tennisnet.com: Dominic hat die Latte 2016 hoch gelegt. Muss eine erneute Teilnahme an den ATP World Tour Finals nun sein Ziel sein?
Bresnik: Für mich ist es nie ein Ziel, nur bei einem Turnier dabei zu sein. Das Ziel muss sein, dass er wieder an seine gezeigten Leistungen anschließen kann. Wo sich das dann im Ranking niederschlägt, wird man sehen.
tennisnet.com: Wann würdest du von einer guten Saison sprechen?
Bresnik: Da sind einige andere, die zurückkommen oder wohl noch stärker sein werden, etwa Federer, Nadal, Alexander Zverev, Lucas Pouille. Wenn die gut spielen, kann's ohne Weiteres sein, dass Dominic die Saison nicht in den ersten Acht beendet. Aber es wäre natürlich schön, wenn er beim Masters wieder dabei sein könnte. Das ist neben den Grand Slams das Highlight des Jahres. Und es ist auch klar, dass man, wenn man mal dabei war, es immer sein will. Aber es ist kein Wunschkonzert. Wenn er die Saison zwischen fünf und 15 abschließen sollte, dann bin ich wirklich zufrieden. Und das ist jetzt kein Tiefstapeln.
tennisnet.com: Ist die Zusammenarbeit mit dem kanadischen Jungstar Denis Shapovalov in der Zwischenzeit unter Dach und Fach?
Bresnik: Ich trainiere derzeit mit ihm, aber da ist nichts fix. Es ist keine Ehe, kein Bund auf Lebenszeit und es gibt auch keinen Vertrag. Ich mag ihn, er mag mich, er versteht sich auch mit "Domi" bestens, aber er wird weiterhin auch mit seiner Mutter arbeiten. Hoffentlich wird es viel gemeinsame Trainingszeit geben. Er wird allerdings auch jemand weiteren benötigen, der mit ihm reist, da er andere Turniere als Dominic bestreiten muss. Ich werde das mit seiner Mutter und seinem Manager besprechen und stehe ihm mit Rat und Tat zur Verfügung.
tennisnet.com: Du hast über ihn vor ein paar Monaten gesagt, du seist, bei all seinen Stärken, eher darüber überrascht, was er alles noch nicht könne. Was kann er denn alles noch nicht?
Bresnik: Es überrascht mich, wenn ich das so formuliert haben sollte. Ich schätze, wenn man mit Leuten über einen längeren Zeitraum hinweg arbeitet, aus nächster Nähe, dann fällt einem etwas mehr auf, was jemand noch nicht kann. Aber natürlich kann er bereits extrem viel, und wenn ich ihn mit anderen vergleiche, dann ist er mit seinen 17 Jahren extrem weit. Als Coach ist außerdem meine Lieblingseigenschaft bei einem Spieler die Bereitschaft, hart zu arbeiten. Und die bringt er in sehr hohem Maße mit.
tennisnet.com: Dein Schützling Dennis Novak ist im Gegensatz zu Riccardo Bellotti diesmal nicht bei den Australian Open dabei. Warum nicht?
Bresnik: Er hat den Qualifikations-Cut-off nicht geschafft. Und wenn man 15. bis 20. Spieler außerhalb des vorläufigen Cut-offs ist, müssten recht viele Spieler rausziehen, damit sich das noch ausgeht. Bei jemandem, der um Rang 250 steht, ist das zudem auch eine wirtschaftliche Überlegung, denn es wäre schon Harakiri, mit jemandem, der Kniebeschwerden hat und nicht weiß, ob er überhaupt hineinkäme, nach Australien zu fliegen.
tennisnet.com: Wie schlimm sind seine Verletzungsprobleme?
