Bis fünf Minuten vor Schluss sah es danach aus, als würde das deutsche Eishockey-Märchen auch in der Zwischenrunde weitergehen. Doch dann schafften die Finnen nach einem unglaublich intensiven Spiel durch ein kurioses Tor doch noch den 4:4-Ausgleich, durch den sie sich in die Verlängerung und dann ins Penaltyschießen retteten.
Der Puck traf aus extrem spitzem Winkel das Außennetz und prallte von da aus so unglücklich an den Schoner des erneut starken DEB-Goalie Dennis Endras (45 Saves), dass er ins Tor sprang.
Bis dahin hatten die Deutschen einen großen Kampf gezeigt. Nach nur 13 Sekunden gerieten sie durch ein Eigentor von Robert Dietrich im Rückstand, doch Tore von Andre Rankel, Felix Schütz und Kai Hospelt sorgten für die 3:1-Führung im zweiten Drittel. Nach dem zwischenzeitlichem 3:3-Ausgleich durch die Finnen brachte Patrick Reimer das DEB-Team ein letztes Mal in Führung.
Viertelfinaleinzug trotzdem sicher
Die reichte am Ende zwar nicht zum vierten Sieg im vierten Spiel, weil NHL-Star Mikko Koivu im Penaltyschießen zweimal eiskalt gegen Endras verwandelte, aber durch den einen gewonnenen Punkt stehen die Deutschen mit nun sieben Zählern bereits sicher im Viertelfinale.
Der Kampf um eine gute Platzierung und einen möglichst machbaren Gegner in der K.o.-Runde geht schon am Samstag um 16.15 Uhr weiter. Dann muss Deutschland gegen Dänemark ran.
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Reaktionen:
Uwe Krupp (Bundestrainer): "Es war ein hartes Spiel, sehr physisch. Wir haben vier Tore geschossen, das gibt dir normalerweise eine gute Chance, das Spiel zu gewinnen, aber die Finnen sind eine Weltklasse-Mannschaft und haben uns stark unter Druck gesetzt. Wir sind sehr froh über den einen Punkt und das Ergebnis ist den Spielanteilen nach okay. Das Penalty-Schießen ist reines Glück."
John Tripp (Deutschland): "Wir zeigen der Welt, dass unsere Leistungen kein Glück sind."
Korbinian Holzer (Deutschland): "Wir haben gegen eine extrem starke Mannschaft gut gespielt. Ein bisschen Enttäuschung ist jetzt natürlich da, aber der Punkt kann am Ende für uns noch ganz hilfreich sein."
Patrick Reimer (Deutschland): "Das war ein ganz hartes Spiel. Wir wollten unbedingt punkten. Letztlich war es eine offene Partie. Wir haben gut dagegengehalten."
Marcus Kink (Deutschland): "Vor dem Beginn des Spiels war ich ein bisschen nervös. Aber nach ein paar Wechseln hat sich das gelegt. Es war super, dass wir nach dem frühen Rückstand noch zurückgekommen sind."
Jukka Jalonen (Coach Finnland): "Wir wussten von Anfang an, dass es wie immer ein schweres Spiel werden würde. Deutschland spielt sehr gut in der Defensive und hat in der Offensive seine Chancen genutzt. Meine Mannschaft hat nach dem Zwei-Tore-Rückstand Charakter gezeigt und sich zurückgekämpft. Wir sind sehr glücklich, dass wir noch im Penalty-Schießen gewonnen haben."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Spiel: Bundestrainer Uwe Krupp lässt Dennis Endras im Tor spielen. Jochen Reimer ist die Nummer zwei. In die vierte Reihe rückt Marcus Kink für Daniel Kreutzer. Kink soll vor allem in Unterzahl eine Verstärkung sein. Bei den Finnen fängt Teemu Lassila im Tor an.
1.: TOR FÜR FINNLAND! Was für ein Schocker nach 13 Sekunden! Ruutu bringt die Scheibe zum ersten Mal über die blaue Linie, schiebt den Puck dann von der linken Seite in die Mitte. Da verpasst erst Koivu, und im Fallen fälscht Dietrich den Puck ins Tor ab. Sehr unglücklich vom deutschen Verteidiger. Eigentor vom DEB-Team.
15.: TOR FÜR DEUTSCHLAND! Wer will schon fliegende Finnen sehen! Endlich mal wird die Scheibe schnell weitergegeben, Wolf lässt dann aus sechs Metern, halbrechte Position, einen Hammer los. Lassila lässt nach vorne abprallen, wo Andre Rankel - halb im Fallen, halb im Fliegen - die Scheibe in den Kasten bugsiert.
27.: TOR FÜR DEUTSCHLAND! Schütz macht seinem Namen mal wieder alle Ehre. Erst lässt Mauer einen los, dann ist Gogulla mit einem Hammer von der blauen Linie da. Schütz steht genau vor dem finnischen Keeper, macht Radau und fälscht den Puck ab, der durch die Hosenträger von Lassila trudelt.
28.: TOR FÜR DEUTSCHLAND! Hospelt macht das Ding. Aus spitzem Winkel drischt er einfach mal auf den Kasten. Auch wenn die Scheibe noch abgefälscht wird. Den muss Lassila halten. Uns kann's egal sein.
32.: TOR FÜR FINNLAND! Die Finnen schlagen zurück. Granlund sieht Pesonen genau vor Endras und bedient ihn mit einem Pass, der durch die deutsche Abwehr wie ein heißes Messer durch Butter geht. Der Puck wird aber abgefälscht und Pesonen macht ihn doch tatsächlich mit dem Kopf. Mehr Glück als Verstand für den Finnen.
