"Ich sehe keine Weiterentwicklung. Viele Mannschaften bei der EM versuchen nur noch, das konstruktive Spiel der Gegner zu zerstören", analysierte Neid in den Niederlanden. "Und das Schlimme ist, dass sie das auch schaffen, weil bessere Teams technisch nicht in der Lage sind, sich mit ihrem Offensivspiel durchzusetzen." Derselbe Trend zum Defensivfußball sei schon bei der Männer-EM 2016 in Frankreich zu beobachten gewesen.
Harte Kritik von Neid
Neid, die Deutschland zum WM- (2007), EM-Titel (2009 und 2013) und Olympiasieg (2016) geführt hatte, analysiert als Leiterin der neuen DFB-Scouting-Abteilung alle 31 EM-Partien, um weltweit Entwicklungen und Trends zu erkennen. Sie gibt zu, dass alle Nationen vor allem hinsichtlich Athletik und Physis besser geworden sind. Von der Qualität der Partien und dem allgemeinen Niveau der EM ist sie aber enttäuscht.
"Es gibt viele schlechte Torabschlüsse, unpräzise Pässe, Fehler im Spielaufbau, lange Bälle, wenig Flügelspiel oder schnelles Vertikalspiel. Das hat mit individueller Qualität und technischen Fertigkeiten zu tun", bilanzierte sie nach 24 Vorrundenpartien. "Vielleicht sehen wir in der K.o.-Runde bessere Spiele."
Die deutsche Teamchefin Steffi Jones kann diese Kritik zum Teil nachvollziehen. "Das Feld ist zwar dichter beisammen, aber viele setzten auf Kompaktheit und Konter. England ist die einzige Mannschaft, die bisher durchmarschierte." Zu den wenigen positiven Überraschungen gehören demnach die Newcomer aus Belgien und Österreich sowie die bisher von den Fans getragenen EM-Gastgeberinnen.