Björn Werner meldet sich zurück! In der nun schon siebten Ausgabe seiner SPOX-Kolumne verrät der Pass Rusher der Indianapolis Colts, wie er seinen spielfreien Sonntag verbracht hat und warum die Bye Week so wichtig für Footballer ist. Außerdem blickt er zurück auf das Spiel gegen die Denver Broncos und Peyton Mannings Rückkehr in seine frühere Heimat.
gettyLiebe SPOX-Community, liebe Football-Fans,
Vielleicht habt ihr euch gefragt, warum es in der letzten Woche, nach unserem phänomenalen Sieg über die Denver Broncos, keine Kolumne gab. Die Antwort ist ganz einfach - ich war mit meiner Frau und unserer kleinen Tochter in Florida. Wir hatten nämlich unsere "Bye Week", das ist die eine spielfreie Woche im NFL-Kalender.
Ihr müsst euch das so vorstellen: Wenn der Spielplan im Sommer herauskommt, dann schaut man sofort auf zwei Dinge. Wann ist die Preseason vorbei - und wann ist unsere Bye Week? Die kann auch schon früher anstehen, aber diesmal war sie perfekt, mitten in der Saison.
Zwischen den Spielern und der Liga ist vertraglich festgelegt, dass wir mit dem verlängerten Wochenende mindestens vier freie Tage bekommen, den Rest entscheidet der Head Coach. Ich kann nur für die Colts sprechen, aber Coach Pagano sagt uns immer erst im letzten Moment Bescheid, wie viele Tage es dann werden. Wir kamen also am Montag nach dem Broncos-Spiel auf das Trainingsgelände, haben das Spiel wie üblich in Meetings analysiert, und dann hieß es: "Jungs, wir sehen uns am nächsten Montag um acht Uhr." Sechs freie Tage - da war der Jubel groß!
Die Bye Week ist für alle Spieler und Coaches enorm wichtig, um abzuschalten und den Football-Stress einfach mal für ein paar Tage loszuwerden, damit man eine starke zweite Saisonhälfte hinlegen kann. Über Monate der gleiche Trott, die langen Meetings, jeder Tag läuft gleich ab - da freut man sich richtig auf die freien Tage.
Relaxen in Florida
In Indianapolis bleiben dann eigentlich nur die verletzten Spieler, die ihre Reha durchziehen müssen. Der Rest besucht entweder die Familie, die ja manchmal auch gar nicht in Indianapolis lebt, oder macht Urlaub im Warmen, bevor der Winter kommt. Es kann auch vorkommen, dass Spieler auf eine komplett freie Woche spekulieren und dementsprechend Flüge buchen, aber das ist natürlich riskant. ;-)
Für uns drei war klar, dass wir nach Florida in die Sonne fliegen und relaxen. In Indianapolis haben wir gerade schönes Herbstwetter mit vielleicht 15 Grad, dazu Regen und Wind. Aber da bin ich der klassische deutsche Touri, ich will den ganzen Tag nur Sonne haben!
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In Florida war es einfach nur schön, fünf Tage am Stück 24 Stunden zusammen mit meiner Familie zu verbringen. In der Saison bleibt dafür oft nicht genug Zeit, gerade für meine Kleine: Wenn ich aus dem Haus gehe, schläft sie noch, und wenn ich zurückkomme, ist sie oft nur noch eine Stunde wach.
Aber die ganze Zeit auf der faulen Haut liegen konnte ich auch nicht: Ich hatte mein iPad dabei für ein bisschen Filmstudium, dazu kamen noch ein, zwei Workouts. Man kann es kaum erklären, aber wenn du eine Woche überhaupt nichts machst - was sich ja eigentlich gut anhört - dann kannst du dich nicht mehr bewegen: alles wird steif, die Muskeln, Gelenke... Ein bisschen muss also sein, und wenn es nur das Laufband ist. Und selbstverständlich habe ich auch Football geguckt.
