YouTube- und Twitch-Star Elias Nerlich im Interview: "Irgendwann rasieren wir den FC Bayern im DFB-Pokal"

Von Tim Ursinus
Elias Nerlich hat inzwischen seinen eigenen E-Sport-Klub: FOKUS.
© FOKUS/Elias Nerlich

Elias Nerlich ist leidenschaftlicher FIFA-Zocker und gehört derzeit zu den erfolgreichsten Livestreamern des Landes. Der ehemalige E-Sportler ist inzwischen Inhaber zweier erfolgreicher Unternehmen und Vereinsgründer.

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Auf seinen beiden YouTube-Kanälen hat der 23-Jährige kumuliert knapp eine Million Abonnenten. Bei Instagram hat er über 500.000 Follower und bei der Streaming-Plattform Twitch schauen ihm im Schnitt 20.000 Zuschauer gleichzeitig zu. Sein Erfolg verschafft ihm Kontakt zu zahlreichen Fußballstars, die ihn in Person von Nationalspieler Karim Adeyemi schon beim Torjubel grüßen.

Im Interview mit SPOX und GOAL spricht Nerlich über seine Berührungspunkte mit Fußballprofis, seine besondere Beziehung zu Brasilien-Star Richarlison, die Zeit bei Hertha BSC, seine hochgesteckten Ziele und FIFA 22.

Herr Nerlich, ist E-Sport mit realem Sport zu vergleichen, was die Zuschauerzahlen und Trikot-Verkäufe angeht?

Elias Nerlich: An die Zahlen der zweiten Ligen im realen Fußball kommt der E-Sport vermutlich ran.

Wie war es bei Ihnen bei der Hertha, als Sie dort noch als E-Sportler unter Vertrag standen?

Nerlich: In der ersten Woche wurde mein Trikot am besten verkauft. Noch besser als das der Profis. Die Trikots der Profis kamen zuerst online, meine erst ein paar Tage später. Der Shop ist sogar kurzzeitig zusammengebrochen. Irgendwann wurden meine Trikots aus nicht näher genannten Gründen aber nicht mehr angeboten. Das versteht wohl keiner. Deshalb bin ich zum Beispiel froh, dass wir mit FOKUS diese Woche das neue Trikot in den Verkauf bringen. Da konnte ich mitentscheiden, wie das Trikot aussieht und welche Stückzahlen wir produzieren. Die Entscheidungswege sind einfach viel kürzer und man agiert absolut auf Augenhöhe. Das fühlt sich gut an.

Waren die Hertha-Spieler neidisch auf Sie, weil Ihre Trikots beliebter waren?

Nerlich: Die fanden es eher lustig und haben sich für mich gefreut. Jordan Torunarigha (seit 2016 Hertha-Profi; Anm. d. Red.) hat mir einen Screenshot geschickt und erzählt, dass es so war.

Nerlich: Transfers im E-Sport mit realem Fußball zu vergleichen

Sind Transfers und Verpflichtungen im E-Sport mit dem realen Fußballgeschäft zu vergleichen?

Nerlich: Das kann man so sagen. Es läuft so ähnlich ab. Wer gute Leistungen zeigt, weckt Interesse. Dein Management wird kontaktiert und du bekommst einen Anruf. Es wird gefragt, ob du es dir überhaupt vorstellen kannst. Nach der Einigung werden das Finanzielle und die Vertragsdetails besprochen. Der größte Unterschied ist, dass die Verträge im E-Sport noch nicht so langfristig sind. Meistens laufen diese nur ein Jahr lang. Deshalb gibt es sehr viel Bewegung auf dem Transfermarkt. Ablösesummen gibt es eher selten.

Kommen wir zu Ihren Wurzeln. Warum haben Sie angefangen, FIFA zu spielen?

Nerlich: Ich habe schon immer viel FIFA gespielt. Mit 17 Jahren hatte ich, etwa eine Woche bevor FIFA 17 herausgekommen ist, einen Wadenbeinbruch und habe deshalb noch mehr gezockt. Ich bin schnell in der Weltrangliste aufgestiegen und habe gemerkt, dass ich sehr gut bin. Dadurch bin ich mehr in die Branche gerückt und meinte zu mir selbst, dass ich in FIFA 18 noch mehr investieren will.

Wie lief der Einstieg in den E-Sport ab?

Nerlich: Ich habe es geschafft, mich für ein Major-Event zu qualifizieren, bei dem die besten 64 Spieler der Welt dabei waren. Ich war einer von vier Spielern, der keinen Profivertrag hatte und es einfach so geschafft hat. Das war die Eintrittskarte in den E-Sport.

