Zlatko Junuzovic im Interview: "Das war der schlimmste Moment meiner Karriere"

Junuzovic ist der namhafteste Neuzugang bei Red Bull Salzburg.
© GEPA

Zlatko Junuzovic hat sich für eine Rückkehr nach Österreich entschieden und versucht mit dem FC Red Bull Salzburg erstmals in die Champions League einzuziehen. Im Interview mit SPOX spricht der 30-Jährige über seine Zeit als Flüchtlingskind in Österreich, seinen Aufstieg zum Profi beim GAK bis hin zum Konkurs des Grazer Traditionsvereins.

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Er erwähnt Zeiten, in denen er keinen Spaß am Fußballspielen verspürte und erklärt, warum er und seine Teamkollegen in Graz dennoch zusammenhielten. Außerdem erinnert er sich an die EM 2016 und dem schmerzhaften Vorrunden-Aus der österreichischen Nationalmannschaft zurück, sieht das ÖFB-Team für künftige Aufgaben allerdings gestärkt.

SPOX: Herr Junuzovic, wie gefällt es Ihnen bislang in Salzburg?

Zlatko Junuzovic: Die ersten Eindrücke sind sehr positiv, die Jungs sind sehr gut drauf. Ein paar Trainingseinheiten und die ersten Testspiele haben wir jetzt hinter uns. Nach dem Urlaub war das intensiv, es gab aber vom Start weg keine Probleme.

SPOX: Hat Ihnen Trainer Marco Rose vor Ihrem Transfer erzählt, auf welcher Position er Sie einsetzen möchte?

Junuzovic: Es gab natürlich im Vorfeld Gespräche, bei denen sportliche Ideen und Positionen angerissen wurden. Generell haben wir das Thema aber offengelassen. Ich bin variabel einsetzbar, aber persönlich fühle ich mich in einer Rolle im zentralen Mittelfeld am wohlsten.

SPOX: Salzburg ist ein äußerst erfolgreicher Ausbildungsverein. Fürchten Sie sich vor Abgängen bis zum Ende der Transferperiode?

Junuzovic: Ich denke nicht, dass die Mannschaft auseinanderbricht. Auf die Verantwortlichen in Salzburg ist Verlass, denn sie haben über die Jahre hinweg einen super Job gemacht. Wir werden zum Saisonstart eine schlagkräftige Truppe stellen. Deshalb mache ich mir keine Sorgen.

SPOX: Gleich zum Saisonstart geht es um die Qualifikation für die Champions-League-Gruppenphase. Auf Red Bull Salzburg lastet ein wahrer Fluch, in den letzten zwölf Jahren scheiterte man zehn Mal in der Quali. Wie gehen Sie mit solch einer Drucksituation um?

Junuzovic: Der Druck ist im Fußball ein ständiger Begleiter, kann sich aber auch positiv auswirken. In Bremen legten wir etwa oft einen schlechten Saisonstart hin. Wenn du schon früh im Abstiegskampf steckst, ist das ein Druck, den du im Fußball nicht gerne hast. Mit der starken Mentalität der Mannschaft konnten wir uns aber immer wieder selbst rausreißen. Wir brauchen nicht groß herumreden, jeder Tag ist für uns wichtig in der Vorbereitung, vor allem in Hinblick auf die Champions League.

SPOX: Sie sind ja nicht der klassische Transfer von Red Bull Salzburg. Sehen Sie sich nun als Leitwolf, der den jungen Spielern Tipps geben wird?

Junuzovic: Der erste Eindruck war bei jedem Spieler sehr positiv. Man kann mit ihnen gute Gespräche führen. Alle sind gut drauf und geben im Training Gas, aber wenn jemand etwas braucht, bin ich für jeden da.

Zlatko Junuzovic über seine Vorbilder Mario Bazina und Milenko Acimovic

SPOX: Was sagen Sie einem jungen Spieler, der permanent auf sein Handy blickt und auf sozialen Medien postet?

Junuzovic: Das werden wir situationsbedingt klären. Es gibt gewisse Regeln, momentan hält sich auch jeder daran. Social Media ist eigentlich nicht so meine Welt, wenn ich ehrlich bin, ich betreibe selbst auch "nur" einen Facebook-Account. Aber die Jungs haben über die Jahre hinweg Disziplin und Einsatzbereitschaft gezeigt. Mittlerweile ist jeder Profi genug, auch unsere jungen Spieler, das sollte eigentlich kein großes Problem darstellen.

