Tony Bellew kann im Rückkampf gegen den ehemaligen Schwergewichtsweltmeister David Haye den Favoriten zum zweiten Mal nach dem Sieg im März 2017 schlagen (Sa., ab 19 Uhr LIVE auf DAZN).
Im Interview mit DAZN spricht der Brite über den ersten Kampf, David Haye und die Faszination des Boxsports.
DAZN: Herr Bellew, Sie haben den ersten Kampf gegen David Haye gewonnen. Hat seine Verletzung während des Fights alles geändert?
Tony Bellew: Bis zum Ende der fünften Runde lief alles nach Plan. Da habe ich ihm gesagt: "Du bist geschlagen." In der sechsten Runde erlitt er dann eine Verletzung an der Achillesferse, das hat mich richtig genervt. Es war so wie im Kampf um Troja, als Hektor über einen Stein stolperte und Achilles sagte: "Ich lasse keinen Stein meinen Ruhm stehlen." Seine Verletzung hat in dieser Nacht meinen Ruhm gestohlen. Dieses Mal will ich ihn voll für mich beanspruchen.
Tony Bellew über den ersten Kampf gegen David Haye
DAZN: Fühlen Sie sich um Ihren Triumph betrogen?
Bellew: Ein bisschen, ja. Als die Verletzung auftrat, war er zwar nach Punkten vorne. Aber ihm fehlte die Durchschlagskraft. Ich habe schon in der ersten Runde gemerkt, dass ich den Kampf gewinnen werde. Vor dem Kampf hat Haye gesagt, dass er mich schnell besiegen würde. Aber warum hast du es dann nicht gemacht, David?
DAZN: War Haye von Ihrem Auftritt überrascht?
Bellew: Mit jeder Runde konnte ich in seinem Gesicht deutlicher sehen, wie schockiert er war. Er konnte nicht glauben, dass ich immer noch da war. Der Schlag, der einen ausknockt, ist nie der Schlag, den man sieht, sondern der, den man nicht sieht. Haye ist weder schnell noch intelligent genug, um mich mit etwas zu treffen, das ich nicht kommen sehe.
DAZN: Was sind Hayes sonstige Schwächen?
Bellew: Er ist so vorhersehbar. Ich habe seine ganze Karriere verfolgt. Er war jemand, zu dem ich aufgeschaut habe. Darum weiß ich, was er tut, bevor er es sogar selbst weiß. Auch wenn er sich vornimmt, etwas anderes zu machen, hält das wegen der abnehmenden Konzentration höchstens ein, zwei Runden.
Tony Bellew: Statistiken und Infos zu seiner Karriere
Ringname | Bomber |
Bilanz | 29-2-1 |
K.o. | 19 |
Größe | 1,91 m |
Gewicht | 97 kg |
Reichweite | 188 cm |
Alter | 35 |
Nation | England |
Stil | Linksauslage |
Tony Bellew über David Haye: "Er ist ein extrem explosiver Boxer"
DAZN: Haye hatte in seiner Karriere schon viele Verletzungen. Liegt das daran, dass er nicht professionell genug lebt?
Bellew: Das glaube ich nicht. Er ist ein extrem explosiver Boxer. Diese Art zu boxen macht Verletzungen aber wahrscheinlicher. Es überrascht mich trotzdem, wie viel Pech er mit Verletzungen hatte. Aber er erholt sich auch extrem schnell von diesen Verletzungen. Ich habe keine Ahnung, wie er das schafft. Die Frage ist, ob sein Körper im harten Kampf gegen mich standhalten kann. Wenn man ins Wasser geht, braucht man sich nicht zu wundern, dass man nass wird. Mir ist bewusst, dass Boxen ein extrem hartes Geschäft mit großen Risiken ist.
DAZN: Erwarten Sie einen stärkeren Haye als beim letzten Mal?
Bellew: Ich habe keine Angst vor einem alten Mann. Vor dem letzten Kampf hat er sämtliche Tricks versucht, um mich einzuschüchtern. Aber das funktioniert nicht bei mir. Dieses Mal wird Haye einen besseren Plan als das letzte Mal haben. Er wird mich nicht noch einmal unterschätzen. Ich sage nicht, dass ich besser bin als er. Er ist der bessere Kämpfer. Aber ich weiß, wie ich ihn schlagen kann. Timing ist das wichtigste im Boxen. Und jetzt ist es an der Zeit, David Hayes Karriere zu beenden.
