David Wolf ist zurück in der Heimat! Vor dem DEL-Saisonstart seiner Adler Mannheim in Krefeld (ab 19.30 Uhr im LIVETICKER) spricht der 27-jährige Stürmer über seine unbändige Freude über die Rückkehr, seine knüppelharte Zeit in Nordamerika, die riesige Bedeutung der Olympia-Qualifikation und das Vorbild DHB.
SPOX: Herr Wolf, Sie haben beim CHL-Aus in Tampere einen üblen Check von Henrik Haapala kassiert und sind daraufhin mit dem Kopf voraus in die Bande gekracht. Sind Sie trotzdem für den Saisonstart bereit?
David Wolf: Ich ging zur Scheibe und bekam in dem Moment den Schubser, dann konnte ich nichts mehr machen. So eine Situation sollte man nicht alle Tage erleben, weil man etwas Glück braucht, um sich dabei nicht schwerer zu verletzen. Mein Nacken ist ein bisschen steif, aber daran wird gearbeitet. Es ist im Großen und Ganzen alles gut, ich fühle mich fit und bin bereit.
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SPOX: Mit den CHL-Playoffs hat es nicht geklappt. Wie hoch ist überhaupt der Stellenwert des Turniers für Sie und die Adler?
Wolf: Das Turnier hat schon einen sehr hohen Stellenwert. Man misst sich mit den besten Mannschaften Europas und Mannheim hat den Anspruch, dazuzugehören. Deshalb sind wir enttäuscht, die K.o.-Runde verpasst zu haben. Trotzdem waren unsere Auftritte mitunter toll. Wir haben sowohl gegen Lugano als auch gegen Tampere starke Leistungen gezeigt. Wären wir in Sachen Feinabstimmung schon ein bisschen weiter oder hätten wir ein wenig mehr Glück gehabt, wären wir jetzt in der nächsten Runde. Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Wir hatten von allen deutschen Vereinen die härteste Gruppe und haben uns sehr gut präsentiert.
SPOX: Wie fällt grundsätzlich Ihr Vorbereitungs-Fazit aus?
Wolf: Aufgrund der Olympia-Quali waren viele Nationalspieler unterwegs. Deshalb sah die Vorbereitung nicht so aus, wie sie eigentlich aussehen sollte. Trotzdem macht die Mannschaft schon jetzt einen starken Eindruck. Das Team ist hervorragend, der Großteil der Spieler gesund.
SPOX: Ihr Wechsel von Hamburg nach Mannheim stand schon fest, bevor das totale Aus der Freezers besiegelt war. Sie waren in Hamburg ein Publikumsliebling. Schmerzt es Sie deshalb, dass es den Klub nicht mehr gibt?
Wolf: Sie können mir glauben: In dieser Stadt kann man es wunderbar aushalten. (lacht) Dass dieser Verein aus der Liga gelöscht wurde, ist eine richtig blöde Sache. Ich hatte nämlich immer den Eindruck, dass Hamburg und Eishockey eigentlich gut zusammenpassen. Es tut mir vor allem für die vielen Fans unheimlich leid. Jetzt gibt es quasi nur noch den HSV und St. Pauli.
SPOX: Jetzt sind Sie in Mannheim zurück. Sie sind hier aufgewachsen, haben alle Stationen im Nachwuchsbereich der Adler durchlaufen. Für Sie persönlich ist die Rückkehr schon etwas ganz Besonderes, oder?
Wolf: Es ist ein Wahnsinnsgefühl, wieder zu Hause zu sein. Ich habe in den letzten Jahren gemerkt, dass ich meine Heimat, die Familie und Freunde immer mehr vermisse. Jetzt den Adler vor ihren Augen tragen zu können, ist einfach super. Und dann noch bei diesem Verein! Hier kommen nur ausgewählte Spieler her, deshalb ist das eine riesige Ehre. Und die Bedingungen sind so gut wie bei keinem anderen DEL-Klub.
SPOX: Sie wurden direkt mit einem Sieben-Jahres-Vertrag ausgestattet, was im Eishockey alles andere als üblich ist.
Wolf: Ja, da brauche ich keinen Blödsinn zu erzählen. Auch das ist natürlich eine super Sache für mich. Ich hoffe das gilt auch für den Verein. (lacht) Spaß beiseite: Es ist ein unglaubliches Zeichen des Klubs, wie viel Vertrauen in mich gesetzt wird. Ich werde wirklich alles daran setzen, dieses Vertrauen zurückzuzahlen.
SPOX: Mannheim hat mit Sean Simpson einen sehr erfahrenen Trainer verpflichtet und eine richtig hohe Qualität im Kader. Kann es unter diesen Voraussetzungen überhaupt ein anderes Ziel geben, als Meister zu werden?
Wolf: Es gibt zwei, drei Vereine, die sich das Ziel stecken können, Meister zu werden. Dazu gehören auch wir. Dennoch halte ich es für blödsinnig, von der Meisterschaft zu reden, bevor die Saison überhaupt begonnen hat. Zunächst geht es für uns einmal darum, uns eine gute Ausgangsituation für die Playoffs zu erarbeiten. Wenn uns das gelingt - darüber brauchen wir nicht zu reden - ist alles möglich.
SPOX: Man weiß aus der Vergangenheit, dass in der DEL eine hohe Qualität im Kader noch längst keine Garantie für Erfolg ist. Teamspirit ist oft der entscheidende Punkt.