Bresnik: Er ist vom Trainingslager in Teneriffa fünf, sechs Tage früher heimgeflogen und ist dann im Sportzentrum am Chiemsee in Deutschland und bei Dr. Rudi Schabus in Behandlung gewesen. Es wird langsam wieder besser.
tennisnet.com: Vor der letzten Saison hattest du dich überzeugt gezeigt, dass er den Abstand auf Thiem 2016 verringern wird. Das Gegenteil ist passiert. Worin siehst du den Grund dafür?
Bresnik: Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass er ein potentieller Top-100-Mann ist. Er hat in diesem Jahr zwei Mal Gerald Melzer und einige andere gute Leute geschlagen - Gerald steht auf Platz 68, er um 250 herum. Die Fähigkeiten, solche Leute zu schlagen und auch dort zu stehen, hat er. Dass er dies nicht bewerkstelligt, liegt an ein paar anderen Dingen. Da muss er vor seiner eigenen Türe kehren. Denn da ist einiges, das er besser machen könnte. Dass die Punkte-Hauptausbeute bei ihm immer noch von ITF-Futures herrührt, ist eine Enttäuschung. Der Wechsel auf Challenger-Ebene ist ihm immer noch nicht ausreichend gelungen. Ich tue mir jedoch schwer dabei, ihn zu kritisieren, denn wenn er bei mir ist, ist immer alles bestens. Wenn er mit wem anderen unterwegs ist, höre ich oft, dass es nicht so abläuft, wie ich selbst es sehe. Warum er nicht mehr gewinnt, fragt sich jeder. Da sind von seiner Seite einige Dinge zu ändern. Ich hoffe, dass er dieses oder nächstes Jahr den Durchbruch schafft. Er ist jetzt 23, andere sind auch erst mit 25 Jahren oder später in die Top 100 gekommen.
tennisnet.com: Wie zufrieden bist du eigentlich mit dem Erfolg deines Buchs "Die Dominic-Thiem-Methode", das im Amazon-Tennisbücher-Ranking wochenlang die Nummer eins war?
Bresnik: Die zweite Auflage ist mittlerweile auch schon fast verkauft. Wenn ich den Erfolg des Buches ausschließlich in den Verkaufszahlen möchte, bin ich auch zufrieden. Denn es ist gar nicht so einfach, in Österreich 10.000 Bücher zu verkaufen, wenn man keine solch große Organisation hinter sich stehen hat wie etwa eine Anna Fenninger mit dem Österreichischen Skiverband oder so wie andere und ich keiner bin, der das so intensiv betreibt. Ich halte keine Signierstunden oder so ab. Für mich ist es aber vor allem aufgrund des Feedbacks, das ich so bekommen habe, ein Erfolg. Feedback von Leuten, auf deren Meinung ich Wert lege.
tennisnet.com: Wenn man schon so lang mit jemandem zusammenarbeitet und mit ihm daher natürlich so freundschaftlich verbunden ist wie du es mit Dominic bist, schenkt man sich dann etwas zu Weihnachten, und wenn ja, was? Oder etwa nichts, weil man sich in der glücklichen Lage befindet, alles Wichtige schon zu haben?
Bresnik: Wir haben uns diesmal nichts geschenkt. Ich freu' mich allerdings nach wie vor über materielle Geschenke - und Dominic hat mich 2016 in anderer Form beschenkt als mit einem Kleidungsstück oder sonst etwas. Mit etwas viel Schönerem und Wichtigerem. (lächelt)
tennisnet.com: Hat Günter Bresnik einen Neujahrsvorsatz oder Neujahrswunsch?
Bresnik: Ich überlege mir das zu Neujahr auch immer intensiver als sonst. Aber ich bemühe mich einfach, jeden Tag, wenn ich aufwache, dasselbe wie immer mit Leidenschaft, Akribie und positiver Energie zu machen. Vor allem in meiner beruflichen Tätigkeit als Trainer und noch wichtiger als Ehemann, Vater und Bruder. Wenn die Energie und Gesundheit mir und auch allen Leuten in meiner Umgebung erhalten bleiben, dann bin ich ein gesegneter Mensch.
Dominic Thiem im Steckbrief