Sponsoring als fester Bestandteil des "Geschäfts"
In der Bundesliga ist es inzwischen seit 45 Jahren üblich, dass die Spielertrikots mit dem Logo des aktuellen Sponsors verziert sind. Was 1973 noch ein schlagzeilenträchtiger Skandal war, ist heute längst der Standard. So wie es allgemeinhin der Standard ist, den Saison-Etat aus Mitteln der Sponsoren aufzustocken. Mehr noch, es ist im Profi-Fußball eine Notwendigkeit geworden, will man den - sportlichen wie finanziellen - Anschluss an die Weltspitze nicht verlieren.
Moderner Fußball ohne Sponsoren und Werbung - kaum mehr vorstellbar.
Eine Fußballwelt ohne Werbung
Für eingefleischte Fußballromantiker ist die Vorstellung sicher ein Grund mehr, sich nach den "alten Zeiten" zu sehnen, als Fußball noch "echt" war und es überhaupt nur um den Fußball ging. Bei einem genaueren Blick zurück offenbart sich jedoch ein anderes Bild: Verantwortlich für die weitestgehend werbefreie Fußballlandschaft war nicht der mangelnde Wille, sich um Sponsoren zu bemühen (oder umgekehrt der unbeugsame Wille, diesen nachzugeben), sondern die schlichte Weigerung von Fernsehanstalten und Zeitschriftenverlegern, eine derartige "Schleichwerbung" durchgehen zu lassen.
Früher "oben ohne" heute auch dank Sponsoren eine der wertvollsten Vereinsmarken der Welt: Manchester United, hier die Mannschaft von 1905.
Gleichzeitig zeigte sich der DFB in seiner Anfangszeit noch skeptisch gegenüber einer breiteren Vermarktung des deutschen Fußballs und legte deswegen noch 1967 fest, dass auf den Trikots nichts zu sehen sein dürfe außer dem Vereinszeichen, dem Vereinsnamen und der Spielernummer. Nicht unerheblich war zudem die gesetzliche Lage, die erst in den 1970er Jahren geklärt wurde - zugunsten des Sportsponsorings als Vermarktungsform.
Der Siegeszug des Sponsorings
Tatsächlich war es von der Bandenwerbung und Reklame auf Eintrittskarten und in Stadionzeitungen kein allzu weiter Weg mehr bis zur Trikotwerbung. Nur hatte in dieser Hinsicht die Bestimmung von 1967 noch Bestand, was die Affäre um das erste Erscheinen eines Sponsors auf den Trikots eines Bundesligisten umso schwerwiegender machte. Günter Mast und Eintracht Braunschweig waren 1973 übereingekommen, für die aus heutiger Sicht lächerliche Summe von 100.000 DM das Vereinslogo auf den Trikots durch das Unternehmenslogo von Jägermeister zu ersetzen (zum Vergleich: die Einnahmen durch Trikotwerbung in der Bundesligasaison 2017/18).
Den drohenden Eklat konnte eine Neuregelung durch den DFB letztlich noch verhindern, Trikotwerbung wurde dadurch gestattet. Dennoch brauchte es weitere sechs Jahre, bis wirklich alle 18 Bundesligisten mit den Schriftzügen von Sponsoren aufliefen. Mit dem Beginn der 1980er Jahre nahm die Vermarktung jedoch Fahrt auf, die Zuwendungen der Sportartikelhersteller beschränkten sich nicht mehr allein auf die Ausrüstung, die Vermarktung wurde zudem weiter professionalisiert und durch Agenturen organisiert.
Mit dem Beginn der 1990er Jahre wurde der Grundstein gelegt für die heutigen Beziehungen zwischen Fußball, Medien und Sponsoren: Der DFB weitete die Möglichkeiten der TV-Berichterstattung aus, zudem drängte mit RTL der erste Privatsender in den Markt und ab 1995 folgten die ersten Übertragungen im Pay-TV. Mit der deutlich größeren Medienpräsenz ging eine ebenso deutliche Steigerung der Einnahmen einher.
Vernetztes Sponsoring
Die Jahrtausendwende eröffnete dann noch einmal neue Perspektiven der Vermarktung: Sponsoring und Vernetzung ergänzten die bisherigen Leistungen und erweiterten das Angebot um Gewinnspiele, Fan-Aktionen und ähnliche Marketingmaßnahmen. Als lukrativ erwies sich zudem der Verkauf der Namensrechte an den Stadien. Wie moderne Unternehmen, die am Markt bestehen und ihre Kunden erreichen wollen, setzen die Bundesligisten außerdem auf die vielen verschiedenen Kommunikationskanäle, die sich durch die Verbreitung der sozialen Medien aufgetan haben.
