Tanja Eisenschmid im Interview: "Eigentlich passe ich besser ins Männer-Eishockey"

Tanja Eisenschmid spielte an der Uni von North Dakota.
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Kritiker sagen, dass der Markt eben nicht da ist und angesichts der schlechten Zuschauerzahlen und des geringen Interesses der TV-Zuschauer nicht mehr drin ist. Was entgegnen Sie?

Eisenschmid: Wie sollen die Menschen etwas mögen, wenn sie es nie gezeigt und vorgeführt bekommen? Vielleicht würden sich ja viele dafür interessieren. Wir kriegen aber die Chance gar nicht. Wenn ich in Deutschland den Fernseher einschalte, sehe ich zum Beispiel ganz oft Darts. Man könnte doch aber auch etwas aus Deutschland zeigen. Dass das nicht passiert, finde ich schade. Frauen-Eishockey verdient mehr Unterstützung. Bei uns ist das Checken nicht erlaubt, es wird viel technischer gespielt als bei den Männern, bei denen es auch mal eher dreckige Spiele gibt. Es gibt Spielerinnen, die genauso gut sind wie die Stars bei den Männern, es fällt nur niemandem auf, weil es nicht gezeigt wird, außer alle vier Jahre bei den Olympischen Spielen.

Ihre Teamkollegin bei den Whitecaps Kendall Coyne Schofield war in dieser Saison Teil der Skills Competition beim All-Star Game. Es gibt in der NHL inzwischen auch einige Kommentatorinnen. Ist das Ziel der Aktion, dass die NHL jetzt einschreitet?

Eisenschmid: Unser großes Ziel ist sicherlich eine WNHL, so wie es im Basketball auch eine WNBA gibt. Eine Profiliga mit Teams aus den USA und Kanada, in der Frauen die Chance haben, vernünftig Geld zu verdienen. Wir sprechen hier natürlich nicht von Millionen so wie bei den Männern, aber Spielerinnen sollten nebenher nicht mehr in Vollzeit arbeiten müssen. Auch das Reisen zu den Spielen sollte erleichtert werden. Die NHL hat gesagt, dass sie helfen wird, wenn es keine Liga mehr in Nordamerika gibt, insofern hoffe ich und glaube ich auch, dass etwas passieren wird. Es muss allerdings richtig gemacht werden, eine halbgare Geschichte würde auch niemandem helfen.

Tanja Eisenschmid: "Die Jungs verdienen in der vierten Liga noch mehr als wir"

Im Vergleich zur Situation in Deutschland ist die Akzeptanz für Frauen-Eishockey in Nordamerika aber ja noch hoch. Wie sieht es hierzulande aus?

Eisenschmid: Wir müssen uns nur die Zuschauerzahlen anschauen. In Deutschland kommen vielleicht zu einem Meisterschaftsspiel mal an die 1000 Leute, aber generell kommen hier kaum Zuschauer. Das Niveau ist natürlich auch nicht so hoch, weil wir in Deutschland gar nicht so viele Spielerinnen haben und keiner so sehr um seinen Platz kämpfen muss wie in Nordamerika. Wir versuchen uns zu verbessern, aber es ist schwierig. Der Unterschied zu den Männern ist gewaltig. Die Jungs verdienen in der vierten Liga noch mehr als wir und können zumindest davon leben. Insgesamt ist die Akzeptanz zwar größer geworden, auch weil viele Trainer, die von den Männern zu den Frauen gewechselt sind, positiv überrascht sind vom Frauen-Eishockey. Aber ich habe auch die andere Seite kennengelernt. Es gab auch Leute, die mich gefragt haben, was ich als Mädchen denn überhaupt beim Eishockey mache.

Bei der Frauen-WM 2019 verlor Deutschland im Viertelfinale gegen Kanada. Wo stehen die DEB-Frauen momentan in der Welt?

Eisenschmid: Unter unserem neuen Coach Christian Künast hat sich in kurzer Zeit schon einiges bewegt. Teams wie Schweden, Russland oder die Schweiz können wir auf jeden Fall schlagen. Wir entwickeln uns und sind im Kommen. Ich glaube, dass da in Zukunft noch einiges drin ist, es braucht nur Zeit. Generell versucht der DEB, die Frauen-Teams immer besser einzugliedern, vor allem auch auf den Social-Media-Kanälen. So gewinnen wir hoffentlich einige Fans, die das Männer-Team verfolgen und können sie auch für uns begeistern.

Am Freitag beginnt die Männer-WM in der Slowakei (live auf DAZN). Ihr Bruder Markus ist nach dem Gewinn der Meisterschaft mit Mannheim zum DEB-Team gestoßen. Wie haben Sie die Feierlichkeiten erlebt?

Eisenschmid: Meine Eltern, meine Schwester und ich waren das ganze Wochenende dabei, es war eine Wahnsinnsfeier. Als es nach der 4:1-Führung in Spiel 5 noch in die Overtime ging, haben wir nur noch gebetet, dass wir nicht nochmal nach München müssen.

Tanja Eisenschmid mit Schwester Nicola und Meister-Bruder Markus.
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Tanja Eisenschmid mit Schwester Nicola und Meister-Bruder Markus.

Tanja Eisenschmid über die Qualitäten von Bruder Markus

Markus hatte sogar die Chance, das Spiel selbst zu entscheiden.

Eisenschmid: Ja, er hatte viele Chancen. (lacht) Aber beim entscheidenden Tor von Thomas Larkin stand er vor dem Tor und hat dem Goalie die Sicht versperrt, insofern hatte er seinen Anteil am Siegtreffer. Markus hat sich generell unglaublich entwickelt und ein richtig gutes Jahr gehabt. Ich habe ihn schon lange nicht mehr so spielen sehen. Schauen wir mal, wie es sich bei ihm entwickelt. Ich würde mich natürlich freuen, wenn er eine Chance in der NHL bekommt, aber dazu braucht man auch immer das nötige Quäntchen Glück.

Was würden Sie als seine größte Stärke bezeichnen?

Eisenschmid: Ganz klar seine Schnelligkeit und sein Spielverständnis. Die Kombination ist entscheidend. Nur schnell zu sein bringt dir nichts, wenn du das Spiel nicht lesen kannst. Und er kann beides. Dazu würde ich auch noch seinen Schuss in Überzahl nennen.

Und was sind die Schwächen? Es war zu lesen, dass sie sich gegenseitig wenig Punkte in der Kategorie Disziplin gegeben haben...

Eisenschmid: (lacht) Das stimmt. Markus neigt dazu, ab und zu auf dem Eis zu provozieren. Wenn ich ihm da mehr Punkte gegeben hätte, hätte das nicht gepasst. Und er hat mir so wenige gegeben, weil mir manchmal ein paar Strafen passieren. Ich bekomme eigentlich nie Strafen für Vergehen wie Beinstellen oder Haken. Eher für Women's Bodychecking. Eigentlich passe ich besser ins Männer-Eishockey. (lacht)

Eishockey-WM 2019: Spielplan des DEB-Teams

DatumUhrzeitPaarung
Sa., 11. Mai 201916.15 UhrDeutschland - Großbritannien
So., 12. Mai 201916.15 UhrDänemark - Deutschland
Di., 14. Mai 201920.15 UhrDeutschland - Frankreich
Mi., 15. Mai 201920.15 UhrDeutschland - Slowakei
Sa., 18. Mai 201916.15 UhrKanada - Deutschland
So., 19. Mai 201916.15 UhrDeutschland - USA
Di., 21. Mai 201912.15 UhrFinnland - Deutschland
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