Ben Roethlisberger ist das Gesicht der Pittsburgh Steelers und einer der großen Quarterback-Superstars in der NFL. Bei SPOX spricht Big Ben über Super-Bowl-Chancen und seltsame Schweizer Nationalsportarten.
Dafür, dass er eine Karriere als Quarterback einschlagen konnte, muss er sich eigentlich im Nachhinein noch bei seinem Ur-Ur-Großvater Karl Röthlisberger bedanken.
Dieser brach vor 135 Jahren aus dem Emmental - genauer gesagt vom Geissbühls Hof in Lauperswil - nach Amerika auf. Dabei verlor die Familie Roethlisberger nicht nur ihr "ö", sie wurde in den USA sesshaft und machte es dem kleinen Ben Generationen später möglich, seinen amerikanischen Traum zu verwirklichen.
Roethlisbergers Besuch in der Schweiz
"2006 bin ich ja in die Schweiz gereist. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht, herauszufinden, wo meine Familie eigentlich herkommt. Es war eine einmalige Erfahrung für mich", sagt Roethlisberger im Gespräch mit SPOX.
Es sprudelt richtig aus dem 26-Jährigen heraus, wenn er von seinem Trip berichtet. Von der wunderschönen Landschaft, die man nur aus Träumen oder Filmen kenne.
Oder wenn er von seinen Erfahrungen mit den Schweizer Nationalsportarten erzählt. Wenn seine Familie damals in der Schweiz geblieben wäre, es hätten ihm andere Karrieren als die eines NFL-Quarterbacks "gedroht".
Er hätte ein großer Name im Hornussen werden können - im "Swiss Farmers Golf", wie es die Amis nennen. Oder er hätte als begnadeter Schwinger ("Swiss Wrestling") in die Geschichte eingehen können.
Bei Motorrad-Unfall fast gestorben
"Ich bin schon froh, wie es gekommen ist", witzelt Big Ben. "Im Ernst: Es hat großen Spaß gemacht, das alles auszuprobieren. Je länger ich damals in der Schweiz war, desto mehr bin ich zum Schweizer geworden. Das war schon toll."
Gar nicht toll war das, was er im Juni 2006 erlebte. Bei einem Motorradunfall wäre er beinahe ums Leben gekommen. Sieben Stunden lang wurde er wegen eines Kiefer- und Nasenbruchs operiert. Zum ersten Mal lernte der Mann, der im Alter von 23 Jahren als jüngster Quarterback der Geschichte den Super Bowl gewann, die Schattenseiten des Lebens kennen.
Wie Roethlisberger danach wieder ins (Sportler-) Leben zurückkam, ist bezeichnend für seinen Charakter und erklärt, warum ihn Pittsburgh so liebt.
Ein Mann aus Stahl - ein Steeler
Er ist ein Mann aus Stahl. Man möchte fast sagen, kein anderer Quarterback der NFL passt so gut zu der Stadt, in der er spielt, wie Roethlisberger zu Pittsburgh passt. Zur Stadt, die früher der größte Stahlerzeuger der USA war und so ihren Spitznamen "Steel City" erhielt.
Roethlisbergers Credo: Solange sie ihn nicht vom Feld tragen müssen, steht er seinen Mann und versucht mit aller Macht Spiele zu gewinnen.
Egal, ob er eine extrem lädierte Schulter hat und die ganze Woche nicht trainieren konnte. Egal, ob er einen Bänderriss im linken Daumen hat. Egal, ob ihm Pro-Bowl-Running-Back Willie Parker an seiner Seite fehlt. Und egal, ob er mal wieder einen Sack nach dem anderen kassiert. Er macht keine Entschuldigungen.
So auch jetzt nicht. Die Steelers stehen mit einer 6-3-Bilanz zwar nach wie vor gut da, aber die Statistiken von Roethlisberger waren in den letzten Wochen katastrophal.
"Es wird sich ändern"
In den letzten drei Spielen warf er nur einen mickrigen Touchdown-Pass, dafür leistete er sich acht Interceptions. Insgesamt hat er schon elf Ballverluste auf dem Konto, so viele wie in der gesamten letzten Saison. Auf der anderen Seite stehen nur zehn Touchdown-Pässe zu Buche, 32 waren es am Ende im Vorjahr.
"Ich spiele im Moment nicht so, wie ich mir das vorstelle. Das Spiel gegen die Colts habe ich alleine verloren. Das Schlimmste ist, wenn man seine Teamkollegen im Stich lässt und das tue ich im Moment. Es wird Zeit, dass sich das ändert und es wird sich ändern, versprochen", klingt Roethlisberger schon wieder entschlossen.
Roethlisbergers Gesundheitszustand und damit verbunden seine Leistungsfähigkeit werden entscheiden, ob die Steelers in dieser Saison ein ernsthafter Kandidat auf den Super-Bowl-Sieg sein können.
Big Bens Markenzeichen
Ist er fit, gibt es keinen Zweifel, dass Roethlisberger zu den Top-Quarterbacks der Liga gehört. "Es gibt so viele gute Quarterbacks. Wenn man mich dazu zählt, ist es eine Ehre für mich. Aber ich versuche, mein Ding durchzuziehen und ich konzentriere mich darauf, Spiele für die Steelers zu gewinnen. Ich will mich einfach in jedem Spiel verbessern", erklärt Roethlisberger.
Wer an Big Ben denkt, der denkt an einen in gewisser Weise einzigartigen Quarterback. Sein Markenzeichen ist es, Spielzüge noch möglich zu machen, Pässe an den Mann zu bringen, wenn es eigentlich so aussieht, als ob alles schon zu spät ist. Irgendwie windet er sich dann aus der Umklammerung und findet doch noch einen seiner Receiver. Meistens Hines Ward oder Santonio Holmes.
"Ich weiß manchmal auch nicht, wie ich es mache. Es ist eine natürliche Reaktion auf die Situation im Spiel. Ich hatte schon immer die Fähigkeit, zu scramblen und daraus dann noch viel möglich zu machen. Ich will einen Spielzug einfach so lange wie möglich am Leben halten und unbedingt noch was zustande bringen", so Roethlisberger.
Stärke und Schwäche
Das Nicht-Akzeptieren von fehlgeschlagenen Spielzügen ist zugleich Stärke und Schwäche. Häufig wird ihm diese Mentalität zum Verhängnis und er wird gesackt, aber häufig entstehen daraus auch "Big-Plays", die Spiele entscheiden und Meisterschaften gewinnen können.
Auch wenn es derzeit bei Roethlisberger nicht so gut läuft, sollte sich keiner wundern, wenn er am 1. Februar 2009 im Raymond James Stadium von Tampa mit einem Big-Ben-Play seinen zweiten Super-Bowl gewinnt.
"Unsere Defense ist eine der talentiertesten der Liga. Allein gegen sie im Training ran zu müssen, reicht mir völlig. Es gibt viele gute Teams in der NFL, aber wenn ich und damit die Offense endlich so spielen, wie wir es können, dann haben wir eine gute Chance. Bis jetzt haben wir nicht mal im Ansatz das gezeigt, was wir können." Eins ist klar: Roethlisberger will mehr als "nur" einen Super-Bowl-Ring.
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