Gespalten fielen die Reaktionen der besten Techniker der alpinen Ski-Herren auf den zweiten Wettbewerb dieser Art auf der Gran-Risa-Piste aus. Grundsätzlich eine gute Idee, lautete der Tenor unter den Athleten, die Einstufung als Riesentorlauf sei jedoch zu hinterfragen, meinten vor allem die österreichischen Herren.
"Es ist eine eigene Disziplin", steht für Feller fest. "Es gehört eine gewisse Brutalität dazu. Man muss natürlich gut Skifahren können, aber mit einem Riesentorlauf hat es jetzt nicht wirklich was zu tun." In dem kurzen, direkt gesetzten Lauf auf dem relativ flachen Zielhang komme es hauptsächlich darauf an, beim Start und über die zwei Wellen Tempo zu machen. Die Kurventauglichkeit der Läufer ginge dabei praktisch unter.
Schörghofer: "Der Start macht ein Drittel aus"
Sieger Sarrazin ist zwar ein Riesentorlauf-Spezialist und scheint diese These zu widerlegen, dahinter folgten jedoch zwei Allrounder, deren Stärken ganz klar in den Speed-Disziplinen liegen: Carlo Janko und Kjetil Jansrud. Der Schweizer und der Norweger bringen auch mehr Gewicht auf die Waage als der herkömmliche Techniker.
"Der Start und die Wellen machen im Prinzip das ganze Rennen aus. Der Start macht in Prozent etwa ein Drittel aus und jeweils die Wellen auch ein Drittel", erklärte Philipp Schörghofer, als Elfter bester ÖSV-Teilnehmer an dem Flutlicht-Spektakel. Wobei die Sprünge, die auf die Wellen folgen, nicht schlecht seien. "Ich glaub', das kommt schon gut an bei den Leuten."
Feller, der Platz 16 belegte, ging sogar noch einen Schritt weiter in seiner Einschätzung. "Grundsätzlich geht es zu 90 Prozent um den Start, und die anderen zehn Prozent sind fast die letzte Welle da unten", sagte der Tiroler. Genau diese letzte Welle führte im Achtelfinale auch zu seinem Sturz, der glücklicherweise glimpflich ausging.
Neureuther: "Technisch nicht anspruchsvoll"
"Man sieht halt schwer einen Unterschied und kann sich relativ schwer etwas rausholen", meinte Marcel Hirscher. Der wohl beste Riesentorläufer der Gegenwart scheiterte knapp, aber doch in der ersten Runde und wurde 18. In seiner Kritik hielt sich Hirscher dezent zurück, der Salzburger hätte sich aber mehr und schwierigere Kurven gewünscht, um seine Stärken ausspielen zu können.
Den Knackpunkt ist für viele der Spezialisten das Gelände, das den Spielraum für Alternativen ziemlich begrenzt. "Auf dem Hang, was will man da groß rausholen?", fragte sich Felix Neureuther, der ebenfalls zum Auftakt ausschied. "Es sind zwei Wellen drinnen und das war's. Also es ist jetzt technisch kein anspruchsvoller Hang."
Schörghofer meinte, der Parallel-Riesentorlauf sei "schon ein ganz geiles Format, nur vielleicht müsste man einen anderen Hang dafür finden. Ein bisschen steiler müsste es sein, breiter wär' auch gut, dann kannst du mehr Kurven setzen."
Hirscher denkt über Schladming nach
Eine konkrete Alternative brachten die Österreicher auch gleich in Spiel. "Ich könnte mir das in Schladming auf dem Zielhang zum Beispiel extrem gut vorstellen", brach Hirscher eine Lanze für die Planai, die obendrein neue Dimensionen aufstoßen würde, was die Zuschauer angeht. "Da geht's über eine längere Distanz, da kannst du noch ein bisserl drehender stecken. Das wär' dann schon ziemlich anspruchsvoll", kann sich auch Feller dafür erwärmen.
Sarrazin hat Alta Badia jetzt für immer in sein Herz geschlossen. Mit dem 22-Jährigen trug der - gemeinsam mit dem Schweizer Marco Odermatt - ungeübteste Teilnehmer den Sieg davon. Erst sechs Rennen im Weltcup hatte der Sensationsmann zuvor in den Beinen, ganze drei Mal war er mit Punkten belohnt worden. "Ich habe nie wirklich davon geträumt, ein Weltcup-Rennen zu gewinnen", gestand er. "Mein Ziel ist in erster Linie, so schnell wie möglich zu fahren und dabei Spaß zu haben." Dank Sarrazin haben die Franzosen nun vier von fünf Riesentorläufen in diesem Winter gewonnen.
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