DAZN: Was halten Sie von der Person David Haye?
Bellew: Ich respektiere ihn als Boxer, aber ich kann ihn als Person nicht leiden. Er ist arrogant. Er ist widerlich, weil er denkt, er sei besser als andere Leute. Ich habe gesehen, wie er Fans Autogramme verwehrt und Leute respektlos behandelt.
Tony Bellew über die Faszination des Boxsports
DAZN: Warum begeistert es so viele Menschen, wenn zwei Schwergewichtsboxer in den Ring steigen?
Bellew: Die Leute wollen Blut und Knockouts sehen. Das ist der Grund, warum Anthony Joshua zurzeit der Megastar ist: Er liefert fast immer Knockouts. Man muss nicht das Maul aufreißen, sondern vor allem Knockouts liefern. Beides können nur ganz wenige. Der letzte, der Knockouts liefern und auch gut reden konnte, war Naseem Hamed. Ich kann reden, aber ich kann keine Knockouts garantieren. Anthony Joshua mit meinem Mundwerk wäre der größte Star der Welt.
DAZN: Ist die Art des Boxens ein Grund, warum jemand wie Wladimir Klitschko vielleicht nicht ganz so geliebt wurde?
Bellew: Der Grund, warum die Leute Klitschko oder auch Lennox Lewis nicht so populär fanden, ist, weil sie keinen Knockout garantiert haben, zu wenig Risiken eingegangen sind. Im Kampf gegen Parker hat Joshua gezeigt, dass er das auch kann.
DAZN: Auch Ihr erster Kampf gegen Haye rief im Vorfeld viel Begeisterung hervor.
Bellew: Beim letzten Kampf kamen die Menschen, um zu sehen, wie David Haye mich ausknockt. Die meisten wollten mich bewusstlos sehen. Das hat Haye vor dem Kampf versprochen. Kaum jemand hat gedacht, dass ich gewinnen könnte.
Tony Bellew: Die letzten fünf Kämpfe
Datum | Gegner | Ergebnis |
4. März 2017 | David Haye | Sieg durch TKO in Runde 11 |
15. Oktober 2016 | BJ Flores | Sieg durch KO in Runde 3 |
29. Mai 2016 | Ilunga Makabu | Sieg durch KO in Runde 3 |
12. Dezember 2015 | Mateusz Masternak | Sieg nach Punkten |
5. September 2015 | Arturs Kulikauskis | Sieg durch TKO in Runde 5 |
Tony Bellew über die Rolle der Medien
DAZN: Warum ist Boxen derzeit so beliebt?
Bellew: Die Medien spielen eine große Rolle. Das ist vor allem in den USA eine Stärke. Die Medien dort handeln um einiges besser als hier. Das sieht man vor allem an der UFC und Conor McGregor. Er ist so schnell gewachsen, so etwas habe ich noch nie gesehen. Ein Negativbeispiel wäre da Deontay Wilder: Ich kann es nicht mal in Worte fassen, wie schwach er technisch ist, aber er ist immer noch ein Champion. Es kann nicht sein, dass man durch New York geht und auf die Frage, wer Deontay Wilder ist, die Antwort bekommt, er könnte ein NFL-Spieler sein. Wilder hat einen extrem schlechten Promoter. Es geht nicht nur um einen selbst, sondern auch um das Team, das einen unterstützt. Joshua hat ein gutes Team, Wilder nicht.
DAZN: Der britische Boxsport erlebt derzeit einen Boom.
Bellew: Anthony Joshua ist der Grund dafür. Natürlich hat auch Tyson Fury einen guten Job gemacht. Aber als er Wladimir Klitschko entthront hat, hat das hier niemanden interessiert. Er war ein paar Tage in den Medien und das war's. Joshua hingegen ist das weltweite Gesicht des Boxens. Er ist der größte Athlet im britischen Sport. Jetzt bedeutet der Schwergewichtstitel wieder etwas. Er ist nicht mehr in Deutschland verschwunden, wo es keinen richtig interessiert. Anthony Joshua ist der Mike Tyson von 2018; nur ohne die Kontroversen. Keine Handschellen, keine verrückte Frauen, keine Skandale. Ich habe meinen Kindern gesagt: schaut zu ihm auf und nicht zu mir.
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