39.: TOR FÜR FINNLAND! Es hatte sich angekündigt. Schöne Kombination der Finnen, auf der linken Seite ist Pesonen frei und bekommt den Puck. Mit seinen Adleraugen sieht er auf der anderen Seite Immonen, der mit Lichtgeschwindigkeit nach vorne stürmt und die Scheibe in den Kasten bugsiert.
40.: TOR FÜR DEUTSCHLAND! Vergesst alle Prognosen, dieses Spiel ist einfach verrückt. Reimer schnappt sich die Scheibe an der eigenen blauen Linie und zündet den Turbo. Im gegnerischen Drittel lässt er einen Finnen wie eine Schaufensterpuppe stehen und schlenzt die Scheibe in den Kasten. Ganz wichtig: Ullmann hat Lassila noch die Sicht genommen.
40.: Die Finnen haben nach dem vierten Tor den Keeper gewechselt. Lassila ist erlöst, jetzt darf sich Vehanen versuchen.
49.: Wembley-Tor durch Mauer in der Slowakei? Oder doch Pfosten? In der Wiederholung sieht man: Der Schuss vom Deutschen prallte an den rechten Außenpfosten. Pech für die Mannen von Uwe Krupp.
55.: TOR FÜR FINNLAND! Man ist das bitter. Ruutu wird im deutschen Drittel auf den rechten Flügel gut abgedrängt und weiß dann nicht mehr, was er machen soll. Die Lösung: Einfach mal die Scheibe in die Mitte schieben. Vom Außennetz prallt der Puck dann an die Ausrüstung von Endras und von da in den Kasten. Was für ein blödes Dusel-Tor!
Overtime: Ein Punkt haben die Deutschen schon sicher. Jetzt geht's wieder in die Overtime. Schon jetzt kann man aber schon sagen: Hut ab vor dieser Mannschaft. Die Finnen sind ja nun wirklich keine Alt-Herren-Truppe.
Penaltyschießen: Koivu bleibt zum zweiten Mal eiskalt und schießt Finnland mit einem netten Haken zum Sieg.
Der Star des Spiels: Patrick Reimer. Mit einem Tor und einem verwandelten Penalty zeigte er wieder eine ausgezeichnete Leistung. Reimer wurde von Uwe Krupp ab dem zweiten Drittel in die zweite Reihe zu Ullmann und Müller gestellt und sorgte dort sofort für Betrieb. Nach dieser Umstellung hatte das DEB-Team seine stärkste Phase und zog bis auf 3:1 davon. Dass Reimer seinen zweiten Penalty nicht mehr verwandelte, war nicht seine Schuld. Seine Bewegung war stark, aber Vehanen hielt noch stärker.
Der Flop des Spiels: Teemu Lassila. Ihm allein die Schuld an den vielen Gegentoren der Finnen zu geben, wäre ungerecht. Aber sein eigener Trainer hat ihn zum Sündenbock erkoren, indem er ihn kurz vor Ende des zweiten Drittels vom Eis genommen hat. Das 1:3 durch Hospelt aus ganz spitzem Winkel geht auf seine Kappe. Auch wenn der Puck noch leicht abgefälscht war, er hatte völlig freie Sicht und war schlichtweg zu langsam. Beim 4:3 durch Reimer sah er auch nicht gut aus, auch wenn man ihm zugute halten muss, dass ihm die Sicht verdeckt war. Am Ende bleiben für Lassila vier Gegentore bei nur 15 Schüssen auf sein Tor in den Statistiken. Eine Quote von gerade mal 73 Prozent gehaltenen Schüssen.
Analyse: Ein unglaublich intensives Spiel von beiden Teams. Zum ersten Mal in diesem Turnier waren die Deutschen unterlegen und mussten sich mit allem, was sie hatten, ihrer Haut erwehren. Das Schussverhältnis von 50:21 für Finnland spricht Bände.
Aber die Deutschen haben sich trotz des Schocks nach nur 13 Sekunden ihr aufgebautes riesiges Selbstvertrauen nicht nehmen lassen und nach einer kurzen Phase der Erholung voll gegen das körperlich sehr intensive Spiel der Finnen dagegen gehalten. So hat es auf beiden Seiten jede Menge krachende Checks gegeben.
Die Finnen haben den Deutschen im Kampf Mann gegen Mann deutlich mehr abverlangt als die Russen oder Slowaken, die viel mehr Situationen spielerisch lösen wollten. Finnland war spielerisch und körperlich stark und entsprechend überlegen.
Eine Umstellung der Reihen von Uwe Krupp hat die Deutschen in der ersten Hälfte des zweiten Drittels deutlich besser ins Spiel gebracht. Reimer sorgte an Stelle von Greilinger zusammen mit Ullmann und Müller für viel Betrieb, Mauer, der für Greilinger in die Rotation rutschte, sorgte durch seine Schnelligkeit ebenfalls für viel Unruhe.
All das zusammen führte zur zwischenzeitlichen 3:1-Führung der Deutschen, die danach aber zweimal dem unheimlichen Druck der Finnen nachgeben mussten. Reimers überraschendes 4:3 hielt bis zum total unglücklichen 4:4 fünf Minuten vor Schluss. Das Penaltyschießen am Ende war Glückssache.
Das DEB-Team hat zwar verloren, sich aber trotzdem nichts vorzuwerfen. Die Finnen waren das erste Top-Team, das auch in Top-Form gegen die Deutschen gespielt hat. Dass es trotzdem ins Penaltyschießen ging, macht viel Mut für die kommenden Aufgaben gegen Dänemark und Tschechien.
Vorausgesetzt, die Kraft reicht, denn die Auslosung will es so, dass die Deutschen schon am Samstag um 16.15 Uhr wieder auf dem Eis stehen müssen. Die Müdigkeit aus dem beinharten Finnland-Spiel wird einigen gegen Dänemark dann sicher noch etwas in den Knochen stecken.