Über das Duell mit alten Bekannten, sein Verhältnis zu ÖFB-Präsident Leo Windtner und seine Ziele mit Israels Nationalteam sprach Herzog im Interview mit der APA.
Was haben Sie sich mit Ihrer Mannschaft für die EM-Qualifikation vorgenommen?
Andreas Herzog: "Ich hoffe, dass wir an die Leistungen im Herbst in der Nations League (Anm.: Gruppenzweiter in Liga C hinter Schottland und vor Albanien) anschließen können. Doch wir müssen uns steigern, weil wir mit Österreich, Polen und Slowenien noch stärkere Gegner haben. Wenn man sich die Weltrangliste anschaut, sind wir in dieser Gruppe nur Fünfter, man muss also realistisch sein. Trotzdem haben wir die Hoffnung, ganz vorne dabei zu sein, wenn alles optimal läuft. Wir haben eine spielerische gute Mannschaft, müssen aber die Fehler in der Defensive abstellen."
Durch die teilweise guten Leistungen und Ergebnisse unter Ihrer Führung entstand in Israel eine gewisse Euphorie. Müssen Sie deswegen manchmal öffentlich auf die Bremse steigen?
Herzog: "Als Trainer muss ich analytisch sein und alles realistisch einschätzen. Doch es ist wichtig, dass ein bisschen Aufbruchsstimmung herrscht. Die möchte ich auch nicht schmälern."
Seit Ihrem Amtsantritt gibt es mehr arabischstämmige Spieler im Nationalteam. War das eine bewusste Entscheidung von Ihnen?
Herzog: "Es war kein bewusster Schritt, aber im Nachhinein, wenn ich darüber nachdenke, ein großer Schritt. Für mich ist wichtig, mit welchen Spielern ich meine Philosophie am besten umsetzen kann, und das kann ich mit den aktuellen Spielern am besten. Ob es deswegen in Israel Kritik gegeben hat, kann ich nicht beurteilen, weil ich mich nicht so sehr damit beschäftige, was die Zeitungen schreiben."
Manche israelische Zeitungen hoben bei Ihrer Bestellung Ihr Tor für das ÖFB-Team im Oktober 2001 hervor, das Israel einen Platz im WM-Play-off kostete. Hängt Ihnen diese Geschichte noch heute nach?
Herzog: "Jetzt glaube ich nicht mehr, weil die Leute wissen, dass ich damals alles für den Erfolg von Österreich unternommen habe und jetzt alles für den Erfolg von Israel mache. Dieses Tor ist Ewigkeiten her, es gilt nach vorne zu schauen."
Ihr Engagement ist im Sommer in Israel teilweise mit Skepsis aufgenommen worden. Wie sind Sie mit der Kritik umgegangen?
Herzog: "Willi Ruttensteiner ist Sportdirektor geworden und da war es naheliegend, dass er einen Trainer holt, den er kennt und dem er vertraut. Die Reaktionen habe ich nicht so mitbekommen, aber ich habe natürlich gewusst, dass ich in Israel nicht mit großen Vorschusslorbeeren empfangen werde. Erfolge wie Guardiola oder Mourinho hatte ich ja nicht vorzuweisen. Doch Marcel Koller ist seinerzeit in Österreich auch nicht mit offenen Armen begrüßt worden."
Verbandspräsident Shino Zuaretz stellt in wenigen Monaten sein Amt zur Verfügung, die Stimmung in Israel kann bei Misserfolgen schnell umschlagen. Befinden Sie sich in einer gefährlichen Situation?
Herzog: "Dass der Präsident geht, ist schade, ich habe sehr gut mit ihm zusammengearbeitet. Und dass ich als Teamchef gleich Ergebnisse liefern muss, ist mir bewusst. Der Start ist wichtig, wir müssen in den beiden Heimspielen gleich richtig anschreiben."
Beim Duell mit Österreich kommt es zu einem Wiedersehen mit ÖFB-Präsident Leo Windtner, der nicht unbeteiligt daran war, dass sie mehrmals nicht den Teamchef-Posten bekommen haben. Wie sehr schmerzt Sie das noch heute?
Herzog: "Ich sehe das total neutral und denke mir sogar: 'Wer weiß, wofür es gut war, dass ich es nicht geworden bin?' Ich hatte fünf wunderbare Jahre in den USA und habe jetzt eine neue Herausforderung in Israel. Im Leben kommt es eh oft so, wie es kommen soll."
Als im Herbst 2017 Franco Foda das Rennen um den Teamchef-Job machte, klang das noch anders.
Herzog: "Ich bin oft einer, der schnell seine Meinung sagt, aber dann auch wieder schnell seinen Grant vergisst. Mit Windtner ist mein Verhältnis wie früher."
Wäre ein Sieg über Österreich trotzdem eine gewisse Genugtuung?
Herzog: "Mir geht es nicht um Genugtuung, mir geht es darum, wichtige Punkte mit Israel zu sammeln."
Auf welche Emotionen sind Sie beim Abspielen der Hymnen eingestellt?
Herzog: "Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht, wahrscheinlich wird mein totaler Fokus schon auf dem Match liegen. Natürlich ist es etwas Besonderes, gegen das Heimatland zu spielen, doch ich muss das professionell über die Bühne bringen."
Wie sehr brennen Sie gerade gegen Österreich darauf, Ihre Kritiker, die Ihnen keine erfolgreiche Trainerkarriere zutrauen, eines Besseren zu belehren?
Herzog: "Gar nicht. Ich möchte es mir, meiner Mannschaft und dem israelischen Verband beweisen. Was andere über mich denken, darüber zerbreche ich mir schon lange nicht mehr den Kopf."
Der Teamchef-Job in Israel ist Ihr erstes Engagement als Chefcoach einer Erwachsenenmannschaft. Gibt es Unterschiede zu Ihren vorangegangenen Tätigkeiten?
Herzog: "Darüber mache ich mir auch keine Gedanken. Ich bin jetzt eben der, der bei Spielerbesprechungen oder Pressekonferenzen vorne steht, aber das taugt mir eh. In meiner Zeit als Trainer war ich bisher nur einmal ein bisschen nervös, und das war in meiner ersten Spielerbesprechung mit dem US-Olympia-Team, die ich auf Englisch gehalten habe. Doch nach zwei oder drei Minuten war die Nervosität weg."
Beim ÖFB haben Sie mit einigen Spielern gearbeitet, die später in der Qualifikation für die EM 2016 für Furore gesorgt haben und noch immer bei der Nationalmannschaft dabei sind. Könnten sie einen ähnlichen Erfolgslauf wie damals schaffen?
Herzog: "Ich traue ihnen auf jeden Fall wieder so eine erfolgreiche Quali zu. Sie sind in der Gruppe so wie Polen Favorit. Generell hat der österreichische Fußball eine sehr gute Entwicklung genommen. Viele spielen im Ausland und bekommen dadurch eine ganz andere Reife und Selbstvertrauen."