Thorsten Schick erfuhr im letzten Sommer den Grundsatz des Optimismus am eigenen Körper: nachdem die Türe Sturm Graz und die damit einhergehende Vertragsverlängerung nach langen Verhandlungen endgültig zugeknallt wurde, öffnete sich woanders eine völlig neue: die Türe von YB Bern, elfmaliger Schweizer Meister und Qualifikant der Champions League.
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Nach anfänglichen Schwierigkeiten inklusive einer nervigen Blessur, die ihn im August für 25 Tage außer Gefecht setzte, ist Thorsten Schick im Schweizer Mittelland angekommen. Er durchlebte eine turbulente Champions-League-Qualifikation, in denen YB gegen Borussia Mönchengladbach gehörig Lehrgeld zahlte, eine mittelmäßig erfolgreiche Europa-League-Gruppenphase und eine absolut zufriedenstellende Schweizer Halbsaison. Seine Statistiken können sich durchaus sehen lassen. In insgesamt 25 Saison-Einsätzen kam Schick auf stolze 17 Torbeteiligungen, der 25. Einsatz war es auch, der bei ihm eine Klausel zur Vertragsverlängerung aktivieren sollte.
Der unrühmliche Abschied aus der Heimat
Und der 26-jährige Grazer fühlt sich pudelwohl in Bern, wie er SPOX im Gespräch verriet: "Die Mannschaft hat mich wirklich sehr gut aufgenommen. Ich mag auch die Stadt sehr gerne, sie ist nicht zu groß. Ähnlich wie Graz." Der Vergleich mit Graz sollte im Gespräch noch des Öfteren vorkommen: "Klar ist Sturm immer ein Thema bei mir. Ich bin Sturm-Fan seit ich denken kann. Das ändert sich nicht so schnell."
Auch nicht nach den Querelen im Sommer? Der rechte Mittelfeldspieler, im Nachwuchs der Schwarzweißen ausgebildet, wurde nach 66 Profi-Einsätzen für die Blackys geschasst, obwohl es sich doch in der Winterpause noch anders angefühlt hatte: "Es gab damals eine blöde Situation mit dem Wechsel des Sportdirektors. Alles war anders ausgemacht, wir waren in den Planungen schon sehr weit, hatten gute Gespräch mit dem alten Sportdirektor (Gerhard Goldbrich, Anm.). Dann kam es zum Wechsel, Günter Kreissl übernahm und der wollte einige Sachen anders machen. Das ist auch okay so."
Schmutzkampagne
In Graz lief eine kleine Schmutzkampagne, Schick wurde bezichtigt, dem schnöden Mammon nachgehen zu wollen. Falsch, wie er heute betont: "Es wurden blöde Aussagen getätigt, von wegen mir ginge es nur ums Geld. Das ist natürlich nicht ganz richtig, aber mir war es zu mühsam, ständig alles zu berichtigen."
Nachdem die Grazer Tür geschlossen wurde, öffnete sich rasch jene bei YB. Auch unter starker Mithilfe des österreichischen Bern-Coaches Adi Hütter: "Wenn Adi Hütter hier nicht Trainer wäre, würde ich nicht hier spielen." Schick weist den Vorwurf des Trainer-Proteges allerdings aufs Schärfste zurück: "Viele sehen es so: 'Ja, der spielt nur, weil er Österreicher ist'. Das ist aber Blödsinn. Ich glaube, dass ich es im Endeffekt schwerer als andere habe. Hütter darf sich keinen Fehler erlauben. Ich muss schon Leistungen bringen." Dennoch war Schick froh, auf einen Landsmann zu treffen: "Es ist schon angenehm, manchmal österreichisch zu reden."
70 Euro für ein Ticket
Ansonsten ist relativ wenig in der Schweiz österreichisch. Ein Ticket im Berner Stade de Suisse kostet umgerechnet knappe 70 Euro. Ein Wahnsinn, wie auch Schick empfindet: "Die Ticketpreise sind eigentlich komplett absurd. Aber wenn du dir die Wirtschaftslage in der Schweiz ansiehst, dann ist das vom Verhältnis wieder okay. Ein normaler Angestellter verdient hier ein paar Tausender, das kann man sich nicht vorstellen."
Die Finanzen sind es auch, die schlussendlich den Unterschied zum österreichischen Fußball ausmachen, wie Schick betont: "Vom spielerischen gibt es keinen mega-großen Unterschied. Aber die Wirtschaftslage spiegelt sich im Fußball wider. Die Vereine, die Stadien - da wird sehr gut mit Geld umgegangen." Vom Zuschauerpotenzial zieht Schick Parallelen zum österreichischen Rekordmeister: "YB ist zu vergleichen mit Rapid - egal, wo wir hinkommen, die Zuseher schauen gerne vorbei. Man weiß, dass man bei uns Offensiv-Spektakel geboten kriegt."Offensiv-Spektakel, das der Schnelligkeit und der Spielweise Schicks zugute kommt. Und ihn immerhin zum Stammspieler beim Zweiten der Schweizer Liga avancieren ließ: "Ich war natürlich traurig und enttäuscht, als es in Graz aus war. Aber im Nachhinein bin ich sehr froh, wie das Ganze abgelaufen ist. Ich bin sehr happy, in Bern zu sein." Wenn sich eine Tür schließt, macht sich eben eine neue auf.
Thorsten Schick im Steckbrief