Was nicht bedeutet, dass die Möglichkeiten ausgeschöpft sind oder sich keine neuen Wege finden ließen. Das gilt sowohl für die Vereine wie auch für die Sponsoren. Während erstere seit der vergangenen Saison beispielsweise die Erträge aus der Trikotwerbung optimieren, indem sie die verfügbare Fläche auf dem linken Ärmel selbst vermarkten, haben Sponsoren und andere Unternehmen im Bereich des Merchandisings noch Potenziale.
Shirts, Hüte, Armbänder, Fahnen: Der Markt für Merchandise-Artikel mit Fußballbezug ist gerade zu Zeiten von WM und EM gewaltig.
Hier sind es nicht zuletzt die sportlichen Großereignisse, die neue Absatzmöglichkeiten für Produkte oder gezielte Marketingmaßnahmen bieten. Rund um die derzeit laufende Fußball-WM beispielsweise ist einmal mehr ein riesiger Markt entstanden, auf dem die berühmten Panini-Bilder genauso Platz haben wie Plüsch-Maskottchen oder andere Fan-Artikel.
Dabei steht der Verkauf gar nicht so sehr im Vordergrund, vielmehr geht es in erster Linie um Marketingaspekte. Vor allem im Einzelhandel verzichtet kaum ein Unternehmen darauf, die Fans mit Gratis-Giveaways zu versorgen. Von Bällen über Shirts bis hin "Musikinstrumenten" für die Stimmung gibt es fast keine Grenzen.
Außerdem bei jedem großen internationalen Turnier gerne ausgegeben: Spielpläne, die grafisch auf die Zielgruppe zugeschnitten werden können und noch dazu für mindestens vier Wochen (im Fall der WM zumindest) den Fußballfans täglich das eigene Unternehmen mit dem entsprechenden Firmenlogo ins Gedächtnis rufen. Corporate Design und Fußball lassen sich so werbewirksam miteinander verbinden.
Gemeinsam für eigene Interessen
Was bei dem großen Feld der Fußballvermarktung nicht vergessen werden darf: Obwohl die Verbindung von Vereinen und Verbänden auf der einen und den Medien und Sponsoren auf der anderen Seite durchaus eine symbiotische ist, verfolgen die einzelnen Akteure selbstverständlich ihre eigenen Ziele und Interessen.
Die Unternehmen bekommen mit ihrer Sponsoringtätigkeit eine Gelegenheit, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing in einem Bereich mit hoher medialer Aufmerksamkeit und großer Reichweite zu betreiben. Verfolgt werden dabei vor allem zwei Ziele:
- Auf der psychologischen Ebene geht es um die Steigerung des Bekanntheitsgrads des Unternehmens, beispielsweise mit Hilfe der Trikotwerbung.
- Daneben gibt es aber eine ökonomische Ebene, da ein größerer Bekanntheitsgrad, im Idealfall gepaart mit größerer Beliebtheit, höhere Umsätze in Aussicht stellt.
Laut Untersuchungen der Technischen Universität Braunschweig zu den Sponsoringpotenzialen in der Fußball-Bundesliga sind sogar weitere Abstufungen möglich, mit denen die Zielsetzungen der Unternehmen im Bereich Sponsoring beschrieben werden können:
- Sogenannte Verantwortungsträger sind Unternehmen, die vor allem in der Region, wo sie ansässig sind, den Sport finanziell unterstützen.
- Bekanntheitsoptimierer hingegen zielen in erster Linie auf die Steigerung der Markenbekanntheit, was vor allem die Präsenz ausländischer Sponsoren in der Bundesliga erklärt.
- Für Einstellungsoptimierer geht im Zuge der Partnerschaft mit einem Verein vornehmlich darum, das Image des Unternehmens zu verbessern. Voraussetzung für einen erfolgreichen Imagetransfer ist natürlich ein bestmögliches Vereinsimage, von dem der Sponsor profitieren kann.
- Gesamtmarkenoptimierer hingegen verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, wollen entsprechend sowohl die Bekanntheit wie auch das Image verbessern - und brauchen dafür starke Vereinsmarken.