Elias Nerlich hat inzwischen seinen eigenen E-Sport-Klub: FOKUS.
© FOKUS/Elias Nerlich
Elias Nerlich hat inzwischen seinen eigenen E-Sport-Klub: FOKUS.

Nerlich über Trennung von Hertha: "Auf Dauer zu blöd"

Wann kam Hertha BSC auf Sie zu?

Nerlich: Bei dem Turnier habe ich ganz okay gespielt und "STARK Esports" (E-Sports-Agentur; Anm. d. Red) hat mich unter Vertrag genommen. Die arbeiten mit Hertha BSC zusammen und haben mich angeworben als junger Berliner, der noch nirgendwo war. Ich hab mich mit den Hertha-Verantwortlichen auf Anhieb gut verstanden und kurz danach bei der deutschen Meisterschaft mitgespielt. Ein paar Monate später habe ich meinen ersten Vertrag unterschrieben. Meinen ersten offiziellen Profivertrag hatte ich aber erst in FIFA 19.

Warum kam es im Sommer zur Trennung von Hertha BSC?

Nerlich: Ich war drei Jahre bei der Hertha. Es war ein Prozess. Die Interessen haben sich gebissen. Hertha wollte mich halten, aber ich wollte ein paar Sachen im E-Sport-Bereich ändern. Das muss aber vorher durch zehn verschiedene Türen, weil die E-Sport-Abteilung nicht darüber entscheidet. Die ganz großen Entscheidungen werden vom Klub getroffen und das war mir auf Dauer einfach zu blöd. Das Potenzial wurde nicht gut genug ausgeschöpft. Deshalb war der logische Schritt für mich, sich selbständig zu machen und ich habe mich dazu entschieden, beim E-Sport-Klub "FOKUS" als Co-Founder einzusteigen.

Was wollen Sie mit "FOKUS" erreichen?

Nerlich: Ich will mit "FOKUS" das größte E-Sport-Team des Landes haben. Wir wollen leistungstechnisch und mit unserem Content ganz oben mitspielen. Auch international. Wir wollen die besten Spieler holen und formen. Welche das sind, kann ich noch nicht sagen.

Wird Ihr Einstieg bei "FOKUS" auch Einfluss auf die virtuelle Bundesliga haben?

Nerlich: Ich denke und hoffe, dass die virtuelle Bundesliga in den nächsten Jahren noch besser und größer wird. Daran wird derzeit hart gearbeitet. Es gab ein paar Anfangsschwierigkeiten, die hoffentlich bald gelöst werden. Die ganz großen Klubs könnten bald einsteigen. 26 Klubs sind es schon. E-Sport gehört die Zukunft. In Asien werden E-Sportler schon so gefeiert wie Fußballer in Europa. Das wird bei uns vielleicht nicht ganz so groß, aber das war auch gerade erst der Anfang.

Nerlich: Werner, Havertz und Adeyemi schauen meine Streams

Warum ist der Andrang bei FIFA im Vergleich zu anderen Spielen, wie zum Beispiel League of Legends, noch etwas kleiner?

Nerlich: Bei FIFA stagniert es seit zwei Jahren. Da geht es nicht wirklich voran, was aber auch ein bisschen an Corona liegt. Das wird sich aber bald legen, weshalb FIFA auf ein ähnliches Niveau kommen kann.

Durch ihre großen Erfolge auf YouTube und Twitch haben Sie inzwischen Kontakt zu zahlreichen Fußballstars, die unter anderem bei Ihren Streams im Chat sind. Wie kam es dazu?

Nerlich: Man glaubt es kaum, aber Fußballprofis schauen extrem viele Streams anstatt Netflix oder Ähnliches. Timo Werner, Kai Havertz (beide FC Chelsea), Karim Adeyemi, Noah Okafor (beide RB Salzburg), Niklas Dorsch (FC Augsburg), Nico Elvedi (Borussia Mönchengladbach) oder eben Jordan Torunarigha - da könnte ich stundenlang so weitermachen. Durch die körperliche Anstrengung gehen Fußballprofis nicht irgendwohin, sondern meistens nach Hause. Von den Fußballern bekomme ich mit, dass Streams mehr als Fernsehen geschaut wird. Und weil ich Fußball-Content bringe, schauen mich viele und schreiben mir auf Instagram oder wir kommen anderweitig in Kontakt. Außerdem zocken die auch alle viel, besonders die Jüngeren.