Von wegen Geister der Vergangenheit!

Von Adrian Franke
21. Oktober 201619:23
Die Atlanta Falcons sind eindrucksvoll in die Saison gestartetgetty
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Die Atlanta Falcons (4-2) sind furios in die Saison gestartet: Obwohl bereits vier Auswärtsspiele auf dem Programm standen, hat Atlanta schon vier Siege auf dem Konto - darunter zwei innerhalb der Division sowie ein Auswärtssieg in Denver. Doch die Erinnerungen an die Vorsaison, als es nach ebenfalls starkem Auftakt rapide bergab ging, sind noch präsent: Stolpern die Falcons am Sonntag gegen die San Diego Chargers (2-4)? Zu sehen gibt es die RedZone-Konferenz wie immer am Sonntag ab 19 Uhr live auf DAZN!

Seattle am vergangenen Sonntag. Die Schlusssekunden ticken auf der Uhr und die Seahawks führen mit 26:24 gegen die Falcons. Es folgte eine dieser Szenen, die die Football-Welt noch tagelang beschäftigen sollte: Fourth Down, alles steht auf dem Spiel. Atlanta braucht ein First Down, um die Chance auf das entscheidende Field Goal zu wahren und Matt Ryan sucht Julio Jones über die Mitte.

Ein guter Release, der Ball ist in der Luft - und fällt auf den Boden. Es dauert nicht lange, bis Falcons-Coach Dan Quinn alle Zurückhaltung über Bord wirft: Wutentbrannt rennt er auf die Unparteiischen zu, sowohl Earl Thomas, als auch insbesondere Richard Sherman hatten Jones eindeutig vor und während dem Catch behindert. Die eigentlich fällige Pass-Interference-Strafe blieb allerdings aus.

Stattdessen: Turnover, Ballbesitz Seahawks. Game Over.

Feuertaufe trotz Pleite bestanden

Fairerweise gilt es auch zu erwähnen, dass Jones zuvor selbst für den, aus Falcons-Sicht negativen, Wendepunkt im Spiel gesorgt hatte. Ein Pass von Ryan über die Mitte rutschte Atlantas Star-Receiver durch die Hände und landete genau bei Thomas zur Interception. Im Gegenzug gelang Seattle das letztlich entscheidende Field Goal.

Dabei sollte der tatsächlich wichtige Aspekt allerdings nicht in den Hintergrund geraten: Nur eine Woche, nachdem die Falcons gerade eindrucksvoll die Broncos in Denver hatten schlagen können, hingen jetzt auch die Seahawks in den Seilen. Zwei der stärksten Defenses in der NFL in zwei aufeinanderfolgenden Spielen jeweils auswärts so zuzusetzen ist nicht nur ein Qualitätsmerkmal - die Art und Weise, wie Atlanta seine bislang vier Saisonsiege eingefahren hat, lässt darauf schließen, dass ein Einbruch wie in der vergangenen Saison nicht zu befürchten ist.

Von wegen Geister der Vergangenheit!

Rückblick: In der vergangenen Saison starteten die Falcons zumindest was die Ergebnisse angeht ebenfalls brandheiß, die ersten fünf Spiele wurden gar allesamt gewonnen. Dann aber folgte der Einbruch. Quarterback Matt Ryan fand zu keinem Zeitpunkt einen konstanten Rhythmus, und leistete sich viel zu viele Fehler, Defenses machten Atlantas Offense zahnlos, indem sie Julio Jones aggressiv aus dem Spiel nahmen. Die Folge: Aus den weiteren elf Spielen gab es noch ganze drei Siege.

Parallelen mit diesem Falcons-Team? Fehlanzeige. Nun gut, nicht komplett - Spieler-Material und Trainer-Stab sind im Vergleich zur vergangenen Saison nur vereinzelt - aber entscheidend - verändert. Da enden die Ähnlichkeiten allerdings auch schon, und ein Blick auf die jüngsten Siege über New Orleans, Carolina und Denver verrät eindrucksvoll, wo dieses Team gewachsen ist.

Da war zunächst das Monday Night Game in New Orleans: Gegen eine komplett chancenlose Saints-Front liefen Devonta Freeman (152 Rushing-Yards) und Tevin Coleman (42, 3 TDs) nach Lust und Laune über den Platz. Das Duell mit den Panthers war dann die große Julio-Jones-Show, als eine völlig überforderte, mit jungen Cornerbacks bestückte Panthers-Secondary Jones alleine 300 Receiving-Yards erlaubte.

Wieder anders trat die Offense anschließend in Denver auf. Die Falcons hatten in der starken Broncos-Defense die Coverage-Fähigkeiten der Linebacker als Schwachstelle ausgemacht, folgerichtig attackierte Matt Ryan diesen Bereich immer wieder mit seinen Running Backs - Coleman (132 Receiving-Yards, TD) und Freeman (35) richteten hier als Pass-Fänger großen Schaden an und machten letztlich den Unterschied aus. Jones verzeichnete gegen New Orleans und Denver zusammen gerechnet drei Catches für 45 Yards.

