Basketball-WM - Deutschland in der Platzierungsrunde: Der letzte Strohhalm für Olympia 2020

Robert Arndt
06. September 201915:18
Nach zwei Niederlagen in der ersten Runde, geht es für Deutschland in die Trostrunde. Dort kann sich das DBB-Team trotz des Ausscheidens eines von vier Olympia-Tickets sichern.getty
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Die deutsche Nationalmannschaft startet am Samstag in Shanghai in die Trostrunde, die sogenannten Classification Games. Abschenken wird der DBB nicht, es geht schließlich noch um die Qualifikation für das Olympische Vor-Turnier, wo noch vier Tickets für Olympia 2020 in Tokio ausgespielt werden.

SPOX erklärt, was der DBB dazu erreichen muss und stellt die Gegner der Gruppe P, Senegal und Kanada, vor.

Wie kommt das deutsche Team in die Olympia-Qualifikation?

Die direkte Qualifikation wurde durch das Ausscheiden in der Vorrunde klar und deutlich verpasst. Für eine Teilnahme in Tokio hätte das DBB-Team unter den besten zwei europäischen Teams landen müssen, das ist nicht mehr möglich.

Es gibt jedoch eine Hintertür. Neben den besten Teams aller fünf Verbände (Europa und Amerika haben zwei Startplätze) werden die nächsten 16 besten Mannschaften der WM auf vier Qualifikationsturniere für Olympia aufgeteilt. Aus Afrika und Asien konnte sich keine Nation für die zweite Runde qualifizieren. Bislang ist also nicht sicher, ob Platz 23 definitiv für ein Ticket reicht.

Damit haben auch die Platzierungsspiele eine enorme Bedeutung. Klar ist: Mit zwei Siegen gegen den Senegal und Kanada in Shanghai, die in der Gruppe H die letzten beiden Plätze belegten, würden die Deutschen die WM zwischen Platz 17 und 20 (diese Ränge gehören den Siegern der vier Platzierungsgruppen) beenden, das würde reichen.

Zunächst wird es gegen die Afrikaner (Samstag, 14 Uhr deutscher Zeit) gehen, die gegen Kanada, Litauen und auch Australien jeweils eine Niederlage einstecken mussten und Letzter wurden. Danach könnte es zwei Tage später, am Montag um 14 Uhr, ein Entscheidungsspiel gegen die Ahornblätter geben.

Das ist Deutschlands Gegner Senegal

Der Senegal zählt mit Sicherheit nicht zu den schlechtesten Teams im Turnier, auch wenn es gegen Litauen eine deftige 47:101-Niederlage setzte. Gegen Australien (68:81) und Kanada (60:82) hielten die Afrikaner besser mit.

Die beiden Stars der Mannschaft heißen Maurice Ndour (UNICS Kazan) und Mouhammad Faye (Crvena Zvezda), die eine gefährliche Flügelzange bilden und gleichzeitig mit je 10 Punkten im Schnitt die Topscorer ihres Teams sind.

Beide sind extrem athletisch und suchen stets den Weg zum Korb, haben aber so ihre Probleme aus der Distanz. All diese Attribute gelten eigentlich für alle Spieler im Kader. Als Team traf der Dritte der AfroBasket gerade einmal 19 Prozent von der Dreierlinie, das ist bisher der Negativwert in diesem Turnier.

NBA-Spieler haben die Senegalesen eigentlich auch, doch Gorgui Dieng (Minnesota Timberwolves) entschied sich gegen eine Teilnahme und Celtics-Rookie Tacko Fall wurde vor dem Turnier gestrichen.

Das ist Deutschlands Gegner Kanada

Die Kanadier litten in Dongguan an den zahlreichen Absagen der NBA-Stars. Ob Andrew Wiggins, R.J. Barrett, Dwight Powell, Jamal Murray und, und, und - sie alle entschieden sich gegen eine Teilnahme. Übriggeblieben sind nur Cory Joseph (Sacramento Kings) und Center Khem Birch (Orlando Magic).

Das Prunkstück der Kanadier ist nun klar der Backcourt, dort genügen Joseph und auch Kevin Pangos (FC Barcelona) höheren Ansprüchen. Woran es aber hapert, ist die Tiefe im Kader. Coach Nick Nurse, der mit Toronto im Sommer NBA-Champion wurde, setzte bisher nur sechs Spieler länger als 12 Minuten ein, zum Vergleich sehen bei den Deutschen gleich neun Spieler 15 Minuten und mehr.

