All-Star-MVP, Tabellenführer, einer der besten Guards der Liga - Brad Wanamaker hat bei den Brose Baskets Bamberg in seinem ersten Jahr direkt voll eingeschlagen. Bei SPOX spricht der Amerikaner über Blowouts gegen Bayern München, Wechselgerüchte um Tibor Pleiß und das Chaos bei seinem Lieblingsverein in der NBA.
SPOX: Herr Wanamaker, Sie sind jetzt seit etwas mehr als einem halben Jahr in Bamberg. Wie gefällt es Ihnen?
Brad Wanamaker: Es läuft richtig gut. Wir sind momentan Erster in der BBL und dazu auch noch im Top Four des Pokals. Meiner Meinung nach haben wir ein großartiges Team und in Andrea Trinchieri einen leidenschaftlichen Coach, der alles dafür tut, mit uns den nächsten Level zu erreichen.
SPOX: Warum genau läuft es denn momentan so gut? Zu Beginn der Saison gab es ja noch ein paar Schwierigkeiten, jetzt haben Sie in der BBL 15 Spiele in Folge gewonnen.
Wanamaker: Wir sind zu einer echten Einheit gereift. In jedem Spiel übernimmt jemand anders Verantwortung, weil wir so ausgeglichen sind und jeder heiß laufen kann. Das ist für uns ein Schlüssel, weil wir es damit auch kompensieren können, wenn jemand mal einen schlechten Tag hat. Jeder kennt seine Rolle, vertraut den anderen und verspürt auch keinen Neid, wenn er nicht derjenige ist, der in einem bestimmten Spiel die meisten Würfe nimmt. Außerdem kennen wir mittlerweile die Stärken und Schwächen voneinander.
SPOX: Sie kamen erst vor der Saison nach Bamberg, ebenso wie einige andere Spieler. Sind da bestimmte Teambuilding-Maßnahmen von Nöten, um eine Einheit aufbauen zu können?
Wanamaker: Es braucht immer ein wenig Zeit, aber wir haben einiges für unsere gute Chemie getan. Wir gehen zum Beispiel häufig miteinander essen und verbringen abseits des Courts viel Zeit miteinander. Wir haben Spaß zusammen. Das ist extrem wichtig, wenn man gemeinsam Erfolg haben will.
SPOX: Vor kurzem stieß mit Darius Miller ein weiterer Spieler zum Team. Wie schafft man es, jemanden mitten in der Saison in eine verschworene Truppe zu integrieren?
Wanamaker: Manchmal ist es schwer, weil die etablierten Spieler sich durch einen Neuzugang bedroht fühlen können. Das Gute bei uns ist, dass Coach Trinchieri uns gut genug kennt, um jedem Spieler die Angst zu nehmen. Er schafft es, uns alle einem Ziel unterzuordnen, sodass sich niemand um Minuten schert. Zudem ist Darius ein sehr angenehmer Typ. Ich denke nicht, dass er bei uns große Anpassungsschwierigkeiten haben wird.
SPOX: Was für eine Rolle soll er bei Ihnen übernehmen? Füllt er eine Lücke, die im Hinblick auf die Postseason ausgebessert werden sollte?
Wanamaker: In erster Linie war bisher die fehlende Konstanz unsere größte Schwäche, daher würde ich nicht sagen, dass er explizit deshalb geholt wurde. Wir müssen noch daran arbeiten, dass wir in jedem Spiel unsere Leistung abrufen und von Anfang an konzentriert auftreten. Darius ist ein guter Scorer, der uns noch tiefer macht. Er ist sehr variabel und kann von Shooting Guard bis Power Forward alles spielen. Er wird uns offensiv noch gefährlicher machen und eine wichtige Rolle einnehmen.
SPOX: Ein Wechsel, der letztendlich doch nicht geklappt hat, war ein Trade mit dem FC Barcelona. Tibor Pleiß sollte nach Bamberg kommen, Trevor Mbakwe dafür nach Spanien wechseln. Wie reagiert man als Team auf solche Gerüchte? Wird intern darüber diskutiert?
Wanamaker: Wir haben schon darüber gesprochen, es war ja eine recht große Story. Wir haben Trevor gesagt, dass das eine super Sache für ihn wäre! Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass ein so großer Verein wie Barcelona an dir Interesse zeigt. Wir waren aber natürlich selbstsüchtig und haben gehofft, dass Trevor bleibt. (lacht)
SPOX: Lenkt so etwas denn nicht ab?