SPOX: Hatten Sie selbst in ihren jungen Jahren einen Spieler, zu dem Sie aufgeschaut haben?

Junuzovic: Es gibt zwei Spieler, die mir in meiner Karriere besonders geholfen haben. In meiner Anfangszeit beim GAK muss ich Mario Bazina hervorstreichen, der mich mehr oder weniger unter seine Fittiche genommen hat. Bei der Austria war es dann Milenko Acimovic, mit dem ich mich sehr gut verstanden habe und auch jetzt noch im regelmäßigen Kontakt stehe. Dann gibt es noch einige weitere.

SPOX: Erzählen Sie.

Junuzovic: Mit Leuten in meinem Alter, wie Julian Baumgartlinger und Florian Klein habe ich schöne Zeiten erlebt - auf Vereinsebene, aber auch in der Nationalmannschaft. Sie alle haben dazu beigetragen, dass ich bisher so eine erfolgreiche Karriere hatte.

SPOX: Sie haben den GAK bereits erwähnt, vor wenigen Wochen haben Sie Ihren Jugendverein vor Ort angefeuert. Ein Besuch unter alten Kollegen?

Junuzovic: Co-Trainer Ralph Spirk ist einer meiner besten Freunde, mit dem ich sehr viel unternehme und oft in Kontakt bin. An meine Zeit beim GAK erinnere ich mich noch sehr gut, daher schaue ich dort auch gerne vorbei. Beim GAK bin ich groß geworden, habe dort während meiner Schulzeit in diversen Jugendmannschaften gespielt, und bin unter Walter Schachner zum Profi in die Kampfmannschaft hochgezogen worden. Umso besser, dass sie jetzt auch wieder weiter oben zu finden sind. Ich hoffe, dass sie wieder in die Bundesliga kommen.

Karrierestationen von Junuzovic: GAK, Austria, Werder, Salzburg

JahreVereinSpieleToreAssists
1999-2007Grazer AK721013
2007-2009Austria Kärnten58417
2009-2012Austria Wien1122531
2012-2018Werder Bremen1982254
2018-FC Red Bull Salzburg---

Zlatko Junuzovic über seine Zeit beim GAK: "Es ging Schlag auf Schlag"

SPOX: Sie sind mit fünf Jahren mit ihrer Familie vom Bosnienkrieg geflüchtet und in Kärnten untergekommen. Wie schwierig fiel Ihnen der Schritt, als Flüchtlingskind mit zwölf Jahren Ihre Familie in Richtung Graz zu verlassen?

Junuzovic: Das Leben in Kärnten war vor allem zu Beginn nicht einfach und eine große Umstellung für meine gesamte Familie. Der Umzug nach Graz war dann noch einmal eine große Herausforderung für mich. Ich wohnte zunächst bei einer Gastfamilie, das erste Jahr war hart. Mit der Zeit ging es aber bergauf, ich habe mich immer mehr eingelebt und letztlich Gott sei Dank auch den großen Sprung beim GAK geschafft. Es war eine schwierige Zeit, aber auch eine schöne Zeit.

SPOX: Wie hat Sie diese Lebensphase geprägt?

Junuzovic: Zum einen gab es viel zu organisieren, ich musste mich immer durchsetzen, und das im Alter von zwölf Jahren. Dann hatte ich natürlich auch den Druck, es in die nächsthöhere Jugendmannschaft zu schaffen. Das war nicht selbstverständlich, du musstest dafür immer Leistungen zeigen. Man wird von Jahr zu Jahr gescheiter und reift mit der Zeit. Mit 17 Jahren schaffte ich den Sprung in die Kampfmannschaft, mit 18 wurde ich erstmals ins Nationalteam einberufen.

SPOX: Und ein Jahr später ging der GAK in Konkurs. Mit welchen Gefühlen haben Sie diese Zeit erlebt?

Junuzovic: Richtig, es ging Schlag auf Schlag. Der Konkurs war vermutlich der schlimmste Moment, den ich in meiner sportlichen Laufbahn erleben musste. Die Stimmung war im Keller, und zwar bei allen, die im Verein involviert waren. Wir hatten gar keinen Spaß mehr am Fußballspielen. So etwas wünscht man niemandem.

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