Es brauche "eine richtig aggressive Vorstellung der Athleten", die freilich ihren Gröden-Komplex überwinden müssten. Gewinnen möchte Saslong-Spezialist Aksel Lund Svindal.
Val Gardena zählte in den vergangenen Jahren wahrlich nicht zu den liebsten Weltcup-Destinationen der österreichischen Ski-Herren. Seit dem Super-G-Erfolg von Michael Walchhofer 2010 gab es nur noch zwei weitere Stockerlpätze für Rot-weiß-rot: Romed Baumann wurde 2010 einen Tag nach dem Walchhofer-Sieg Abfahrtszweiter, Hannes Reichelt 2014 Dritter im Super-G.
Schon vor Val d'Isere hatte Speed-Chefcoach Florian Winkler gemeint, dass man sich für Gröden resultatsmäßig "keine Wunderdinge" erwarten sollte. Nach dem dürftigen Abschneiden in Frankreich, wo der zehnte Platz von Max Franz im Super-G das höchste der Gefühle war und Matthias Mayer in der Abfahrt als ÖSV-Bester 17. wurde, ist der Druck von außen aber merklich gewachsen.
Puelacher nimmt Läufer in die Pflicht
Auch der sportliche Leiter Puelacher sieht seine Läufer in der Pflicht. "Die Platzierungen waren mir zu wenig in Val d'Isere. Da erwarte ich mir auch eine Steigerung", stellte der Tiroler klar. "Ich möchte keine Platzierung nennen, was man erreichen muss oder nicht erreichen muss. Ich will einfach qualitativ gutes Skifahren sehen, wo Angriff dabei ist, wo man wirklich riskiert und wo man ins Ziel will. Einfach eine richtig aggressive Vorstellung der Athleten."
Ein zufriedenstellendes Ergebnis im Super-G erscheint in der Theorie nicht so unplausibel. Die Leistung der ÖSV-Herren in der zweiten schnellen Disziplin war zuletzt generell besser als in der Abfahrt. Marcel Hirscher sei Dank gab es im vergangenen Weltcup-Winter in Beaver Creek auch einen Sieg im Super-G, während Reichelt den bis dato letzten Abfahrtssieg am 7. März 2015 in Kvitfjell herausfuhr. Vincent Kriechmayr war zudem in der vergangenen Saison im Super-G-Weltcup Vierter.
In Gröden wurde vor einem Jahr Sotschi-Olympiasieger Mayer als Vierter Bester der ÖSV-Mannschaft. Tags darauf kam der Kärntner in der Abfahrt so unglücklich zu Sturz, dass er anschließend die übrige Saison verpasste. Mit seiner Bestzeit im Abfahrtstraining am Mittwoch signalisierte der 26-Jährige, dass mit ihm wieder zu rechnen ist. "Das ist immer ein gutes Zeichen. Vom Körperlichen her spüre ich nichts mehr", meinte Mayer. Ob er schon so weit sei, wieder Rennen zu gewinnen, könne er aber nicht sagen. "Ich glaub', das entscheide ich erst ein paar Sekunden vorm Start oder während dem Fahren."
Optimistisch gab sich sein Kollege Franz. "Ich bin gespannt, auf die Kurssetzung, die wir haben werden. Die Piste ladet dazu ein, dass du Vollgas geben kannst", sagte der Kärntner, der einen Top-Fünf-Platz anpeilt. "Selbstvertrauen haben wir uns in den letzten zwei Tagen im Training geholt. Ich hoffe, dass ich das mitnehmen kann."
Bei Kriechmayr lief es in den Abfahrtstrainings noch nicht so locker wie gewünscht. "Zurzeit weiß ich gar nicht, wo ich stärker bin. Ich bin schon ein besserer Super-G-Fahrer als Abfahrer, ich hoffe, dass ich's auch zeigen kann", meinte der Oberösterreicher. "Bei mir ist es ein bisserl so, dass ich zu verkrampft fahre. Aber das wird alles werden."
Favoriten kommen nicht aus Österreich
Die Favoriten stammen in den Dolomiten freilich aus anderen Nationen. Vor allem die Norweger Kjetil Jansrud, der in Val d'Isere das Speed-Double holte, und der mit fünf Erfolgen - davon vier im Super-G - als Saslong-Rekordsieger startende Svindal drängen sich auf. Bis zum Anschlag motiviert sind auch die Italiener um Weltranglisten-Leader Peter Fill aus dem benachbarten Kastelruth. Der italienische Verband wartet seit 2008, als Werner Heel im Super-G triumphierte, auf einen Heimsieg.
Für Svindal geht es um den ersten Sieg seit seinem fatalen Sturz in Kitzbühel im Jänner, der fast einen Totalschaden im rechten Knie verursachte. "Ich glaube, die Möglichkeit ist schon da. Ich hoffe, dass ich besser und besser werde, je länger die Saison dauert", gab sich der 33-Jährige verhalten. "Aber Kjetil ist auch brutal gut in Form, so einfach wird es nicht, ihn zu schlagen." Bei seinem Comeback in Val d'Isere fuhr Svindal als Zweiter und Dritter in Super-G bzw. Abfahrt auf Anhieb zweimal auf das Stockerl.
Eine Neuerung wartet heuer auf die Weltcup-Elite in Italien. Erstmals wurde die "Südtirol Ski Trophy" ausgelobt, die an den Gesamtbesten der vier Weltcup-Rennen in Südtirol vergeben wird. Der Sieger steht am Montagabend nach dem Riesentorlauf in Alta Badia fest und erhält 20.000 Euro Preisgeld sowie eine Holzbüste in Originalgröße. Zudem wird ein Südtiroler Sterne-Koch mit dem Trophy-Champion ein eigenes Gericht kreieren.