Krasser Underdog gegen Denver
Natürlich muss ich auch noch auf unseren Sieg gegen die Broncos eingehen. Die ganze Woche hieß es, dass wir gegen die Defense der Broncos keine Chance haben. Wir waren die krassen Underdogs - verständlich, nach unserem Saisonstart. Aber das ist das schöne in der NFL, und das vergisst man so schnell, wenn man nicht selbst in der NFL spielt oder coacht. Die Liga ist einfach so unfassbar eng! Wenn es losgeht, dann spielt es keine Rolle, was du in den Wochen davor gemacht hast. Das hat man auch am Montag wieder gesehen, als die Texans bei den Bengals gewonnen haben. Wenn du nicht jede Woche dein A-Game bringst, dann verlierst du.
Gegen die Broncos hat unsere Offense einen super Start hingelegt: Von der eigenen 20 gegen die Nummer-1-Defense der Liga direkt zum Touchdown! Wenn ein Spiel so anfängt, dann ist sofort die Atmosphäre da, das steckt die Defense an. Die hat sie dann direkt gestoppt, sie hatten kein Running Game, Peyton Manning konnte nichts machen - aber dann kam ihr Special-Teams-Touchdown kurz vor der Pause, und plötzlich waren sie wieder im Spiel.
Deshalb ist es so wichtig, das Momentum auf deiner Seite zu haben: Es kann so schnell gehen. Deshalb sind die meisten NFL-Spiele auch so eng. Bei uns zum Beispiel haben sich bis auf das Bills-Spiel alle erst in den letzten Sekunden entschieden. Das gibt es an der High School oder auf dem College normalerweise nicht, weil man da entweder dominiert oder hoch verliert. In der NFL dagegen gibt es so viele "One-Score-Games", also mit acht oder weniger Punkten Unterschied. Ich glaube, dass auch deswegen die Einschaltquoten immer so hoch sind.
Indy vergisst Peyton nicht
Ein Wort noch zu Peyton Mannings Rückkehr: Man darf nicht vergessen, was er für diese Stadt getan hat. Indianapolis hat die Pacers und die Colts, und Peyton war so lange ein so großer Teil des Teams, hat sie jedes Jahr in die Playoffs gebracht, einen Super Bowl geholt - das werden die Fans nie vergessen. Es gibt sogar ein Peyton-Manning-Kinderkrankenhaus hier. In gewisser Weise ist Indianapolis nach 14 Jahren auch sein "Zuhause" und es ist schön zu sehen, dass die Stadt das nicht vergisst.
Deshalb gibt es immer noch viele Colts-Fans, die gleichzeitig Peyton-Manning-Fans sind. Aber die wollten natürlich, dass die Colts gewinnen. So war es ein besonderes Spiel, gerade für die Spieler, die noch mit ihm zusammengespielt haben, wie ein Robert Mathis oder ein Pat McAfee. Es gibt nichts Besseres, als ein noch ungeschlagenes Team zu besiegen - besonders, wenn man dadurch noch ein paar Extratage freibekommt.
Endspurt mit Hasselbeck
Jetzt geht es so langsam in den Saison-Endspurt, am Sonntag geht es gegen die Atlanta Falcons. Wir müssen ohne Andrew Luck antreten, aber Matt Hasselbeck hat ja schon zwei Siege geholt. Wir vertrauen ihm völlig, er wird den Job schon machen. Und, das betone ich ja immer wieder: Es ist ein Teamsport.
Werner-Kolumne: "Hasselbeck war einfach legendär!"
Sieben Spiele sind es noch, wir wollen uns unbedingt für die Playoffs qualifizieren. Bei den Experten stehen wir zur Zeit noch nicht so hoch im Kurs, aber da kann noch viel passieren. Macht einfach mal jetzt einen Screenshot von diesen Rankings und dann noch einen nach der Saison - glaubt mir, da wird sich noch einiges ändern.
Bis Bald!
Euer Björn
Björn Werner, geboren am 30. August 1990 in Berlin, wurde im NFL-Draft 2013 in der 1. Runde mit dem 24. Pick von den Indianapolis Colts gezogen. 2015 ist für den Defensive End, der am College für die Florida State Seminoles spielte, die dritte NFL-Saison.