Warum sich die Investition in eine Partnerschaft mit einem Fußballclub lohnen kann und warum diese nicht zwingend nur auf die großen Vereine der ersten Bundesliga beschränkt sein müssen, erklärt beispielsweise der VfR Aalen gleich auf seiner Vereinsseite. Als "attraktive Werbeplattform" präsentiert sich der Drittligist dort ebenso selbstbewusst wie geschäftsmännisch, die Argumente dürften aber allgemeinhin Gültigkeit besitzen: die Popularität des Fußballs national wie international, die Reichweite, die Medienpräsenz, der gesellschaftliche Stellenwert des Fußballs, das Image der Vereine als eigene Marken, um nur einige zu nennen.
Vermarktung und neue Wahrnehmung
Für die Unternehmen ist ihre Rolle als Sponsor keineswegs frei von Risiken, im Gegenteil: Auch wenn man beim VfR Aalen und sicher auch bei anderen Vereinen auf die Planbarkeit und Messbarkeit des Sponsorings verweist, liegt genau hier der Haken. Der gewünschte Schub für das Image steht in direktem Zusammenhang mit den sportlichen Erfolgen. Die lassen sich aber nur bedingt vorhersagen.
Ein ebenso problematischer Faktor, der auf Verbandsebene womöglich die größere Rolle spielt als auf Club-Ebene, ist die Politik der Funktionäre. Das Beispiel FIFA zeigt, dass Fehlverhalten irgendwann auch Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit langjährigen Partnern haben kann.
Keine Garantien
Garantien für ein "Return-of-Investment", wie es im Business-Sprech gerne heißt, gibt es daher nur bedingt. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, einen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Sponsoring eines Fußballvereins zu ziehen, lässt sich dennoch anhand einiger Kriterien im Vorfeld abschätzen. Zu einer Bewertung eines Vereins als Marke gehören:
- die Leistung des Managements
- die Traditionsstärke des Vereins
- die Assoziation mit beliebten Spielern und/oder Trainern
- die Qualität der Fankultur
- der aktuelle sportliche Erfolg
- die Attraktivität des Spiels
All das sind Variablen, die Unternehmen zu berücksichtigen haben und die noch dazu schnellen und gravierenden Veränderungen unterliegen können. Als Beispiel kann etwa der 1. FC Köln herangezogen werden.
Markenwert und sportlicher Erfolg: Beispiel 1. FC Köln
Vor der Saison 2017/18 sah alles so aus, als hätte sich der Verein endlich wieder in der ersten Liga etabliert, in Vorstand und Management war nach langen Jahren Ruhe eingekehrt, die sportlichen Leistungen konnten sich sehen lassen, Europa League-Teilnahme inklusive. Als weitgehend verantwortlich für diesen Aufschwung galten Trainer Peter Stöger und Manager Jörg Schmadtke.
Trotz Abstieg steht für den 1. FC Köln nicht zu erwarten, dass die Lichter ausgehen - als Marke ist der Verein stark genug, um den sportlichen Misserfolg zu verkraften.
Die Voraussetzungen waren also so gut wie lange nicht mehr, als umso bitterer muss daher der Saisonverlauf betrachtet werden, an dessen Ende nicht nur der Verlust von Stöger und Schmadtke zu verbuchen waren, sondern zugleich der Abstieg in die zweite Bundesliga. Ein solches Abschneiden hat für alle Parteien teils gravierende Folgen, ungeachtet des Vereins, der letztlich davon betroffen ist.
Der FC mag davon profitieren, dass er ein vergleichsweise großes und loyales Fan-Umfeld hat, die Situation schon kennt und laut Analyse der WirtschaftsWoche zu den beliebtesten Bundesliga-Vereinen überhaupt gehört. Entsprechend solide dürfte der Markenwert des 1. FC Köln sein, selbst im Abstiegsfall. Eine Selbstverständlichkeit ist das zweifellos nicht, für die Sponsoren der Rheinländer aber dürfte das eine gewisse Erleichterung bedeuten. Gänzlich ohne Folgen für Stadt und Verein bleibt die kommende Saison in Liga 2 dennoch nicht.
Konsequenzen des sportlichen Misserfolgs
Die Fallhöhe dürfte durch die genannten Faktoren aber zumindest teilweise abgefedert werden, dennoch werden in diesem Fall womöglich die Mechanismen greifen, die auch bei anderen Vereinen in ähnlichen Situationen eine Rolle spielen:
- Der sportliche Abstieg bedeutet gleichzeitig eine Minderung des Markenwerts für die betroffenen Vereine. Weniger mediale Präsenz, weniger attraktive Gegner, weniger Zuschauer (was vor allem für die Fernsehberichterstattung gilt) - das alles wirkt sich negativ auf die Vereinsmarke aus.