Der beeindruckende Shanahan-Mack-Effekt

Welche Lehren lassen sich also aus diesen Spielen ziehen? Zunächst einmal ist Atlantas Offense entschieden schwieriger ausrechenbar. Ryan fühlt sich im Scheme von Kyle Shanahan mit den zahlreichen Play-Action-Spielzügen merklich wohler und verteilt den Ball deutlich besser als im Vorjahr. In jedem Falcons-Spiel haben mindestens sieben verschiedene Spieler einen Pass gefangen, die Verpflichtung von Mohamed Sanu ist ein klares Upgrade im Vergleich zu 2015.

Und selbst bei der Pleite gegen Seattle wurde deutlich, wie gefährlich Atlantas Offense ist - einerseits aufgrund des eigenen Personals, andererseits aufgrund des starken Play-Callings von Shanahan. Die Falcons attackierten die Seahawks-Zonen-Deckung gezielt, indem sie einzelne tiefe Zonen überluden, und, vereinfacht gesagt, über das Scheme 2-gegen-1-Duelle kreierten. Das führte zu zwei der drei Touchdowns im dritten Viertel, als die Seahawks komplett überrannt wurden.

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Stichwort überrannt: Auch Atlantas Running Game ist im Vergleich zur Vorsaison deutlich verbessert. Ein Grund dafür ist der im Frühjahr aus Cleveland verpflichtete Alex Mack. Der Center hat in Shanahans Zone-Running-Scheme eine sehr wichtige Bedeutung, und Mack hat die ganze Offensive Line seit dem ersten Spiel klar verbessert.

"Wir haben das Spiel nicht gewonnen. Aber gleichzeitig wissen wir, dass wir es mit jedem aufnehmen können, wenn wir unser volles Potential abrufen", betonte daher auch Ryan vor einigen Tagen in seiner wöchentlichen Radio-Show. "Das ist die Einstellung, die wir haben müssen."

Und die Defense?

Kurzum: Die Offense ist vielseitiger und daher gefährlicher. Das individuelle Potential ist besser als in der Vorsaison und wird wesentlich effektiver genutzt. Das Resultat ist die aktuelle Top-Scoring-Offense der NFL (33,2 Punkte pro Spiel) sowie der ligaweite Spitzenreiter in Yards pro Spiel (441,5) und pro Play (6,9). Kein anderes Team ist über 413,4 Yards pro Spiel (New Orleans) oder über 6,2 Yards pro Play (Washington).

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Die große Frage rund um die Falcons lautet somit: Kann die Defense zumindest konstant solide sein? Zu Beginn der Saison war genau das nicht der Fall und der Pass-Rush bereitet nach wie vor große Sorgen - auch wenn zumindest bei Vic Beasley und dank Dwight Freeney eine Verbesserung zur Vorsaison festzustellen ist.

Aber: Die Mitte der Defense ist ohne Frage stabiler als in der vergangenen Saison. Grund dafür sind die Rookies Keanu Neal, De'Vondre Campbell und Deion Jones. Der Safety und die beiden Linebacker geben Atlanta endlich die Explosivität, die den Falcons in diesem Bereich des Feldes seit Jahren gefehlt hat und in Desmond Trufant hat Quinn zumindest einen starken Cornerback. Auch die Run-Defense, die im Cover-3-Scheme ohnehin eine Stärke sein sollte, hat sich seit Saisonbeginn verbessert.

"Wissen jetzt, wie man ein gutes Team schlägt"

Gerade auf den Pass-Rush wartet am Sonntag ein spannender Test: Philip Rivers und die Chargeres-Offense stehen bei 8,2 Yards pro Pass, Rivers hat schon zwölf Touchdown-Pässe auf dem Konto. Gegen Denver gelang vergangene Woche gar ein unerwarteter Heimsieg, Rookie-Tight-End Hunter Henry überzeugt und Antonio Gates sollte zunehmend fit sein.

"Ihr wisst, wie ich über das Momentum denke - ich schaue von Woche zu Woche", stellte Rivers klar, nur um dann aber hinzuzufügen: "Jetzt allerdings wissen wir, wie man ein gutes Team schlägt. Wie es sich anfühlt. Atlanta ist aktuell eines der heißesten Teams, das wird eine große Herausforderung." Mehr Effizienz als zuletzt im Running Game würde dabei zweifellos helfen, Melvin Gordon wird aktuell zu häufig frühzeitig gestoppt.

Unglücklicherweise, aus Chargers-Sicht gesprochen, ist das eigene Receiving-Corps aber ähnlich angeschlagen, wie die eigene Secondary - droht womöglich ein ähnliches Spiel gegen Jones wie den Panthers? Es wird spannend sein zu sehen, wie die Falcons dieses Mal die gegnerische Defense angehen: Rookie Joey Bosa hatte seit seinem Debüt einen enormen Einfluss auf San Diegos Defense und sorgt für jede Menge Druck, die Defensive Line sah gegen Denver sehr stark aus und die Run-Defense funktioniert.

"Es ist ein Neuanfang", brachte es Nose Tackle Brandon Mebane mit Blick auf den Sieg über Denver auf den Punkt. "Bisher lief die Saison nicht so, wie wir das wollten. Aber das ist jetzt ein Neuanfang."

Der komplette NFL-Spielplan im Überblick

Das SPOX-NFL-Tippspiel, Week 7:

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Week 610-59-69-67-8
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56-36

53-39