"Heute war es genial. Ich hatte ein super Schießen, leider habe ich den letzten Schuss verfehlt. Aber ich habe in der letzten Serie die Belastung massiv gespürt und muss wirklich froh sein, dass ich mit einem durchgekommen bin", sagte Landertinger. Seine ersten 19 Schüsse fanden allesamt das Ziel, ehe er beim finalen Versuch zögerte. Nach einigen Sekunden gab er den Schuss schließlich ab, dieser landete aber nicht im Schwarzen. Damit bekam er eine Strafminute aufgebrummt, eine Medaille war vermeintlich außer Reichweite.
Doch plötzlich setzte Landertinger zu einer fulminanten Schlussrunde an, überholte noch den Slowenen Jakov Fak, der nach dem letzten Schießen auf dem Bronze-Rang lag, und konnte sogar mit Top-Läufern wie Martin Fourcade mithalten. Während der Franzose sich seine zwölfte WM-Goldmedaille sicherte, belegte sein Dauerrivale der letzten Monate, Johannes Tinges Bö, Platz zwei.
"Läuferisch habe ich es mir super eingeteilt, zum Schluss konnte ich wirklich noch einmal voll draufdrücken. Dass es am Ende zu Bronze gereicht hat, ist unglaublich", sagte Landertinger. Im Ziel habe er lediglich gehofft, ein Top-Resultat einzufahren, um sich für den Massenstart am Sonntag zu qualifizieren. Dort sind neben den Top-Athleten im Gesamtweltcup auch die besten Läufer der jeweils letzten Rennen startberechtigt. Mit Platz drei im Einzel dürfte Landertinger sein Ticket für jene Disziplin, in der er 2009 WM-Gold in Pyeongchang (Südkorea) holte, sicher haben.
Dominik Landertinger emotional: "Das war so eine harte Zeit"
Es reichte allerdings nicht nur für ein paar Weltcup-Punkte und einen weiteren Rennstart, sondern gar für seine neunte Medaille bei Großereignissen, die erste seit Olympia-Bronze im Einzel 2018. "Das ist einfach nur Wahnsinn. Das war das perfekte Rennen an dem Tag, an dem ich es gebraucht habe", sagte Landertinger, der im Ziel mehrere Tränen vergoss. "Ich wusste im Sprint und in der Verfolgung ist eine Medaille eher unrealistisch, der Einzelbewerb ist eher meine Stärke. Mir taugt die Distanz gut. Bei 20 Kilometern muss ich nicht so schnell anfangen und kann mir die Distanz gut einteilen."
Landertinger dankte dem Serviceteam für "Top-Material an den Füßen". Die Leistung kam auch deshalb so überraschend, weil Landertingers bislang beste Saison-Platzierung ein 21. Rang von Östersund war. Muskuläre Probleme als Spätfolge einer Bandscheibenoperation verhinderten seither weitere Erfolge. Deshalb dachte Landertinger bereits an sein Karriereende. In Südtirol gelang ihm aber erneut ausgerechnet bei der WM wieder ein großer Coup.
"Das ist schon überwältigend. Im Dezember bin ich heimgefahren aus Frankreich und habe gedacht, das war es mit dem Sport. Jetzt stehe ich mit der Bronzemedaille da, das ist schon ein Wahnsinn", sagte der in Tränen aufgelöste Landertinger im ORF-Interview. Die lange Suche nach dem Grund für seine Probleme im Laufen sei ausgesprochen schwierig gewesen. "Das war so eine harte Zeit. Da jetzt die Medaille zu machen, das gibt mir so viel. Ich habe eine nach der anderen in die Fresse bekommen, dann trifft man es wieder auf den Punkt, das ist unvorstellbar schön."
ÖSV-Trainer Ricco Groß freut sich mit Landertinger
Sein erster Dank galt den Betreuern und Ärzten, mit deren Hilfe er schließlich die Ursache und eine Lösung für die muskulären Probleme gefunden habe. Die Bronzemedaille, seine dritte in WM-Einzelbewerben nach Gold 2009 im Massenstart und Silber 2016 über 20 km bedeute ihm noch mehr als die ebenfalls unerwartete vor zwei Jahren bei Olympia.
"Das war noch einmal zäher, weil ich seit eineinhalb Jahren dermaßen weit weg war und wir nicht draufgekommen sind, woran es liegt." Noch vor drei Tagen war er in der WM-Verfolgung nach vier Strafrunden nur 40. geworden und hatte danach gemeint: "Ich habe geschossen wie ein Volksschüler und bin gelaufen wie ein Rentner."
Auch ÖSV-Cheftrainer Ricco Groß freute sich über das ersehnte Edelmetall. "Jetzt haben wir die Medaille, auf die wir hingearbeitet haben. Der Fehler ist bitter, aber mit einem Fehler oder besser gesagt 19 Treffern war es ein super Rennen. Es war für ihn eine sehr schwierige Zeit, aber im Endeffekt ist es aufgegangen", meinte Groß.
Im Gegensatz zum Bronzemedaillengewinner vermochte der Rest des ÖSV-Teams diesmal nicht mit der Spitze mitzuhalten. Felix Leitner, bisher mit zwei neunten WM-Rängen der beste Österreicher, wurde mit fünf Strafminuten 27., Simon Eder nach vier Fehlern 40., Julian Eberhard beendete das Rennen nach sogar acht verfehlten Scheiben vorzeitig.
Die nächsten Chancen erhält Landertinger am Wochenende in der Staffel und im Massenstart. Davor sind am Donnerstag Eder und Lisa Hauser in der Single-Mixed-Staffel im Einsatz. "Wir sind guter Stimmung auf das, was noch kommt", betonte Groß.
Medaillenspiegel bei der Biathlon-WM 2020 in Antholz
Nach dem Erfolg von Dominik Landertinger ist Österreich nun im Medaillenspiegel vertreten. Der Stand nach sieben von zwölf Entscheidungen:
Platz | Nation | Gold | Silber | Bronze |
1 | Norwegen | 2 | 2 | 2 |
2 | Frankreich | 2 | 1 | 1 |
3 | Italien | 2 | 1 | 0 |
4 | Russland | 1 | 0 | 1 |
5 | Deutschland | 0 | 2 | 0 |
6 | USA | 0 | 1 | 0 |
7 | Tschechien | 0 | 0 | 2 |
8 | Österreich | 0 | 0 | 1 |