Wanamaker: Ach, nicht wirklich. Das Ganze hatte sich schnell wieder erledigt, als der Trade nicht zustande kam. Wir hätten ihm dort natürlich das Beste gewünscht, sind aber auch froh, dass er hier geblieben ist.
SPOX: Im Saison-Endspurt dürfte Mbakwe noch wichtig werden. Wer sind denn die härtesten Konkurrenten in Deutschland?
Wanamaker: Da muss ich ganz klar Bayern München sagen. Sie sind der amtierende Meister und damit auch in dieser Saison einer der Favoriten. Wir haben in dieser Saison dreimal gegen sie gespielt und zweimal ziemlich auf die Mütze bekommen.
SPOX: ...und das dritte Spiel war ein Blowout-Sieg für Sie. Woran liegt es, dass keins dieser Spiele eng war?
Wanamaker: Es mag banal klingen, aber jedes dieser Spiele hat das Team gewonnen, das den besseren Start in die Partie erwischt hat. Wer sich früh eine Führung erspielt hat, dominierte dann auch das Spiel - es ist eben schwer, gegen eine starke Mannschaft wie Bayern ein Comeback zu starten. Aber: Wir spielen vor den Playoffs noch einmal gegen sie. Da sind wir wieder dran. Wir schulden ihnen noch etwas! (lacht)
SPOX: Bei der letzten Niederlage im Eurocup vor einigen Wochen verriet Svetislav Pesic nach der Partie, dass es ein Hauptaugenmerk der Bayern war, Sie aus dem Spiel zu nehmen. Wie drückt sich so etwas aus - und wie passen Sie sich an die gesteigerte Aufmerksamkeit an?
Wanamaker: An meinem Spiel ändere ich nicht viel. Ich versuche, immer aggressiv zu sein, weil ich dadurch Möglichkeiten für meine Teammates kreieren kann. Wir sind aber, wie gesagt, auch nicht darauf angewiesen, dass ich viel score, weil bei uns jeder Verantwortung übernehmen kann. Ich bin trotzdem mal gespannt, was sich der Coach vor dem nächsten Spiel einfallen lässt, um uns besser einzustellen. Er ist sehr gut darin, kleine Änderungen vorzunehmen.
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SPOX: Bamberg wird in Deutschland aufgrund seiner frenetischen Fans Freak City genannt. Ist der Ruf gerechtfertigt?
Wanamaker: Definitiv! Jedes unserer Spiele ist ausverkauft und die Fans brüllen uns immer wieder nach vorne. Es ist ein großartiges Gefühl, so ein Publikum hinter sich zu haben. Das spielt auch eine wichtige Rolle für unseren derzeitigen Erfolg.
SPOX: Und wie gefällt Ihnen die Stadt selbst? Bamberg ist ja nicht Ihre erste Station in Europa.
Wanamaker: Ich mag Bamberg. Es ist eine kleine Stadt, aber auf seine eigene Weise groß, verstehen Sie? Ich mag es, kleinere Städte zu Fuß zu erkunden, das ist hier gut möglich. Man kann hier wunderbar essen gehen. Und die Leute sind super. Jeder erkennt dich und wünscht dir Glück, trotzdem hast du auch den nötigen Freiraum. Das gefällt mir sehr gut.
SPOX: Haben Sie auch schon ein bisschen Deutsch gelernt?
Wanamaker: Ja, die alltäglichen Sachen. "Guten Tag", "auf Wiedersehen", "Was geht" und sowas.
SPOX: Etwa keine Schimpfwörter?
Wanamaker: Doch, natürlich! Egal wo man ist, das gehört immer zu den ersten Sachen, die man lernt. Aber ich will hier nichts davon wiedergeben. (lacht)
SPOX: Na gut... generell scheint Ihnen die Anpassung an Deutschland recht leicht gefallen zu sein. Helfen da die vorherigen Stationen in Europa?
Wanamaker: Ja, ich denke schon. Ich meine, Basketball besteht überall aus Dribbeln und Werfen (lacht). Aber ich habe definitiv gelernt, mich schneller an neue Teammates zu gewöhnen. Und natürlich lernt man auch, sich schneller an neue, fremde Umgebungen anzupassen.
SPOX: Sportlich scheint Ihnen die BBL auch zu gefallen. Wie bewerten Sie die Liga im Vergleich zu Italien oder Frankreich?
