Im Sommer hilft Michael Wolf im elterlichen Schuhgeschäft in Füssen aus, im Winter spielt er im beschaulichen Iserlohn, nur im Frühjahr steht er alljährlich im Rampenlicht. Doch eigentlich mag der Kapitän der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft die grellen Scheinwerfer gar nicht, große Worte oder Starallüren sind dem 30-Jährigen fremd.
"Mein 100. Länderspiel, na ja, darüber mache ich mir während der WM keine großen Gedanken", sagte er vor seinem Jubiläum am Dienstag im letzten Vorrundenspiel gegen Aufsteiger Slowenien, "vielleicht denke ich im Nachhinein darüber nach." Viel lieber spricht der Bayer, der in Österreich geboren wurde, über andere.
Musterschüler von Uwe Krupp
Über Uwe Krupp etwa, der ihn vor sechs Jahren in die Nationalmannschaft holte und zu dessen Musterschüler er sich entwickelt hat. "Wir stehen zwar auf dem Eis, aber er stellt uns auf und schwört uns ein, er ist unser Kopf", beschreibt er den Bundestrainer.
Oder über die NHL-Profis Christian Ehrhoff und Marcel Goc, die im vergangenen Jahr wesentlich am deutschen Eishockey-Märchen bei der Heim-WM mitschrieben. "Von ihnen habe ich viel gelernt. Sie sagen in der Kabine nicht viel. Aber wenn sie was sagen, hat es Hand und Fuß", sagt er.
Mittlerweile hat der Außenstürmer, der 2008 als erster Deutscher seit Dieter Hegen 1992 die Torjägerwertung der ersten Liga gewann, selbst eine Führungsrolle übernommen. "Wenn er spricht, hören die anderen zu. Und er geht mit gutem Beispiel voran", sagt Krupp, der Wolf bei dessen fünfter WM erstmals das "C" auf der Brust gab.
Ohnehin lobt er seinen Kapitän in den höchsten Tönen: "Er ist ein Spieler, auf den ganz Deutschland stolz sein kann. Ohne ihn hätten wir ein Problem. Er ist der beste deutsche Spieler."
Ein nimmermüder Kämpfer
Wie kein Zweiter hat Wolf die Ära Krupp, die nach der WM in der Slowakei endet, geprägt. Mit seiner Spielweise, die nicht die eines typischen Torjägers ist, symbolisiert der nimmermüde Kämpfer die Eigenschaften der deutschen Mannschaft. Schnell, physisch stark und mittlerweile auch selbstbewusst. "Der vierte Platz im letzten Jahr hat uns stark gemacht", sagt er, "wir haben gemerkt, dass wir gegen die Großen mitspielen können."
Wolf gab beim Deutschland-Cup 2005 sein Debüt, nachdem Krupp gerade als Assistent von Greg Poss installiert worden war. Der Co-Trainer wurde zum Chef, sein Musterschüler nach und nach zum Leitwolf.
Er erlebte die Rückkehr in die Erstklassigkeit 2007 mit, ebenso den Absturz 2009 in Bern. "Das war eine Lehre", sagt Wolf heute: "Wenn man nicht 100-prozentig aufpasst, ist man in der Abstiegsrunde. Und alle haben gesehen, was dann passiert."
Der Misserfolg von Bern ist für Wolf einer der Grundsteine für den derzeitigen Erfolg: "Das hat uns noch mehr zusammengeschweißt."
Defensive gestärkt
Aus den Fehlern von 2009 sind die richtige Schlüsse gezogen worden: Krupp bekam den erfahrenen Harold Kreis als Co-Trainer zur Seite, im Training wurde mehr Wert auf konsequente Defensivarbeit gelegt. Mit Erfolg, wie die WM in Deutschland zeigte.
Um den nächsten Schritt zu machen, musste die Torausbeute erhöht werden. "Jeder Puck muss zum Tor, jeder Schuss ist ein guter Schuss", erläutert Wolf das neue Mantra: "Es müssen ja nicht unbedingt schöne Tore sein, es kann auch mal eins reingestolpert sein."
Keiner im deutschen Team kennt sich damit besser aus als der Iserlohner. 35 Tore erzielte er in seinen ersten 99 Länderspielen - eine Quote, die fast an Hegens heranreicht: Der siebenmalige deutsche Meister traf in 290 internationalen Partien 111-mal.
Ein Tor war für Wolf ein ganz besonderes - als er im Eröffungsspiel der Heim-WM vor fast 80.000 Zuschauern in der Schalker Arena das 1:0 erzielte: "Daran werde ich mich immer erinnern." Auch im Sommer in Füssen und im Winter in Iserlohn.
Der Spielplan der Eishockey-WM