- Ähnliche Auswirkungen hat ein Abstieg auch für die Sponsoren, die wenigstens vorübergehend von der "großen Bühne Bundesliga" verschwinden und damit geringere Chancen haben, ihre Sponsoringziele zu erreichen.
- In der Folge bedeutet ein sinkender Wert der Vereinsmarke eine weniger gute Ausgangsbasis für das Verhandeln mit Sponsoren. Die Folge: Weniger Geld in der Vereinskasse.
Das sind bei weitem keine neuen Erkenntnisse. Sponsoring ist selbst im Spitzensport mit einem gewissen Risiko verbunden, wollen die Unternehmen nicht vollständig auf die internationalen Top-Vereine zurückgreifen. Die haben wiederum einen Markenwert, der für interessierte Sponsoren mit entsprechend höheren Geldsummen verbunden sind.
Die stärksten Vereinsmarken der Welt
Ein Blick auf die unlängst veröffentlichten Untersuchungsergebnisse zum Markenwert von Fußballvereinen, die von dem britischen Beratungsunternehmen Brand Finance ermittelt wurden, zeigt die Dimensionen, in denen sich Clubs und Sponsoren bewegen: Angeführt wird die Liste der wertvollsten Marken von - Manchester United.
Der Zweitplatzierte der vergangenen Premier League-Saison, der auf internationaler Bühne bereits im Achtelfinale der Champions League am FC Sevilla scheiterte, liegt mit einem geschätzten Markenwert von 1,551 Milliarden Euro mehr als eine Viertelmilliarde Euro vor Real Madrid und dem FC Barcelona. Bayern München schafft es, was kaum eine Überraschung darstellt, als einziger Bundesliga-Verein in die Top 10 (Platz 4, 1,151 Milliarden Euro).
Verwechseln sollte man den Wert übrigens nicht mit der Markenstärke. In dieser Hinsicht hat Real Madrid die Nase vorn und den ärgsten Konkurrenten Barcelona ausgestochen.
Sponsoren auf der internationalen Bühne
Es ist kaum eine Überraschung, dass die Top 10 - ganz gleich ob Markenstärke oder Markenwert - von Brand Finance vornehmlich Vereine anführt, die über eine gewisse internationale Strahlkraft verfügen. Die Global Player unter den Sponsoren denken eben auch bei ihrem Engagement global. Die Verlierer in diesem Spiel sind all die "kleineren" Vereine, plötzlich für die Sponsoren nicht mehr von Interesse sind. Besonders deutlich wird das bei den Ausrüstern Adidas und Nike. Beide Sportartikelhersteller ziehen sich weitgehend aus der Bundesliga zurück, investieren stattdessen lieber in die Spitzenvereine oder einzelne Spieler.
Die WM als Werbebühne
Außerdem weiterhin als Werbeplattform beliebt sind die Sportereignisse, die von internationalem Interesse sind, die den größten Zugewinn für das jeweilige Image erwarten lassen - und gleichzeitig aus Sicht der austragenden Verbände den größten finanziellen Zugewinn versprechen. Für die FIFA war das lange Zeit ein Erfolgsmodell, das mittlerweile jedoch erste Risse bekommt.
Sport-Event mit internationaler Strahlkraft: Die Sponsoren mögen sich zieren, doch die Fans strömen trotzdem zur WM, um ihre Nationalmannschaften anzufeuern.
Deutlich wurde das im Vorfeld der Fußball-WM in Russland: Kurz vor dem Jahreswechsel konnte der Verlauf des Rechte-Verkaufs durch die FIFA bestenfalls als schleppend bezeichnet werden, gerade ein Drittel der insgesamt 34 Pakete hatte der Weltverband bis zu diesem Zeitpunkt veräußern können.
Noch Anfang Mai, also rund sechs Wochen vor dem Eröffnungsspiel in Moskau, hatte sich daran Medienberichten zufolge wenig geändert - von 17 verkauften Marketingpaketen war die Rede. Von den finanziellen Einbußen abgesehen ein erheblicher Imageschaden für die FIFA, was wiederum eine Folge vorheriger Imageschäden ist, die der Verband in den vergangenen Jahren angehäuft hat.