Wolf: Ganz genau. Die Qualität ist natürlich ein Vorteil. Bekommst du es aber nicht hin, als echtes Team aufzutreten, wirst du wahrscheinlich keinen Erfolg haben. Teamspirit ist das A und O. Ich habe das 2010 erlebt, als ich mit den Hannover Scorpions Meister geworden bin. Damals waren wir von den individuellen Fähigkeiten her bei weitem nicht die beste Mannschaft. Dafür hat über neun Monate hinweg der Zusammenhalt in der Truppe total gepasst. Wir sind als Einheit Meister geworden. Passt es im Team, kannst du manchmal Berge versetzen.
SPOX: Haben Sie diesbezüglich ein gutes Gefühl, was die Adler betrifft?
Wolf: Ein sehr gutes Gefühl sogar. Wir haben jetzt schon einen guten Spirit im Team, die Spieler verstehen sich untereinander richtig gut. Und wir sind eine sehr talentierte Truppe.
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SPOX: Guter Teamspirit, viel Talent - das gilt endlich auch wieder für die Nationalmannschaft. Zuletzt wurde die Qualifikation für Olympia geschafft. Sie waren beim Turnier in Riga auf dem Eis mit dabei. Wie war es?
Wolf: Es war ein unglaubliches Gefühl. Ich bezweifle, dass die Leute in Deutschland wirklich mitbekommen haben, wie viel uns das bedeutet hat, welch große Nummer das für uns war. Die Stimmung im entscheidenden Spiel gegen Lettland war der Hammer, die Anspannung riesengroß. Schließlich hatten wir es bei der letzten Olympia-Quali versaut. Als es endlich geschafft war, ist uns ein großer Stein vom Herzen gefallen.
SPOX: Deutschland führte im entscheidenden Spiel gegen Lettland mit 2:0, kassierte den Ausgleich, um dann doch mit 3:2 zu gewinnen. Das Team hat sich also aus einer mental extrem schwierigen Situation erstklassig befreit, oder?
Wolf: Da sind wir schon wieder beim Teamspirit. Wir haben eine richtige Mannschaft zusammen, die weiß, was sie kann. Wir haben Selbstvertrauen, präsentieren unser Land mit Stolz. Wenn das alles zusammenkommt, dann ist die Chance, aus heiklen Situationen gut herauszukommen, deutlich höher. Wir haben es uns verdient, nach Pyeongchang zu fahren.
SPOX: Leon Draisaitl, Tom Kühnhackl, Tobias Rieder - alle waren Sie dabei beim Quali-Turnier. Welche Bedeutung hat das für das deutsche Eishockey?
Wolf: Wir können uns glücklich schätzen, solch tolle Jungs zu haben, die sich so großartig entwickelt haben. Man muss sich nur mal Kühnhackl anschauen. Mit ihm hat man in den vergangenen Jahren jetzt nicht immer gerechnet, aber er ist dran geblieben und hat sich durchgesetzt. Und man darf nicht vergessen, dass die Jungs noch jung sind. Die sind hungrig, wollen unbedingt Erfolge feiern - egal ob in der NHL oder mit dem DEB-Team.
SPOX: Man sieht es in anderen Sportarten wie beispielsweise im Handball: In erster Linie benötigt man Erfolge der Nationalteams, um einen Aufschwung zu erleben. Das ist im Eishockey nicht anders, richtig?
Wolf: Ich erkläre es an meinem eigenen Beispiel. Ich bin überhaupt kein Handball-Freak, aber was das DHB-Team in diesem Jahr geleistet hat, habe selbstverständlich auch ich mitbekommen. Das zeigt doch, dass du mit einer erfolgreichen Nationalmannschaft Menschen erreichst, die du sonst nicht erreichen würdest.
SPOX: Lassen Sie uns zum Schluss noch kurz über Ihre Zeit in Nordamerika sprechen. Sie waren 2014/2015 in Übersee, haben in der AHL für die Adirondack Flames gespielt und auch vier NHL-Einsätze für die Calgary Flames verbucht. Obwohl es die Möglichkeit gab, zu bleiben, sind Sie zurück nach Deutschland gegangen. War tatsächlich ausschließlich die Familie der Grund dafür?
Wolf: Die Familie war nicht der Hauptgrund, aber einer von einigen Gründen. Bei jedem Wechsel spielen immer mehrere Faktoren eine Rolle, niemals nur einer. Da musst du dir wirklich Gedanken machen, Vor- und Nachteile gegeneinander abwiegen und dann eine Entscheidung treffen. Und für mich haben letztlich - ohne genauer darauf eingehen zu wollen - zu viele Gründe gegen Nordamerika gesprochen.
SPOX: Trotzdem dürften Sie wichtige Erfahrungen in Nordamerika gemacht haben, oder?
Wolf: Die AHL ist die härteste Liga der Welt. (lacht) Das ist eine Erfahrung, die ich gemacht habe. Da bist du unglaublich viel unterwegs, bist total oft erschöpft und müde. Die Intensität ist unfassbar hoch. Und du musst ja ständig Leistung bringen, weil du dich für die NHL anbieten möchtest. Ich habe in der AHL noch einmal auf die harte Tour gelernt, mich zu beweisen. Dadurch bin ich noch professioneller geworden. Man hört noch mehr auf seinen Körper, man versucht ihm was die Ernährung angeht noch mehr genau das zu geben, was er braucht. Was natürlich auch noch dazukommt: Dass ich mal in der NHL gespielt habe, kann mir keiner mehr nehmen.
Der DEL-Spielplan 2016/2017