Jakob Johnson macht sich Gedanken darüber, welch ein Zeichen er und seine Kollegen in der anhaltenden Thematik um soziale Ungerechtigkeit, Rassismus und Polizeigewalt in den USA setzen können. Zudem hat der Fullback der New England Patriots eine klare Meinung zu einem möglichen Boykott in der NFL.
Im Rahmen einer Medienrunde mit deutschen Journalisten sprach der 25-Jährige außerdem über seine Entscheidung gegen einen Opt-Out in dieser Saison, die Unterschiede vom ersten zum zweiten Jahr in der NFL und seine Hoffnungen für den VfB Stuttgart.
Jakob Johnson über ...
... die Proteste in der NBA und ob eine ähnliche Aktion auch bei den Patriots zur Debatte stand: "Wir haben Glück, dass wir hier im Team Veterans wie die McCourtys oder Slater haben, die sehr aktiv und involviert sind, wenn es zu so politischen Geschichten kommt. Die haben normalerweise ein ganz gutes Gespür dafür, wann es Zeit ist, als Team darüber zu reden und was wir machen können. Wir haben demnächst eine Teamsession geplant, wo wir darüber reden, wie wir da involviert werden können. Aber jedes Mal, wenn es ein politisches Ereignis gibt, haben wir hier Veterans, die Vorschläge machen und auch persönlich Tipps geben, wie man mit solchen Dingen umgehen sollte."
... seine persönliche Meinung zum Bucks-Protest: "Jedes Mal wenn solch ein Fall eintritt, ist es eine Tragödie für die Familie und es zeigt einfach, dass es noch viel Raum für Verbesserung gibt, was Polizeigewalt und Rassismus hier in den USA angeht."
... ein Zeichen der Liga in Sachen Rassismus und Polizeigewalt in den USA: "Die Frage ist eben, welches Zeichen groß genug ist. Ich denke, es gab jetzt hier schon viele Zeichen über die Jahre hinweg. Ich habe das Ganze auch schon 2015, als das hier in den USA angefangen hat, miterlebt. Die Frage ist, was kann konkret politisch geschehen, was kann sich konkret verändern. Ob da jetzt ein noch größeres Zeichen hilft, weiß ich nicht. Das sind Gespräche, die von den richtigen Leuten geführt werden müssen. Ein wichtiges Ziel sollte es sein, von den Zeichen zu konkreten Handlungen überzugehen, um diese Situation endlich mal zu verbessern."
... einen möglichen Boykott von Spielen in der NFL: "Ich denke, für Spieler, die finanziell in einer guten Lage sind, ist das bestimmt eine Möglichkeit. Aber gleichzeitig gibt es auch viele Spieler, die nicht so viel Geld verdienen und noch am Anfang ihrer Karrieren stehen und auch Familien haben, die auf sie zählen in teilweise schwierigen Situationen. Daher weiß ich nicht, ob ein Boykott die richtige Lösung wäre. Ein Boykott löst ja auch diese Probleme nicht, die sich hier über Generationen aufgebaut haben, auf einen Schlag."
... seine persönliche Wahrnehmung der Proteste am Mittwoch: "Ich habe das Ganze erst mitbekommen, als ich nach Hause kam und es von meiner Freundin und über die Nachrichten erfahren habe. Auch das schlimme Ereignis in Wisconsin und die darauffolgenden Proteste, bei denen es weitere Tote gab, habe ich erst im Nachhinein mitbekommen."
Jakob Johnson: Klare Entscheidung gegen einen Corona-Opt-Out
... das erste Scrimmage-Training mit Referees auf dem Platz am Donnerstag: "In der NFL ist es jedes Jahr anders. Man bekommt neue Teamkollegen, neue Plays und teilweise neue Coaches. Es war heute eine gute Möglichkeit, durch die Referees eine Spiel- oder zumindest Preseason-ähnliche Situation zu simulieren. Auch eine Superchance zu lernen und besser zu werden. Insgesamt war es eben ein weiterer Schritt näher zur Saison."
... die Coronamaßnahmen in den Teameinrichtungen: "Es ist alles anders in diesem Jahr. Wir tragen überall Masken, wir werden jeden Tag getestet. Wir tragen Contact Tracing Devices, die helfen, dass man nicht länger als 15 Minuten weniger als sechs Fuß von jemandem entfernt ist. Die ganzen Meetings sind großräumiger aufgeteilt, überall ist mehr Platz. Die ganzen Abläufe haben sich verändert, aber es ist etwas, wo wir alle durchmüssen. Ich bin mir sicher, dass die Leute da draußen genauso davon betroffen sind wie wir hier und wir versuchen eben, das Beste daraus zu machen."