Wanamaker: Die Liga hier ist generell etwas athletischer, würde ich sagen. Das Tempo ist auch höher als zuletzt in Italien, wo deutlich weniger gescort wurde. Außerdem gefällt mir die Ausgeglichenheit in Deutschland gut. Natürlich gibt es die Top-Teams, aber wenn man nicht konzentriert spielt, kann man von jeder "kleinen" Mannschaft geschlagen werden. Das macht die Liga so interessant.
SPOX: Und individuell? Passt der Spielstil zu Ihnen?
Wanamaker: Ja, das ist genau mein Ding. Viel Tempo, rauf und runter, viele Punkte - so macht mir Basketball schon immer am meisten Spaß. Ich bin genau beim richtigen Coach und im richtigen System gelandet, um meine Stärken auszuspielen.
SPOX: Kürzlich sind Sie sogar MVP des All-Star Games geworden.
Wanamaker: Ja, das war eine richtig coole Erfahrung. Es macht Spaß, während der Saison mal wegzukommen vom ernsthaften Basketball und mit Spielern von anderen Teams zu spielen. Bei so einem Spiel geht es vor allem darum, den Fans eine gute Show zu bieten, also traut man sich auch mal, den einen oder anderen verrückten Move auszupacken. Ich habe nach dem Spiel einige Leute gehört, die meinten: 'Ich hatte keine Ahnung, dass du sowas drauf hast.' (lacht)
SPOX: Haben Sie solche Tricks in der Jugend gelernt? Sie kommen ja aus Philadelphia, einer Stadt mit einer sehr reichen Basketball-Tradition.
Wanamaker: Das meiste ist eigentlich aus dem Moment heraus entstanden. Aber ich habe mir auch immer mal etwas bei den Spielern abgeschaut, gegen die ich früher angetreten bin oder zu denen ich aufgeschaut habe.
SPOX: Bei wem zum Beispiel?
Wanamaker: Ich war ein großer Fan von Kyle Lowry, der auch aus Philly stammt. Seine Härte, seine Toughness und sein Siegeswille haben mich schon damals sehr beeindruckt. Ich habe ihn an der Highschool spielen sehen und manchmal auch auf den Streetball-Courts der Stadt mit ihm gespielt. Er ist zwar nur ein paar Jahre älter als ich, aber trotzdem würde ich ihn als Idol bezeichnen. Er spielt wie eine Bulldogge.
SPOX: Was ist mit Allen Iverson?
Wanamaker: Na klar! Ich bin als Sixers-Fan groß geworden, da gab es niemanden, der größer war als The Answer. Ihm damals zuzusehen... ich kann das gar nicht in Worte fassen! Er ist für mich eine absolute Legende und einer meiner Lieblingsspieler der NBA-Geschichte.
SPOX: Verfolgen Sie die NBA immer noch? Die Sixers sind derzeit ja nicht allzu schön anzusehen...
Wanamaker: Klar, ich verfolge die NBA auch von hier aus weiter. Ich gucke nicht mehr so viele Spiele live, checke aber eigentlich jeden Morgen als erstes Recaps und Boxscores, es ist ja auch mein Traum, irgendwann in der NBA zu spielen. Aber was die Sixers angeht... Mann, da muss sich etwas ändern. Sie sind mein Lieblingsteam, trotzdem kann ich mir das nicht mehr ansehen. Was die Sixers machen, ist einfach nur noch verwirrend.
SPOX: Was fangen Sie sonst mit Ihrer Zeit an, wenn Sie sich nicht mit der NBA befassen oder mit den Baskets unterwegs sind? Ich habe gelesen, dass Sie ein leidenschaftlicher Playstation-Zocker sind.
Wanamaker: (lacht) Allerdings! Wenn man so viel unterwegs ist wie ich, ist so etwas einfach perfekt zum Abschalten und Relaxen. Außerdem will ich immer Wettbewerb haben, also zocke ich viel - vor allem Sportspiele wie "NBA 2K" oder "FIFA".
SPOX: Mit welchem Team spielen Sie bei "2K" am liebsten?
Wanamaker: Wenn ich mit Kumpels zocke, wählen wir aber eigentlich immer Zufallsteams. Wenn ich die Wahl habe, nehme ich eigentlich immer die Clippers, weil Chris Paul der beste Point Guard ist. Definitiv nicht die Sixers. (lacht)
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Brad Wanamaker im Steckbrief