Bei Sturm Graz hängt im Umfeld der Haussegen schief. Fans, die sich über fehlende Nachwuchs-Integration beschweren, ein Trainer, dem Allmachtsfantasien unterstellt werden und ein Sportdirektor, der die grundlegende Erwartungshaltung der Vereinsanhänger kritisiert. Derweil schien der SK Sturm Graz zu Beginn der Saison endlich wieder auf gesunden sportlichen Beinen zu stehen. Die Vorbereitung lief nahezu perfekt (man erinnere sich an das fulminante 5:2 gegen NK Maribor), mit Sascha Horvath, Donis Avdijaj, Andreas Gruber und Sandi Lovric klopften hochtalentierte Jungkicker an die Stammelf, der Kader wurde mit Marvin Potzmann, Michael Esser, Tanju Kayhan und vielversprechenden Anderen gut verstärkt.
Sportlich läuft es bei den Grazern momentan auch. Drei Spiele, drei Siege, 10:0 Tore. Einzig: im Umfeld brodelt es. Die Fans reckten Spruchbänder in die Luft, machten ihrem Ärger über die fehlende Nachwuchsarbeit gehörig Ausdruck. Und heimsten dafür Kritik ein. Sky-Experte Alfred Tatar bemängelte beim 2:0-Heimsieg gegen die Austria die fehlende Unterstützung, vergaß dabei aber, dass die kritische Auseinandersetzung mit den Vereinsgebaren einen essenziellen Bestandteil des Fan-Seins ausmacht. SPOX sprach mit Youngster Sandi Lovric, um mit ihm auf Spurensuche zu gehen, warum sein verheißungsvoller Saisonstart derart nach hinten losging. Und ob die Nachwuchsförderung beim SK Sturm tatsächlich nicht funktioniert.
Foda lässt Lovric links liegen
Sandi Lovric gilt nach wie vor als einer der begabtesten defensiven Mittelfeldspieler dieses Landes. Mit 17 Jahren ist er Kapitän des österreichischen U17-Nationalteams, erzielte in 20 Spielen 11 Tore für die Jugendauswahlen dieses Landes. Juventus Turin und Inter Mailand klopften vor nicht allzu langer Zeit an und wollten das Ausnahmetalent unter Vertrag nehmen, Ex-Coach Darko Milanic sprach bei SPOX gar von einem, "der für die ganz große Bühne gemacht ist." In der neuen Saison ist aber alles anders. Lovric wird von Trainer Franco Foda links liegen gelassen, durfte bisher nur in der Regionalliga für die Amateure ran. Bei seinem einzigen Profi-Einsatz diese Saison im ÖFB-Cup, zeigte er in 33 Minuten, was in ihm steckt, verbuchte ein Assist.
Der Saisonverlauf ist demzufolge natürlich enttäuschend für die persönlichen Ziele des 17-Jährigen: "Jeder junge Spieler erwartet sich immer mehr Einsatzzeit. Nichtsdestotrotz muss man immer weiter arbeiten und auf seine Chance warten." Erklären kann es sich Lovric nicht, warum er bisher von Franco Foda gar nicht berücksichtigt wurde: "Im Training läuft es eigentlich gut. Natürlich hat man immer Phasen drin, wo es nicht das Gelbe vom Ei ist. Aber ich denke, dass ich mich stetig weiterentwickle." Auch mit der Vorbereitung war er zufrieden, rechnete sich Chancen aus, gefördert zu werden: "Das Spiel gegen Maribor, meine Vorbereitung, da habe ich auch selber gedacht, dass ich richtig gut gespielt habe. Woran es wirklich liegt, warum ich nicht spiele, das weiß ich nicht."
Natürlich bekam auch die Mannschaft den Wunsch der Fans nach Nachwuchsförderung mit: "Wir haben das kurz angesprochen, dass das vorgekommen ist und die Plakate haben wir gesehen. Aber letztendlich ist es die Entscheidung des Trainers, wen er aufstellt." Dass Lovric zweifelsohne das Potenzial hat, eine ganz große Karriere zu starten, ist evident. Dass eine Entwicklung nur mit Spielpraxis stattfinden kann, aber auch.
Und wenn Talente wie Lovric nicht in die Mannschaft integriert werden können, suchen sie früher oder später das Weite: "Mein Berater weiß alles. Meine Aufgabe ist es jetzt, alles zu geben, Gas zu geben, weiter an mir zu arbeiten. Ich will mich bei Sturm durchsetzen. Dann schauen wir weiter." Klar ist auch: Fördert Sturm seine größte Perle, könnte irgendwann das große Geld winken. Ein Weg, den der Verein vor Jahren eigentlich ausgeschrieben hat.
Sandi Lovric im Steckbrief