Die deutschen Eishockey-Cracks ließen das Viertelfinal-Aus bei dem ein oder anderen Getränk in Helsinkis Nachtleben Revue passieren, dann zerstreuten sich Moritz Seider, Philipp Grubauer und Co. am Freitag in alle Himmelsrichtungen. "Ich hatte schon andere Pläne. Aber das muss man schlucken", gab Bundestrainer Toni Söderholm nach dem abrupten Ende seines Heimspiels durch das 1:4 gegen Tschechien sichtlich geknickt zu: "Ich bin aber stolz auf die Jungs."
Auch wenn die Enttäuschung so kurz nach dem frühzeitigen K.o. zunächst überwog, stolz darf Söderholm auf seine zusammengewürfelte Mannschaft in der Tat sein. Nach einer schwierigen Vorbereitung, in der kein einziges Testspiel mit dem vollständigen WM-Aufgebot absolviert wurde, präsentierte sich die DEB-Auswahl mit einer Mischung aus Jung und Alt, Debütanten und Erfahrenen in jedem Spiel als Einheit, verkaufte sich teuer - und gab damit die richtige Antwort auf das Olympia-Debakel im Februar.
Schnell entstand ein Zusammenhalt, der in Peking schmerzlich vermisst worden war. Auch der frühzeitige Ausfall von Leistungsträger Tim Stützle wurde ordentlich kompensiert. Am Ende der Gruppenphase feierte die DEB-Auswahl mit 16 Punkten gar das punktemäßig beste Vorrunden-Ergebnis der Geschichte.
Spieler, "die vorher viele nicht auf dem Schirm gehabt haben", seien "über sich hinausgewachsen" und hätten "Deutschland begeistert", schwärmte Seider. Und lobte damit vor allem Debütanten wie Alexander Karachun (27), der in seinem zweiten WM-Spiel direkt doppelt traf. Oder die vierte Reihe um Samuel Soramies (23) und Alexander Ehl (22), der ebenfalls sein erstes WM-Tor bejubeln durfte - insgesamt neun WM-Neulinge hatte Söderholm ins WM-Turnier geschickt.
Grubauer: "Wir sind sehr gut aufgestellt in den nächsten Jahren"
"Es waren viele neue Gesichter dabei, man hat gesehen, dass wir Qualität haben", lobte Routinier Korbinian Holzer. Und Weltklasse-Goalie Grubauer ergänzte: "Ich denke, wir sind sehr gut aufgestellt in den nächsten Jahren."
Gegen die Großen der Gruppe, Titelverteidiger Kanada und die Schweiz, und eben in jenen 60 Minuten gegen Tschechien fehlten der jungen Mannschaft aber noch die Erfahrung und die Kaltschnäuzigkeit. Zudem schlug sie sich am Donnerstag mit drei Gegentoren in Unterzahl quasi selbst.
Insgesamt lobte der neue DEB-Vizepräsident Andreas Niederberger die Mannschaft aber für ein "sensationelles Turnier". Der DEB sei bei der Ausbildung junger Spieler "komplett auf dem richtigen Weg. Wir kommen immer näher. Der Tag wird kommen, wo der nächste Schritt auch gegangen werden kann", meinte der Ex-Nationalspieler und Vater von Meister-Torwart Mathias Niederberger.
Diese Meinung teilt Söderholm ganz offensichtlich nicht so ganz. "Wenn ich in Skandinavien erzähle, dass es in Deutschland eine U23-Regel gibt, dann glauben die, wir sind nicht ganz dicht", sagte der 44-Jährige. Auf Basis dieser Regel ist in den kommenden Spielzeiten der Einsatz von immer mehr jungen Spielern in der DEL vorgeschrieben. Das gefällt Söderholm nicht: "Statt einer künstlichen Regel braucht es den Willen, junge Spieler zu fördern, und Zusammenarbeit. Das wünsche ich mir."