... einen möglichen Opt-Out seinerseits: "Jeder hat sich das angeschaut und genau überlegt, aber für mich hat den Ausschlag gegeben, dass ich hier in den USA bis auf meine Freundin alleine lebe. Ich habe keine Kinder hier, keinen Kontakt mit meinen Eltern oder Großeltern, die wahrscheinlich Risikopersonen wären. Also war für mich die Entscheidung klar, dass ich auf jeden Fall Football spielen will - wenn es die Chance gibt, Football zu spielen."
... Cam Newton: "Cam habe ich bis jetzt als einen super Teamkollegen erlebt. Er bringt jeden Tag Energie mit und ist glaube ich sehr erfreut, ein Teil dieses Teams zu sein. Aber ich kann nur für mich selbst sprechen. Ich kann hier keine anderen Spieler analysieren. Aber aus meiner Sicht ist er ein Supertyp."
... seine Chancen auf einen Starter-Job bei den Patriots: "Dazu kann ich nichts sagen, da müsst Ihr Coach Belichick fragen."
Jakob Johnson hofft auf mehr Schlaf als im Vorjahr
... sein persönlicher Eindruck im zweiten Jahr in der NFL: "Es ist natürlich was anderes. Als Rookie ist das Lernpensum ein bisschen höher, aber insgesamt ist der Prozess immer noch der Gleiche. Du kommst jeden Tag rein, schaust dir den Film vom Vortag an und findest Dinge, die du verbessern willst und arbeitest dann daran, wenn du auf dem Feld bist. Die Tage sind eigentlich immer noch das Gleiche, aber ein bisschen mehr Schlaf ist wahrscheinlich drin als im Rookie-Jahr. Abgesehen davon ist es immer noch Football."
... den möglichen Anbeginn einer neuen Ära bei den Patriots: "Die NFL ist eine Sportliga, in der es jedes Jahr viele Veränderungen gibt bei jedem Team und ein Teil davon ist, dass man sich jedes Jahr neu ausrichten muss. Besonders jetzt in Corona-Zeiten."
... eine möglicherweise veränderte Erwartungshaltung an die Patriots: "Das ist etwas, was außerhalb dieses Gebäudes passiert. Das lasse ich nicht so an mich ran. Ich bin jeden Tag hier und darauf fokussiert, was ich kontrollieren kann. Ich arbeite daran, mich zu verbessern und wo wir dann als Team landen, wird sich in der Saison zeigen."
... seinen Kontakt in die Heimat: "ich wollte in dieser Offseason eigentlich in Deutschland vorbeischauen, aber das hat eben Corona-bedingt nicht geklappt. Die letzten Monate war unser Kontakt eben nur über WhatsApp möglich. Ich habe meine Cousins und Cousinen und drei kleine Schwestern in Stuttgart. Meine Mutter ist vielleicht etwas schwieriger zu erreichen, aber über WhatsApp gibt es eben die Videochat-Funktion."
... seine persönlichen Ziele für die Saison: "Zuviel kann ich gar nicht verraten, aber ich habe ein dickes Notizbuch, in das ich jeden Tag bestimmte Ziele reinschreibe für die anstehende Trainingseinheit. Und generell vorm Trainingslager habe ich ein paar Dinge aufgeschrieben. Aber die will ich jetzt noch nicht verraten."
... Geisterspiele oder nur wenige Zuschauer im Stadion: "Weniger Zuschauer heißt weniger Lautstärke im Stadion, was auf dem Feld zu Veränderungen führen kann, weil man entweder nicht gegen die Lautstärke ankämpfen muss oder sie eben nicht im Rücken hat. Aber am Ende ist Football eben Football. Das tut der Vorfreude keinen Abbruch."
imago images / SchülerJakob Johnson über den VfB Stuttgart: "The Sky is the Limit"
... Kontakt mit Spielern aus dem diesjährigen Internationational Pathway Program: "Klar! David Bada kannte ich schon vom Vorjahr. Mit dem habe ich viel Kontakt und ich habe auch versucht, den Jungs so gut es geht Tipps zu geben, was ganz konkrete Sachen angeht. Football-technisch spielen wir ja verschiedene Positionen, aber was das Leben in den USA angeht, welche Banken oder welche Handyverträge was taugen. Wir sind immer mal wieder über WhatsApp oder Instagram in Kontakt."
... seine Wohnsituation in diesem Jahr: "Es ist immer noch ein Einzimmerappartement, bisschen andere Farbe, aber ansonsten das Gleiche."
... über den VfB Stuttgart und den deutschen Fußball: "Ich bin sehr erleichtert darüber, dass der VfB wieder erstklassig unterwegs ist und nun ist the Sky the Limit. Die Jungs werden eine Riesensaison spielen. Und ansonsten auch Glückwünsche an die Jungs in Bayern, die haben einen Riesenjob in der Champions League gemacht. Insgesamt bin ich sehr optimistisch, was den VfB Stuttgart angeht in der kommenden Saison."