Die Achillesferse ist die Defense. Ähnlich wie beim deutschen Team gab es in der Zone viel zu große Löcher - trotz der Präsenz von Birch. Australien schenkte Kanada 108 Punkte ein, Litauen ebenfalls 92. Allerdings zählen diese Teams auch zum erweiterten Favoritenkreis, der Senegal kam gerade einmal auf 60 Zähler.

Zu unterschätzen ist Kanada nicht, die Starting Five ist stark und mit NBA- und ACB-Legionären bestückt. Die Kanadier werden Deutschlands großer Konkurrent in der Gruppe P sein.

Gegen Kanada treffen Schröder, Theis, Kleber und Co. auf einen Bekannten aus der NBA: Cory Jospeh von den Sacramento Kings.getty

Olympia-Qualifikation: Die Platzierungsspiele

DatumUhrzeitTeam 1Team 2Übertragung
07. September 201914.00 UhrDeutschlandSenegalMagenta Sport
09. September 201914.00 UhrDeutschlandKanadaMagenta Sport

Wie ergibt sich das abschließende Ranking für die Teams?

Vorsicht, es wird kompliziert. Alle Mannschaften nehmen ihre Resultate aus der Vorrunde mit. Deutschland steht nach dem Sieg gegen Jordanien bei 1-2. Gewinnt Deutschland die sogenannte Gruppe P, landet das DBB-Team im abschließenden Ranking auf jeden Fall zwischen Platz 17 und 20. Anschließend werden die Teams nach Bilanz und dann nach dem Korbverhältnis gerankt.

Bei einem Gruppengewinn spielt das für den DBB keine Rolle, da auch Platz 20 reichen würde. Wird Deutschland aber nur Zweiter, würde man zwischen Rang 21 und 24 landen. Nun könnte es haarig werden. Durch das schwache Abschneiden der afrikanischen und asiatischen Mannschaften könnte auch Platz 23 und/oder 24 nicht reichen, weswegen nicht alle Zweiten ihr Ticket bekommen.

Allerdings haben die Deutschen einen großen Vorteil, nämlich ihr überragendes Korbverhältnis von +28, kein Team in der Platzierungsrunde kann ein besseres aufweisen.

Gibt es weitere Hintertürchen?

Natürlich, es handelt sich hier schließlich um die FIBA. Laut dem Media Guide des Weltverbands bekommen neben den angesprochenen 16 Mannschaften, die sich über die WM für das Qualifikations-Turnier qualifizieren, auch noch zwei weitere Teams pro Konföderation eine Einladung.

Dabei geht es nicht darum, wer das meiste Geld bietet, da dies das IOC nicht zulassen würde. Vielmehr können sich für die WM nicht qualifizierte Teams für eine Ausrichtung eines Vor-Turniers bewerben.

Dann würde ein weiterer Platz übrigbleiben, der gemäß DBB-Präsident Ingo Weiss auf SPOX-Nachfrage mit dem besten Team der WM besetzt wird, welches nicht zu den angesprochenen 16 Teams zählt.

Theoretisch könnte auch Deutschland sich für eine Ausrichtung bewerben, selbst wenn die Qualifikation für das Vor-Turnier sportlich geschafft wird. Dann rückt, wie in dem Fall zuvor, der nächste Kandidat nach, der es nicht unter die 16 Nationen geschafft hat.

Wie wichtig ist eine Olympia-Teilnahme für Deutschland?

Im deutschen Lager betonen alle den enormen Stellenwert einer Olympia-Teilnahme. Dabei war Deutschland im Basketball zuletzt fast nie dabei. Nach 1992 qualifizierte sich der DBB selbst in der Ära Dirk Nowitzki, die von 1998 bis 2015 andauerte, nur ein einziges Mal, nämlich 2008, als man in Peking schon in der Vorrunde scheiterte.

Es wird auch in diesem Fall sehr schwer werden, es nach Tokio zu schaffen. Aus jedem der vier Turniere mit je sechs Mannschaften qualifiziert sich lediglich der Sieger. Wie der Modus genau aussehen wird, ist noch nicht klar. Laut Weiss werden die Turniere um die letzten verbleibenden Olympia-Tickets im Juni 2020 ausgetragen.

Sollte Deutschland allerdings die Olympischen Spiele nicht erreichen, dürfte die volle Konzentration sich auf die Heim-EM 2021 richten, um dort zu überzeugen und vielleicht wieder einen kleinen Basketball-Boom auszulösen.