Nachwehen der Blatter-Ära
Bereits vor vier Jahren fingen deswegen die ersten langjährigen Sponsoren mit ihrem Rücktritt von der Unterstützung der FIFA an, darunter namhafte Unternehmen wie Sony, die Fluglinie Emirates oder Continental. Zu dieser Zeit wurde aber eines der großen Probleme offenkundig, dass seither im Zusammenhang mit den Fußball-Weltmeisterschaften (übrigens auch rückblickend, wie die Enthüllungen zum deutschen "Sommermärchen" gezeigt haben) immer wieder diskutiert wird:
- Auf der einen Seite bleiben die Weltmeisterschaften das Aushängeschild für die populärste Mannschaftssportart der Welt. Das ist allerdings nicht in erster Linie der Verdienst der FIFA, wenngleich diese von der über Jahrzehnte gewachsenen Beliebtheit profitieren und alles Denkbare unternehmen, um die Bedürfnisse der Fans zu befriedigen.
- Auf der anderen Seite gerät die FIFA zunehmend unter Druck, weil sie sich zwar als Botschafter für Fairness versteht, es bei der Ausrichtung ihrer Turniere damit aber nicht sonderlich ernst zu meinen scheint. Erhöht wird der öffentliche Druck zusätzlich durch die Sponsoren, die sich ihrerseits der Kritik ausgesetzt sehen.
Für Fans wie Sponsoren dürfte der Führungswechsel beim Fußball-Weltverband zudem für weitere Ernüchterung gesorgt haben. Der erhoffte Neuanfang unter Gianni Infantino, mit dem die korrupten Strukturen der Blatter-Zeit endlich aufgeräumt werden sollten - er hat in dieser Form nicht stattgefunden. Keine nennenswerte Aufarbeitung, keine nennenswerten Reformen (von der geplanten Aufstockung der Teilnehmerzahlen bei WM-Endrunden einmal abgesehen), keine Veränderung im positiven Sinne, darüber können auch jubelnde Zuschauermengen in den WM-Stadien nicht hinwegtäuschen.
Kritik ja, ein Ende - eher nein
Andererseits sind es genau diese Zuschauermengen, die vorläufig dafür sorgen, dass die FIFA trotz verstimmter und abgesprungener Sponsoren weiterhin neue Unterstützer findet und alte halten kann. Deswegen ist die Liste der diesjährigen WM-Sponsoren nach wie vor mit prominenten Unternehmen gespickt: Für Coca-Cola, Adidas, McDonald's und Co. mögen die Begleitumstände einer WM in Russland oder Katar zwar unangenehme Fragen aufwerfen, trotzdem bleiben diese Turniere im Bereich Fußball - und im Sport generell - eine der größtmöglichen Bühnen, um sich selbst zu präsentieren.
Spannung, Emotionen, Spektakel, all das zeichnet den Fußball aus und macht ihn weltweit so beliebt - allen Diskussionen zum Trotz.
Hoffen können die Sponsoren, unter denen sich eine steigende Zahl chinesischer Unternehmen befindet, zudem auf die positive Verknüpfung von Fußball, Emotionen und dem eigenen Image. Denn auch für die Fans scheint die Anziehungskraft des Sports als solchem und die Atmosphäre einer Weltmeisterschaft immer noch groß genug, als dass man darauf verzichten wollen würde. Und solange die Popularität des Fußballs nicht unter dem Wirken der Funktionäre leidet, werden die Sponsoren weiterhin eine medienwirksame Werbemöglichkeit finden - von der eben gleichzeitig die FIFA profitiert.
Wirtschaftsfaktor Fußball
Man mag das unmoralisch finden, den Ausverkauf des Fußballs auf nationaler wie internationaler Ebene heraufbeschwören - von Menschenrechten, Nachhaltigkeit und anderen Themen, die in leuchtenden Buchstaben mit dem FIFA-Motto "Fair Play" überschreiten sein sollten, ganz zu schweigen: Es sieht letzten Endes nicht danach aus, als würde sich am Beziehungsgeflecht zwischen Sponsoren, Verbänden und Vereinen etwas grundlegend ändern.
Im Gegenteil steht zu erwarten, dass die Rolle des Sponsorings eine noch wichtigere wird, weil Unternehmen zunehmend die Vereine finanziell tragen. Auch das ruft vor allem in Deutschland die Fußball-Romantiker auf den Plan, die auf einem Einhalten der 50+1-Regelung bestehen, weil die Vereine ansonsten zum Spielball der Unternehmer werden.
Fakt ist jedoch: Unter den Bundesligisten ist es weitgehend Konsens, die Profi-Abteilungen aus dem Verein auszugliedern. Denn - das hätte spätestens mit dem Angebot von Günter Mast klar werden müssen - Fußball ist nicht nur Sport, er ist ein Geschäft, an dem eben viele Parteien verdienen wollen.