Einige haben es vielleicht gehofft, wirklich damit gerechnet hat aber so gut wie niemand. Deutschland steht bei der Eishockey-WM im eigenen Land im Viertelfinale. Und das nicht einmal glücklich, sondern völlig verdient.
"Jetzt sind wir endlich für die tolle Arbeit, die wir in den letzten zwei Wochen geleistet haben, belohnt worden", freute sich Sven Felski.
Satan: "Die Deutschen haben keine Fehler gemacht"
Vor 15.137 Zuschauern sorgten vor allem Marathonmann Christian Ehrhoff - er hatte mit fast 25 Minuten mit weitem Abstand die meiste Eiszeit im DEB-Team - und die glänzend aufgelegte vierte Sturmreihe um Felski für einen insgesamt souveränen Erfolg gegen müde Slowaken. Deren Superstar Miroslav Satan resümierte sichtlich angefressen: "Die Deutschen spielen ein sehr gutes System und haben keine Fehler gemacht. Sie haben nicht zugelassen, dass wir Tore schießen."
Alexander Barta und Daniel Kreutzer bildeten ein kongeniales Duo und erzielten folgerichtig die beiden Treffer für Deutschland, das im Viertelfinale in Mannheim nun auf die Schweiz trifft und dort nach den Eindrücken des letzten Zwischenrundenspieltags alle Chancen auf das Halbfinale hat.
Krupp: "Ich bin stolz auf diese Mannschaft"
"Es ist sehr schön, dass unsere Reihe die Tore geschossen hat, aber die ganze Mannschaft hat großartig gespielt. Wir haben den Slowaken 60 Minuten lang gezeigt, dass wir die bessere Mannschaft sind. Deswegen haben wir verdient gewonnen", sagte Kreutzer.
Bundestrainer Uwe Krupp ruhte auf der Pressekonferenz nach dem Spiel in sich. Man merkte ihm an, seine Mission ist erfüllt. "Ich bin stolz auf diese Mannschaft. Das ist eine Riesensache für uns. Seit 2003 waren wir nicht mehr in dieser Situation. Wir freuen uns insbesondere, dass das alles vor den heimischen Fans so gut geklappt hat", sagte Krupp. "Der sportliche Erfolg entscheidet, wie man diese WM in Erinnerung behält. Mit diesem Sieg haben wir garantiert, dass jeder auf dieses Turnier zurückblickt und sagt: 'Die deutsche Mannschaft hat gut gespielt'. Nichts freut uns mehr, als dass das gesagt wird."
SPOX fasst die Erkenntnisse aus der Partie zusammen.
Erstes Drittel: Deutschland kommt konzentriert aus der Kabine und spielt vor allem von der ersten Minute an extrem diszipliniert. Keine einzige Strafzeit im ersten Drittel. Mit sieben Verteidigern in der Rotation - Sven Butenschön muss zuschauen - steht die Defensive ganz sicher. Nach vorne spielen die Deutschen sehr aggressiv und stören die Slowaken schon im Spielaufbau sehr gut. Die Folge sind kaum Chancen in den ersten Minuten. In der achten Minute nutzt der bisher starke Alexander Barta die erste echte Torchance des DEB-Teams zum 1:0. Erst legt er sehr schön für Daniel Kreutzer vor, dann reagiert er nach dem Abpraller von dessen Schuss am schnellsten und macht das Tor. Von da an ist Deutschland klar am Drücker und erspielt sich eine Chance nach der anderen. In der 15. Minute erzielt Christoph Ullmann eigentlich das 2:0, aber die Schiedsrichter geben den Treffer nicht, weil angeblich vorher das Tor verschoben war. Eine Fehlentscheidung. Einziges Problem des DEB-Teams: Aus drei Powerplay-Situationen wurde viel zu wenig gemacht.
Zweites Drittel: Die Slowaken kommen engagiert zurück und haben direkt eine gute Ausgleichs-Chance durch Ivan Ciernik. Aber Dennis Endras hält ausgezeichnet. Uwe Krupp reagiert und bringt Philipp Gogulla in der dritten Reihe anstelle von John Tripp. Doch die überragende deutsche Reihe ist die vierte. Nach fünf Minuten erkämpft sich Barta hinter dem Tor stark die Scheibe, legt sie vors Tor und Kreutzer macht das 2:0. Ab diesem Zeitpunkt kommt von den Slowaken nicht mehr allzu viel. Sie haben zwar mehr Torschüsse (13:5), aber der ganz große Druck bleibt aus. Stattdessen haben sie immer wieder Probleme mit der Unsicherheit ihres Goalies Peter Budaj. Vier Minuten vor Ende des Drittels muss Felix Schütz zweimal zwei Minuten auf die Strafbank. Das Penalty-Killing der Deutschen sieht lange gut aus, doch nach einem verlorenen Bully macht Marek Svatos kurz vor Drittelende noch den Anschlusstreffer für die Slowaken. Marathonmann ist Christan Ehrhoff. Er stand 16:40 der bisher 40 Minuten auf dem Eis. Ein erstaunlicher Wert.
Drittes Drittel: Die Slowaken wittern noch einmal Morgenluft und machen Druck. Aber die Deutschen haben damit gerechnet und stehen in der Abwehr gut. Nach vorne geht nun zwar nicht mehr ganz so viel, aber immer wieder Barta sorgt für gefährliche Konteraktionen. In den letzten Minuten machen die Slowaken auf und drücken noch einmal auf das Tor von Endras, aber sie kommen nicht mehr zum Ausgleich.
Star des Spiels: Alexander Barta. Da versauert der Mann das ganze Turnier über in der vierten Reihe, und jetzt steht er zusammen mit Daniel Kreutzer - vor dem Turnier sogar komplett aus dem Aufgebot gestrichen - auf und schießt die Deutschen im wichtigsten Spiel der letzten Jahre ins WM-Viertelfinale. Die beiden waren wirklich ein grandioses Duo. Beim 1:0 passt Barta auf Kreutzer, dessen Abpraller holt sich wieder Barta und macht den Treffer. Beim 2:0 erkämpft sich Barta großartig hinter dem Tor die Scheibe, legt wieder ab auf Kreutzer - und diesmal macht der das Tor. Die Wahl fällt insgesamt auf Barta, weil er im ersten Drittel noch einen sehr schönen Alleingang gezeigt und auch im dritten Abschnitt gute Aktionen nach vorne gebracht hat.
Lehren des Spiels: Es müssen nicht immer die Herren Goc, Schütz oder Ehrhoff sein, die das deutsche Spiel nach vorne treiben. Diesmal war es ausgerechnet die vierte Reihe mit Barta, Kreutzer und Felski, die offensiv die Kohlen aus dem Feuer geholt hat. Das beweist, wie homogen der Kader ist, den Uwe Krupp zusammengestellt hat.
Deutschland hat alles in allem souverän das Viertelfinale erreicht, die Slowaken wirkten selten wirklich gefährlich genug, um dem DEB-Team die Show vor den eigenen Fans noch einmal zu vermiesen - nicht einmal nach dem Anschlusstreffer.Mit einem Tag Pause und aufgefüllten Energietanks konnten die Deutschen wieder das aggressive Forechecking spielen, mit dem sie gegen die Russen und Dänen schon so stark waren. Dem hatten die offensichtlich müden Slowaken - sie hatten am Vortag gegen Finnland gespielt - nicht genug entgegenzusetzen.
Fazit: Da war kein bisschen Glück dabe: Das deutsche Team steht völlig verdient im Viertelfinale. Und träumt jetzt sogar von einem Halbfinale gegen Russland oder Kanada.