Yards/Carry, Cardinals 3,3). Dafür ergaben sich aber auch Big-Play-Möglichkeiten gegen Cornerbacks im Eins-gegen-Eins. Wenn die Blitzes kalt erwischt wurden, z.B. mit einem Screen Pass, konnte das auch für große Raumgewinne sorgen.
- Das Duell zwischen Corner-Star Patrick Peterson und AJ Green ging lange an den Verteidiger, der Green gut auf den Füßen stand - symptomatisch, dass Green einen 42-Yard-Pass fing, sobald er einmal nicht von PP gedeckt wurde. Es wurden dann doch noch 79 Yards für Green, aber er konnte nur vier von 12 Pässen in seine Richtung fangen.
- Oft konzentrieren sich Zuschauer nur auf die Spieler am Ball, doch auch in den Lines und den Secondaries werden die Spiele entschieden: So verletzte sich bei den Bengals im Spielverlauf auch CB Dennard - so stand man nach dem Ausfall von Pacman Jones gleich ohne zwei Cornerbacks da. Resultat: Palmer hatte leichtes Spiel. Gleichzeitig verloren die Cardinals früh Lineman Mike Iupati, der mit einem irritierten Nerv rausmusste. So war die O-Line geschwächt, was sich auf das Running Game negativ, auf den Pass Rush von Geno Atkins (Sack, zwei Tackles for Loss) aber positiv auswirkte.